Erforderliche Technik für Video- und Telefonkonferenzen des Betriebsrats

1105
 Bild: sebra/stock.adobe.com
Bild: sebra/stock.adobe.com

Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14.6.2021 hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen. Dafür müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Betriebsrat muss in einer Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme festgelegt haben.
  • Nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats widerspricht binnen einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist dem Verfahren.
  • Es wird sichergestellt, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Eine Aufzeichnung der Sitzung ist unzulässig (§ 30 Abs. 2 BetrVG).

Sie möchten unsere Premium-Beiträge lesen, sind aber kein Abonnent? Testen Sie AuA-PLUS+ 2 Monate kostenfrei inkl. unbegrenzten Zugriff auf alle Premium-Inhalte, die Arbeitsrecht-Kommentare und alle Dokumente der Genios-Datenbank.

In einem vor dem LAG München anhängigen Rechtsstreit verlangte der dreiköpfige Betriebsrat die Überlassung dreier funktionsfähiger Tablets oder Notebooks mit Internetzugang, Kamera und Lautsprecherfunktion für die Durchführung seiner Betriebsratsarbeit. Zuvor hatte er sich durch Beschluss eine Geschäftsordnung gegeben, in der die Voraussetzungen für die Abhaltung von Video- oder Telefonkonferenzen klar geregelt waren, u. a. die Erforderlichkeit eines schnellen Beschlusses, der die Einladung zu einer Präsenzsitzung nicht mehr zulässt, der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Teilnehmer, etwa bei pandemischer Lage, das zahlenmäßige Überwiegen von Präsenzsitzungen (mindestens ein Verhältnis von zwei Drittel Präsenz zu einem Drittel virtuell), eine stichtagsmäßige Überprüfung der Anzahl der Präsenz- und virtuellen Sitzungen und die Sicherstellung der Nichtöffentlichkeit der Teilnahme an der Sitzung. Der Arbeitgeber hielt die Überlassung der technischen Ausstattung nicht für erforderlich und monierte, dass der Betriebsrat keine Argumente vorgetragen habe, weshalb Videositzungen erforderlich seien. Die regulären Betriebsratssitzungen fänden dienstags und mittwochs statt, alle Mitglieder des Betriebsrats seien in der gleichen Schicht eingeteilt, sodass sie sich an diesen Tagen sowieso im Betrieb aufhielten.

Während die erste Instanz dem Unternehmen Recht gab, hielt das LAG München den Antrag für begründet. Der Betriebsrat hat gem. § 40 Abs. 2 BetrVG i. V. m. § 30 Abs. 2 BetrVG Anspruch auf die Überlassung der beantragten Sachmittel. Das Gesetz und die Rechtsprechung räumen dem Betriebsrat bei der Beurteilung der Frage, welche Sachmittel für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind, einen Beurteilungsspielraum ein. Nachdem der Betriebsrat durch Änderung seiner Geschäftsordnung die grundsätzliche Möglichkeit von Video- und Telefonkonferenzen geschaffen hatte, hält sich die Entscheidung für die Anschaffung entsprechender Kommunikationstechnik im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums. Das Gericht prüft sehr sorgfältig, ob die Satzungsänderung die Anforderungen des § 30 Abs. 2 BetrVG wahrt, insbesondere bestimmt genug ist und den Vorrang der Präsenzsitzungen sicherstellt. Da dies der Fall war, kann der Betriebsrat allein darüber entscheiden, ob und wie er Betriebsratssitzungen virtuell durchführt und benötigt dafür die entsprechende Technik. Nach der Gesetzesbegründung soll die Neuregelung die Grundlage dafür schaffen, einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung der Betriebsratsarbeit zu leisten. Auch die Auffassung der Arbeitgeberin, die Betriebsratstätigkeit dürfe nicht vom Homeoffice ausgeübt werden, treffe vor dem Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung nicht (mehr) zu. Daraus folge auch, dass arbeitsunfähig erkrankte Betriebsratsmitglieder nicht stets an der Wahrnehmung ihres Amtes verhindert sind, wenn sie an einer virtuellen Sitzung von zu Hause aus teilnehmen können. Schließlich waren auch die Kosten in Höhe von insgesamt ca. 1.000 Euro für die drei Tablets zumutbar (LAG München, Beschl. v. 7.12.2023 – 2 TaBV 31/23).

AttachmentSize
Beitrag als PDF herunterladen147.92 KB

· Artikel im Heft ·

Erforderliche Technik für Video- und Telefonkonferenzen des Betriebsrats
Seite 55
Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Die Diskussion ist nicht neu: Arbeitnehmerinteressen zielen vor allem auf Sicherheit, Unternehmen

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Die Arbeitnehmerin war in einer Rehaklinik als Altenpflegerin vom 1.6.2017 bis zum 31.1.2020 für 2.950 Euro brutto

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Der Betriebsrat eines Filialbetriebs mit 100 Mitarbeitern forderte den Arbeitgeber auf, ihn anhand von Unterlagen darüber zu unterrichten

Ein Krankenhauskoch kann unter Unfallversicherungsschutz stehen, wenn er an einer von der Krankenhausverwaltung angebotenen Impfung gegen

Für die Wahl des Betriebsrats kann der Wahlvorstand denjenigen Arbeitnehmern, von denen ihm bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl wegen

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Einleitung

Formaljuristisch gesehen handelt es sich bei der Kündigungserklärung um eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung