Um die Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung ging es in einem Urteil des Hessischen LAG vom 23.8.2017 (6 Sa 137/17, rk.). Der Kläger war seit 1.6.1990 beschäftigt. Aufgrund seines Alters und der Inbezugnahme des TVöD war das Arbeitsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund kündbar. Am 25.11.2015 erteilte der Arbeitgeber eine Abmahnung, weil der Kläger in einer E-Mail an den Vorstandsvorsitzenden den Leiter der Y- und die Leiterin der Z-Abteilung als „low-performer-burnout und faule Mistkäfer“ bezeichnet hatte. Im März 2016 wurde der Kläger zweifach abgemahnt. Er soll seine Kolleginnen E. und F. als „faule Schweine“ und „lowperformer“ bezeichnet und E. bedroht haben, indem er die räumliche Distanz derart verringert habe, dass er „Gesicht zu Gesicht“ gegenüber E. stand. Auf deren Frage „Willst Du mir drohen?“ soll er mit „Ja“ geantwortet haben. Er wurde vom Dienst suspendiert und zu einem Personalgespräch am 17.3.2016 gebeten, in dem es um den besagten Vorfall ging. Aufgrund einer E-Mail des Klägers vom 30.5.2016 erhielt der Arbeitgeber Kenntnis davon, dass der Kläger das Personalgespräch mit seinem Smartphone aufgenommen hatte. Dieses lag offen auf dem Besprechungstisch. Jedoch war die eingeschaltete Aufnahmefunktion nicht erkenntlich. Nach Anhörung des Betriebsrats zu einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung sprach der Arbeitgeber innerhalb der Zweiwochen-Frist des § 626 BGB die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus.
Im Rahmen des Kündigungsrechtsstreits machte der Kläger geltend, er habe nicht gewusst, dass die Audioaufnahme verboten war. Außerdem habe sein Smartphone offen auf dem Besprechungstisch gelegen.
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Sowohl die erste als auch die zweite Instanz hielten die Kündigung für rechtens. Der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs ist grundsätzlich geeignet, sowohl eine ordentliche verhaltensbedingte als auch eine außerordentliche Kündigung an sich zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an. Maßgebend ist die Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Das heimliche Mitschneiden eines Gesprächs ist rechtswidrig, weil aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht das Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes folgt. Jedermann darf selbst bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll und ob und von wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf. Es kann den Mitarbeiter auch nicht exkulpieren, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass die heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs verboten ist.
Eine Rechtfertigung für das Verhalten folgte auch nicht aus der Suspendierung vor dem Personalgespräch am 17.3.2016. Erschwerend kam hinzu, dass trotz der langen Betriebszugehörigkeit keine positive Prognose für das Arbeitsverhältnis gegeben werden konnte. Denn es war bereits durch die E-Mail des Klägers an den Vorstandsvorsitzenden schwer belastet.
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Problempunkt
Der Kläger war seit 1999 als Gruppenleiter in der Lagerlogistik bei der Beklagten, einem Luftverkehrsunternehmen, beschäftigt. Das
Problempunkt
Der Kläger war seit 2000 als Gruppenleiter in der technischen Logistik bei dem beklagten Luftverkehrsunternehmen
●Problempunkt
Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos gekündigt, nachdem er einen Teil der E-Mail- und
Nach wie vor ist die Literatur der Gesetzgebung voraus, die es weder in Groko 2018 noch Ampelkoalition 2021 fertigbringt, ein Arbeitsvertragsgesetz
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