Erhöhung der Arbeitszeit unterliegt nicht der Bestenauslese

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Die Klägerin ist Klavierlehrerin an der Musik- und Kunstschule der beklagten Stadt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt elf Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten. 2014 wurden intern zwei unbefristet zu vergebende Unterrichtsdeputate zu je sechs Unterrichtsstunden ausgeschrieben. Nach erfolgloser Bewerbung versuchte die Klägerin, die Erhöhung ihrer Arbeitszeit um sechs Unterrichtsstunden gerichtlich durchzusetzen. Es habe ihr gegenüber schon zwischen 1997 und 2000 wiederholt mündliche Zusagen einer Arbeitszeitverlängerung gegeben. Überdies vertrat sie die Auffassung, ein entsprechender Anspruch stünde ihr aus § 9 TzBfG sowie aus Art. 33 Abs. 2 GG als bestgeeignete Bewerberin zu.

Das BAG verneinte einen solchen Anspruch mit Urteil vom 17.10.2017 (9 AZR 192/17) und bestätigte damit die Vorinstanzen. Zwar sind unter öffentlichen Ämtern i. S. d. Art. 33 Abs. 2 GG nicht nur Beamtenstellen, sondern sämtliche Stellen eines öffentlichen Arbeitgebers zu verstehen. Im Falle der Klägerin ging es aber nicht um die Besetzung einer solchen Stelle. Die Erhöhung der Arbeitszeit betrifft nicht den Zugang zu einer Stelle, sondern stellt eine statusneutrale Modifikation der Beschäftigungsbedingungen einer Stelle dar, für die die Eignung des Kandidaten bereits überprüft wurde.

Ein Anspruch aus § 9 TzBfG setzt hingegen voraus, dass ein freier Arbeitsplatz zu besetzen ist. Entschließt sich der Arbeitgeber im Rahmen seiner Organisationsfreiheit, einen erhöhten Arbeitskräftebedarf durch Aufstockung der Arbeitszeit eines bereits beschäftigten Arbeitnehmers zu befriedigen, handelt es sich dabei nach der Rechtsprechung des BAG nicht um die Einrichtung eines freien Arbeitsplatzes.

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