Nach Absolvierung einer neunmonatigen Ausbildung zum Schulbegleiter/Integrationsassistenten war ein Mitarbeiter von Januar 2020 bis Mitte August 2022 beschäftigt und hatte die Aufgabe, einen im Jahr 2011 geborenen Schüler so zu begleiten, dass dieser Konflikte mit Mitschülern ohne Gewalt lösen kann, Grenzen seiner Mitmenschen wahrt, aktiv am Unterricht teilnimmt, Hausaufgaben in sein Hausaufgabenheft schreibt und den Unterricht nicht stört. Von Oktober 2021 bis Januar 2022 war der Schulbegleiter arbeitsunfähig, nachdem ihm der betreute Junge mehrere Finger gebrochen hatte.
Das vom Arbeitgeber erteilte Endzeugnis enthielt die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung „stets zu unserer Zufriedenheit“. Sein Verhalten zu Vorgesetzten und Kollegen wird als „vorbildlich“ beschrieben. Dagegen wandte sich der Kläger vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern und vertrat die Auffassung, dass er die Zeugnisnote „gut“ beanspruchen könne. Anstelle von „stets zu unserer Zufriedenheit“ müsse es deshalb „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ im Zeugnis heißen. Ihm sei es gelungen, dass die Hilfepläne für den Jungen vollumfänglich umgesetzt wurden. Dieser habe sich in die Klasse integriert und den Unterricht nicht mehr gestört. Der Arbeitgeber wandte dagegen ein, dass die Leistungen des Klägers nicht beanstandungsfrei waren und er mehrfach ermahnt worden sei.
Die Klage hatte keinen Erfolg (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 2.7.2024 – 5 Sa 108/23, rk.). Nach § 109 Abs. 1 GewO hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis, nicht aber auf ein gutes oder sehr gutes Zeugnis. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und inhaltlich den Geboten der Zeugniswahrheit und der Zeugnisklarheit gerecht werden. Formulierungen und Ausdrucksweisen stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers, wobei Maßstab ein wohlwollender verständiger Arbeitgeber ist. Die Bewertungskriterien wie Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Geschicklichkeit und Sorgfalt sowie Einsatzfreude und Einstellung zur Arbeit müssen die gesamte Vertragsdauer berücksichtigen. Einzelne Vorfälle – seien sie positiv oder negativ – treten in ihrer Bedeutung zurück und dürfen nicht hervorgehoben werden, wenn sie die Gesamtleitung nicht beeinflusst haben. Wird dem Arbeitnehmer bescheinigt, er habe „zur vollen Zufriedenheit“ oder „stets zur Zufriedenheit“ gearbeitet, wird das der Note „befriedigend“ zugerechnet, teils einer Zwischennote „voll befriedigend“ oder auch als „gutes befriedigend“ verstanden. Gut i. S. d. Zufriedenheitsskala ist ein Arbeitnehmer nur dann, wenn ihm bescheinigt wird, er habe „stets“, „immer“ oder „durchgehend“ zur vollen Zufriedenheit des Arbeitgebers gearbeitet. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das dem Arbeitnehmer eine durchschnittliche Leistung bescheinigt, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen sollen. Der Kläger hatte nicht dargelegt, dass er im Hinblick auf Leistung und Verhalten während des rund zweieinhalb Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses besser als ein durchschnittlicher Schulbegleiter/Integrationshelfer gearbeitet hat. Aus diesem Grund konnte die Klage keinen Erfolg haben.
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●Problempunkt
Der Kläger hatte eine neunmonatige Ausbildung zum Schulbegleiter/Integrationsassistenten erfolgreich absolviert und war anschließend
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