Herabgesetzter Mindestlohn für Zeitungszusteller verfassungsgemäß

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Die Übergangsregelung gem. § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszusteller einen gestaffelten herabgesetzten Mindestlohn vorsah, war verfassungsgemäß. Werden die Zusteller zudem dauerhaft als Nachtarbeiter i. S. d. ArbZG eingesetzt, so haben sie Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag i. H. v. 30 % des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, es sei denn, es ist bereits eine höhere Vergütung vereinbart.

Seit 2013 ist die Klägerin bei der Beklagten als Zeitungszustellerin beschäftigt. Hier arbeitet sie mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit, sodass die Zeitungen bis spätestens 6:00 Uhr zugestellt sind. Es war eine Vergütung auf Stücklohnbasis sowie ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % hierauf vereinbart. Die Beklagte zahlte tatsächlich seit dem 1.1.2015 den geminderten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Sie war der Auffassung, die Vorschrift verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und sei deshalb unwirksam. Für den Zeitraum Januar 2015 bis April 2016 verlangte sie die Differenz zum vollen gesetzlichen Mindestlohn sowie einen höheren Nachtarbeitszuschlag.

Einen Verstoß gegen das GG konnten die Richter in den Vorinstanzen nicht feststellen. Daher habe die Klägerin zu Recht nur den geminderten Mindestlohn i. H. v. 6,38 Euro brutto für das Jahr 2015 und 7,23 Euro brutto für das Jahr 2016 erhalten. Hierauf sei ein Zuschlag von 25 % für die Nachtarbeit zu zahlen.

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Die von beiden Parteien eingelegte Revision war für die Beklagte erfolglos. Sie hatte einen Nachtarbeitszuschlag von 10 % auf den Mindestlohn für angemessen gehalten.

Teilweise Erfolg vor dem BAG hatte hingegen die Arbeitnehmerin: Wegen ihrer Dauernachtarbeit hat sie nach § 6 Abs. 5 ArbZG Anspruch auf einen Zuschlag von 30 % des Bruttoarbeitsentgelts. Zurückgewiesen wurde ihre Revision aber in Bezug auf die geforderte Höhe der gezahlten Vergütung. Im Streitzeitraum bestand lediglich ein Anspruch auf den abgesenkten Mindestlohn. § 24 Abs. 2 MiLoG verstieß nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

BAG, Urteil vom 25.4.2018 – 5 AZR 25/17

Dr. jur. Günter Schmitt-Rolfes

Dr. jur. Günter Schmitt-Rolfes
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Herabgesetzter Mindestlohn für Zeitungszusteller verfassungsgemäß
Seite 334
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