Ein Anbieter von Flusskreuzfahrten beschäftigte eine Stadtführerin und Reiseleiterin, die bereits das Rentenalter überschritten hatte. Außer ihr war noch eine weitere Angestellte als Reiseleiterin beschäftigt. Am 31.3.2020 trat in Passau eine Allgemeinverfügung in Kraft, die das Anlegen von Personenschiffen im gesamten Stadtgebiet verbot, ebenso wie das Angebot von Stadtführungen. Das Unternehmen wandte sich daher an alle Mitarbeiter und vereinbarte mit diesen wegen der Corona-bedingten Einschränkungen Kurzarbeit. Bei der bereits rentenberechtigten Reiseleiterin waren die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht gegeben. Infolgedessen kündigte das Unternehmen am 8.4.2020 ordentlich betriebsbedingt.
Mit ihrer Klage machte die Reiseleiterin geltend, dass ein nur vorübergehender Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit keine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen könne. Das LAG München (Urt. v. 5.5.21 – 5 Sa 938/20, rk.) gab der Klägerin Recht.
Die Arbeitgeberin habe nicht dargelegt, dass der Beschäftigungsbedarf für die Reiseleiterin dauerhaft weggefallen sei. Denn das Corona-bedingte Verbot des Angebots von Flusskreuzfahrten und Stadtführungen war nur vorübergehend. Dafür sprach insbesondere die Einführung von Kurzarbeit für den Rest der Belegschaft. Es ist zwar denkbar, dass in einem Betrieb, in dem Kurzarbeit geleistet wird, auch betriebsbedingte Kündigungen zulässig bleiben, z. B. wenn die betriebsbedingte Kündigung einen Arbeitnehmer betrifft, der in einer anderen Betriebsabteilung beschäftigt ist, als derjenigen, in der Kurzarbeit eingeführt wurde. Bei abgrenzbaren Betrieben kann die Unternehmensleitung ebenfalls beschließen, in dem einen Betrieb Kurzarbeit durchzuführen und gleichzeitig den anderen stillzulegen oder betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu erklären. Wird jedoch gleichzeitig innerhalb einer Betriebsabteilung Kurzarbeit für einen Teil der Arbeitnehmer eingeführt und werden gegenüber einem weiteren Teil der Arbeitnehmer betriebsbedingte Beendigungskündigungen erklärt, handelt es sich um Prognoseentscheidungen, die sich gegenseitig inhaltlich ausschließen.
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Dr. Claudia Rid
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Ausgangslage
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