Vor dem LAG Niedersachsen stritten die Parteien im Wege der Stufenklage um Auskunft, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und Zahlung von Arbeitsentgelt nebst Sonderleistungen.
Die Klägerin war als Tierärztin in der Tierklinik ihres Vaters beschäftigt, in der weniger als 200 Arbeitnehmer angestellt sind. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existierte nicht. Sie bezog ein Bruttomonatsentgelt i. H. v. 3.900 Euro. Ihr ebenfalls als Tierarzt beschäftigter Bruder erhielt 7.100 Euro. Der beklagte Vater und Leiter der Tierklinik machte geltend, die Klägerin habe lediglich etwa 20 Stunden pro Woche gearbeitet, der Bruder mindestens 40. Dieser habe auch ständigen Notdiensthintergrund und diverse Wochenenddienste wahrgenommen. Außerdem sei er als Klinikleiter nicht mit der Klägerin vergleichbar.
Die Klage hatte keinen Erfolg (LAG Niedersachsen, Urt. v. 10.9.2024 – 10 SLa 221/24). Es bestand kein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Höhe der Vergütung der männlichen Beschäftigten. Ein Auskunftsanspruch nach § 10 EntgTranspG zur Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots besteht nur in Betrieben mit i. d. R. mehr als 200 Beschäftigten. Der Auskunftsanspruch nach § 242 BGB setzt das Vorliegen einer besonderen rechtlichen Beziehung, die dem Grunde nach feststehende oder zumindest wahrscheinliche Existenz eines Leistungsanspruchs des Auskunftsfordernden, die entschuldbare Ungewissheit des Auskunftsfordernden über Bestehen und Umfang seiner Rechte sowie die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung durch den Anspruchsgegner voraus.
Nach Auffassung des Gerichts fehlte es an der zumindest wahrscheinlichen Existenz eines Leistungsanspruchs. Als Anspruchsgrundlage für gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit ohne Diskriminierung wegen des Geschlechts kommen § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG in Betracht. Nach § 3 Abs. 1 EntgTranspG ist bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen verboten. Zudem ist dieses Verbot in § 7 EntgTranspG niedergelegt. Nach § 4 Abs. 1 EntgTranspG üben weibliche und männliche Beschäftigte eine gleiche Arbeit aus, wenn sie an verschiedenen Arbeitsplätzen oder nacheinander an demselben Arbeitsplatz eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausführen. Ob die Arbeit gleichwertig ist, richtet sich nach der Art der Arbeit, den Ausbildungsanforderungen und den Arbeitsbedingungen. Die unstreitigen und die von der Klägerin behaupteten Tatsachen begründeten nicht die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts. Wenn im Streitfall eine Partei Indizien beweist, die die Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Die Klägerin muss im Streitfall beweisen, dass ihr Arbeitgeber ein niedrigeres Entgelt zahlt als ihren zum Vergleich herangezogenen Kollegen des anderen Geschlechts und dass sie die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichtet (§ 22 AGG). Ist der Klagepartei dies gelungen, begründet das die Vermutung einer Entgeltungleichbehandlung wegen des Geschlechts. Hier hatte die Klägerin jedoch lediglich ins Blaue hinein behauptet, männliche Tierärzte erhielten ein höheres Gehalt als sie. Bzgl.des Bruders stand zwar fest, dass er eine wesentlich höhere Vergütung bezog. Die Klägerin hatte jedoch nicht hinreichend dargelegt, dass sie gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtete. Das Gericht ließ die Revision zu, weil der Rechtsfrage nach dem Umfang der Darlegungslast für Klagen wegen geschlechtsbezogener Entgeltdiskriminierung grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision ist unter dem Az. 8 AZR 269/24 beim BAG anhängig (LAG Niedersachsen, Urt. v. 10.9.2024 – 10 SLa 221/24).
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