Wichtig für alle Klinikarbeitgeber, die ihre Beschäftigten in Rufbereitschaft einsetzen: Für diese Form der Arbeit müssen gesetzliche und i. d. R. auch tarifvertragliche Vorgaben beachtet werden. Für die kommunalen Klinikärztinnen und -ärzte gilt, dass Rufbereitschaft gem. TV-Ärzte/VKA (ähnlich auch in anderen Krankenhaustarifverträgen) nur dann angeordnet werden darf, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. Fraglich war im hier vom BAG (Urt. v. 25.3.2021 – 6 AZR 264/20) zu entscheidenden Fall, ob der Arbeitgeber mit seiner Anordnung von Rufbereitschaft die tarifvertraglichen Vorgaben eingehalten hatte.
Und der Arbeitgeber hätte hier keine Rufbereitschaft anordnen dürfen. Zwar belief sich der Anteil der während der Rufbereitschaft angefallenen Arbeit nur auf ca. 4 %. Allerdings erfolgte nahezu in jedem zweiten Rufbereitschaftsdienst mindestens eine tatsächliche telefonische Inanspruchnahme – und, so das BAG: Diese telefonischen Arbeitseinsätze zählen für die Prognose des Arbeitsanfalls mit. Damit lag kein Ausnahmefall vor.
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Letztlich blieb es jedoch bei der Rufbereitschaftsvergütung, denn im TV-Ärzte/VKA existiert keine Vergütungsvorschrift für tarifwidrig angeordnete Rufbereitschaft. Und das BAG ist nicht dazu berechtigt, bewusste Regelungslücken in Tarifverträgen mit eigener Rechtssetzung zu schließen. Da jedoch die Beschäftigten die Arbeit im Falle der tarifwidrigen Anordnung verweigern können, sollten Arbeitgeber die Befugnis zur Anordnung von Rufbereitschaft gründlich prüfen.
Das BAG wies noch darauf hin, dass im Falle der zu engen zeitlichen Vorgabe zur Arbeitsaufnahme eine Ortsbeschränkung vorliege; diese könne dem Wesen der Rufbereitschaft zuwiderlaufen. Wo genau die zeitliche Grenze liege, ließ das BAG jedoch offen.
Sebastian Günther
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