Nach wie vor ist die Literatur der Gesetzgebung voraus, die es einfach nicht fertigbringt, ein Arbeitsvertragsgesetz „aus einem Guss“ auf den Weg zu bringen, obwohl es entsprechende Vorlagen gibt, u.a. von Preis/Henssler. Der Erfurter Kommentar ist wesentlich weiter: Jährlich neu, jetzt in 24. Auflage erfolgt eine hochwertige Gesamtkommentierung des zersplitterten deutschen Arbeitsrechts in der Reihe der grauen Kurzkommentare. Die häufige Zitierung der „ErfK“ in Literatur und Rechtsprechung belegt die Etablierung des Werkes in der arbeitsrechtlichen Wissenschaft und Praxis.
Der im Jahresturnus erscheinende Erfurter Kommentar erläutert mehr als 40 der wichtigsten arbeitsrechtlichen Gesetze in einem Band, mit denen sich der Praktiker täglich oder auch nur gelegentlich auseinanderzusetzen hat. Die Kommentierung erfolgt durch eine ausgewogene Mischung 19 namhafter Experten aus Richterschaft, Arbeitsrechtswissenschaft und Anwaltschaft in alphabetischer Reihenfolge: vom ArbeitnehmerentsendeG bis zum WissenschaftszeitvertragsG. Die Gewichtung orientiert sich dabei konsequent an der praktischen Bedeutung, sodass den Kommentierungen von AGG, BGB, BUrlG, BetrVG, EFzG, KSchG, MiLoG, TzBfG etc. besonderer Raum und Tiefe gegeben wird, z. B. wichtige Kündigungsgründe von Abkehrwille (§ 626 BGB, Rz. 61) bis Vortäuschen/Androhen einer Erkrankung (§ 626 BGB, Rz. 157) oder die Wirksamkeit einzelner Vertragsklauseln von Änderungsvorbehalten bis Zurückbehaltungsrechten (§§ 305–310, Rz. 51–102a). Einbezogen sind auch sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte.
Schwerpunkte bzw. wichtige Neuerungen der 24. Auflage mit Rechtsstand 1.9.2023 sind: Folgen der Mindestlohnänderungen und der Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung; neues Nachweisgesetz (1.8.2022) und dessen Auswirkungen auf die GewO, das BBiG, TzBfG und AÜG; BAG, Urteil vom 13.9.2022 zur Arbeitszeiterfassungspflicht, deren Umsetzung der Gesetzgeber immer noch nicht nachgekommen ist und es nicht über einen Referentenentwurf geschafft hat; neues Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG, v. 2.7.2023, Nr. 400); Gesetz zur Umsetzung der mitbestimmungsrechtlichen Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie; Coronarecht sowie ÄndG zum InfektionsschutzG; Änderungen im SGB IV und SGB III (KuG); Gesetz zur weiteren Umsetzung der Richtlinie (EU)2019/1158 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige; neues Betreuungsrecht; Digitalisierung (611a BGB, Rz. 13; § 111 BetrVG, Rz. 29; § 87 BetrVG, Rz. 48) und Mobile Work (§ 611a BGB, Rz. 161ff.); Folgen und Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs/beA-Rechtes (§ 46c ArbGG, Rz. 2); neue Entwicklungen zu § 17 KSchG: Anzeigepflicht bei Massenentlassungen; Beschäftigungsdatenschutz und Annahmeverzug nach unwirksamer Kündigung; neue Rechtsprechung zum Urlaubsrecht (Hinweispflicht, Verfall, Verjährung) sowie elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ab 2023.
Das Werk zeichnet sich einerseits durch ein ideales Maß an wissenschaftlichem Tiefgang und Dogmatik, die für das Verständnis unerlässlich sind, und andererseits praktischen Erfordernissen aus. Der Kommentar lässt den Anwender auch bei schwierigen Rechtsfragen nicht im Stich, zeigt unterschiedliche Ansichten auf und bezieht eine eigene, oft meinungsprägende Stellungnahme. Das übersichtliche Layout, verwirklicht durch Absätze, Fettdruck der Schlüsselworte und spärliche Verwendung von Abkürzungen, erleichtert die Arbeit. Ein umfassendes Stichwortverzeichnis am Schluss – einschließlich „Covid-19-Pandemie“ – und die Verwendung von Randnummern verschaffen einen raschen Einstieg. Alle Literaturnachweise und Urteile werden im Text zitiert, Urteile mit Datum und Fundstelle.
Fazit: Die Neuauflage des „Grüneberg (Ex-Palandt) des Arbeitsrechts“ ist auch 2024 uneingeschränkt zur Anschaffung zu empfehlen und gehört auf den (Gaben-)Tisch eines jeden Labour Lawyers. Das Werk ist ein aktuelles und renommiertes Allroundtalent für jeden im Arbeits- und benachbarten Sozialrecht Tätigen und sollte stets in Griffweite stehen. Es gilt: Zu Risiken und Nebenwirkungen des aktuellen Arbeitsrechts konsultieren sie den grauen Beipackzettel, den „Erfurter“.
Volker Stück
Attachment | Size |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 123.1 KB |
· Artikel im Heft ·
Klar, weil das nicht den Begrifflichkeiten unserer industriellen Leistungsgesellschaft entspricht. Wir sprechen stattdessen über ein Mehr
Ausgangslage
Deutsche Unternehmen sehen sich zunehmend einem komplexen Geflecht aus Herausforderungen gegenüber. Hohe Energiekosten
Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Berufserfahrung als „einschlägig“ i.S. d. § 16 TVöD und damit die Zuordnung zur Stufe 3. Er war
Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Arbeitnehmer um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein „kleinerer
Zum Thema „Mobile Working“ findet am 20. und 21. Juni 2024 das 37. Passauer Arbeitsrechtssymposion im Großen Redoutensaal, Gottfried
Neujustierung von HR – KeyFindings
Laut einer Studie von Personalwirtschaft online vom 17.11.2021 befürchten acht von zehn Personaler, dass die