Deutschland mit seiner traditionellen betrieblichen Mitbestimmung ist ein Land der Betriebsräte: Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) setzten sich in der Privatwirtschaft 2022 Betriebsräte für 43 % aller Arbeitnehmer ein. Ca. 86 % der Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten haben Betriebsräte, die nach dem BetrVG weitreichende Rechte haben: Sie entscheiden mit bei Einstellungen, Entlassungen, grundlegenden Veränderungen der Betriebsorganisation, aber auch in vielen alltäglichen Fragen wie Arbeitszeit/-erfassung, Parkordnung, betriebliches Rauch- oder Alkohol-/Drogenverbot (§ 87 BetrVG,Rz. 72, vgl. Stück/Salo, AuA 11/23, S. 30ff.), welches nach der Teillegalisierung von Cannabis ab 1.4.2023 (vgl. ausführlich in dieser Ausgabe: Noll, AuA 6/24, S. 14ff.) wieder stärker in den Fokus geraten dürfte, wie auch Drogentests (§ 95 BetrVG,Rz. 10). Damit ist klar, dass das BetrVG eines der praktisch wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetze für die betriebliche Praxis ist. Mit Betriebsvereinbarungen können die Betriebspartner innerbetriebliche gesetzesgleich wirksame Regelungen schaffen, die einer AGB-Kontrolle entzogen sind (§ 310 Abs. 4 BGB) und auch ein grundsätzlicher datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestand sein können (Art. 88 DSGVO; § 26 Abs. 4 BDSG; § 79a BetrVG,Rz. 33). Häufig ist Konfliktpotenzial unter den Stakeholdern angelegt.
Der Fitting ist – wie 32 Auflagen und häufige Zitierung auch von BAG sowie Landesarbeitsgerichten belegen – ein allseits anerkanntes und bewährtes Hilfsmittel, um sich im BetrVG und seiner Wahlordnung (WahlO) rechtssicher und möglichst streitfrei zu bewegen. Die Neuauflage berücksichtigt die Gesetzesänderungen der letzten zwei Jahre sowie veröffentlichte Literatur und Rechtsprechung bis Ende 2023. Aus der Gesetzgebung sind z.B. zu nennen: Hinweisgeberschutzgesetz ab 2.7.2023 mit Meldestellen und Meldewegen; Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ab 1.1.2023 und die Beteiligungsrechte im Wirtschaftsausschuss nach dem neuen § 106 Abs. 3 Nr. 5b BetrVG; digitale BR-Arbeit (§ 30 Abs. 2 BetrVG); rechtskonforme Betriebsratsvergütung nach BGH-VW-II-Strafurteil vom 10.1.2023 einschließlich des am 1.11.2023 vom Kabinett beschlossenen Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes (BT-Drs.20/9469); Arbeitszeiterfassung nach BAG v. 13.9.2022 sowie Möglichkeiten der Umsetzung im Betrieb und bei Mobile Work; weitere aktuelle BR-Themen im Zusammenhang mit Mobile Work, New Work und Arbeitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7, 14 BetrVG, vgl. Stück/Salo, AuA 3/24, S. 22); Datenschutz im bzw. für den Betriebsrat (§ 79a BetrVG); digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften (§ 2 BetrVG,Rz. 85bff.); Umsetzung der Arbeitsbedingungen-Richtlinie durch das NachweisG ab 1.8.2022, was jetzt im Zuge des BEG IV – endlich – auf zeitgemäße Textform erweitert werden soll; Weiterbildungsgesetz und neu eingeführtes Qualifizierungsgeld ab 1.1.2024 zur Förderung der Transformation (§ 96 BetrVG,Rz. 2ff.); Vereinbarkeitsrichtlinie von Familie und Beruf sowie Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (BT-Drs. 20/9049) und Auswirkungen auf BR-Wahlen; Neuerungen im Recht der Massenentlassung.
Kein Papier mehr? Dann ist AuA-Digital genau das Richtige für Sie. Einfach 60 Tage testen. Nutzen Sie die papierlose Abrufbarkeit von tausenden Fachinformationen und Entscheidungs-Kommentaren.
Das übersichtliche Layout, verwirklicht durch Absätze, Randnummern, Fettdruck der Schlüsselworte, spärliche Verwendung von Abkürzungen und Aufzählungen (bspw. mitbestimmungspflichtige Lohnbestandteile, § 87 BetrVG,Rz. 423), erleichtert die Arbeit. Ein umfangreiches Stichwortverzeichnis am Ende verschafft einen raschen Einstieg und enthält auch Begriffe wie z.B. Corona/Covid-19-Pandemie, Bossing (§ 75 BetrVG,Rz. 62a) oder Bring your own devices/BYOD (§ 5 BetrVG,Rz. 191b), Desksharing (Stück/Salo, AuA 4/23, S. 14) und mobile Arbeit – nur die trendy Workation (Stück/Wild Sadsad, AuA 10/23, S. 28ff.) bleibt der Folgeauflage vorbehalten. Alle Fundstellen und Urteile werden im Text zitiert, Urteile mit Datum, Aktenzeichen und Fundstelle.
Fazit: Der Fitting-Standardkommentar ist ausgewogen, allseits bekannt, bewährt, zitierfähig, auf der Höhe der Zeit und nicht nur „Anwalts Liebling“, wenn es ums BetrVG geht, sondern auch Personalern, Betriebsräten, Verbandsjuristen und Richtern ein zuverlässiger, unentbehrlicher Ratgeber mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Er ist über Einseitigkeit erhaben und macht im BetrVG sprichwörtlich „fit“.
Attachment | Size |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 123.49 KB |
· Artikel im Heft ·
Ist-Situation und Entwicklungstrends
Die deutschen Unternehmen stehen aktuell vor gewaltigen Herausforderungen: Die Corona-Pandemie
Beachtung datenschutzrechtlicher Grundsätze der BR-Arbeit
Der neu geschaffene § 79a Satz 1 BetrVG bestimmt, dass der Betriebsrat bei der
Zahlen, Daten und Fakten
Laut dem Bundesministerium für Gesundheit konsumieren 9 Mio. Menschen in Deutschland Alkohol in einer problematischen
Einleitung
„Workation“ (eine Mischung aus „work“ und „vacation“) ist einer der derzeit signifikantesten Trends im Kontext Global
Neue betriebliche Corona-Regeln seit Ende März
Am 18.3.2022 wurde im Bundeskabinett die neu gefasste Corona-Arbeitsschutzverordnung verkündet. Die
Was bedeutet bEM?
Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig