Das LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 21.2.2019 – 3 Sa 65/17, n. rk.) entschied u. a. über die Anfechtung eines Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung. Das Unternehmen hatte im November 2014 einen IT-Direktor zu einem Monatsgehalt von 8.000 Euro brutto eingestellt. Im Nachgang ergaben sich Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Abschlusszeugnisse und des Lebenslaufs. Ein in den USA durchgeführtes „Criminal Background Summary“ ergab, dass der Kläger von Januar 2004 bis Dezember 2006 wegen massiver Straftaten im IT-Bereich in den USA inhaftiert war. Das Unternehmen fühlte sich arglistig getäuscht. Der Kläger wäre nicht eingestellt worden, wenn dieser Umstand bekannt gewesen wäre, schon gar nicht als IT-Direktor.
Mit dieser Begründung drang der Arbeitgeber bei den Richtern jedoch nicht durch.
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Ein Arbeitsvertrag kann zwar grundsätzlich wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, das Recht zur außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung verdrängt das Anfechtungsrecht nicht. Der Tatbestand der arglistigen Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zur Offenbarung der fraglichen Tatsache verpflichtet ist. Den IT-Direktor traf jedoch keine Offenbarungspflicht bzgl. des Umstands, dass er eine dreijährige Freiheitsstrafe von 2004 bis 2006 in den USA verbüßt hatte. Denn im Jahr 2014 hätte der Kläger einen entsprechenden Sachverhalt wegen Ablaufs der Tilgungsfristen nach dem Bundeszentralregistergesetz nicht mehr offenbaren müssen. An der Offenbarung getilgter oder tilgungsreifer Vorstrafen hat der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse. Auf diese Weise soll der Verurteilte vom Strafmakel befreit und seine Resozialisierung gefördert oder manifestiert werden. Das Verbot erfasst alle Bereiche des Rechtslebens. Es ist auch im privatrechtlichen Bereich zu achten. Allerdings hatte die Anfechtung aus anderen Gründen Erfolg.
Das Gericht ließ die Revision zu. Diese ist beim BAG anhängig unter dem Az. 6 AZR 92/19.
Dr. Claudia Rid

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Problempunkt
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