(Papier-)Berge versetzen in der Personalarbeit

HR-Herausforderungen in KMU meistern

Knowhow ist zum wichtigsten Produktionsfaktor geworden. Damit rückt der Mitarbeiter als wertvollste Ressource in den Fokus und in den Unternehmen wächst gleichzeitig der Anspruch an eine effiziente und strategische Planung von HR-Abläufen. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist das eine Herausforderung. Abhilfe schafft die Digitalisierung. Fünf exemplarische Praxisbeispiele zeigen, wie eine zeitgemäße Personalarbeit auch ohne übermäßige Manpower gelingen kann.

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Bild: Maren Winter/stock.adobe.com
Bild: Maren Winter/stock.adobe.com

1 Papier verbannen und Daten zentral digital verwalten

In der dritten Schublade links liegt die Personalakte der Kollegin, die nächste Woche in Mutterschutz geht. Im fünften Ordner des V-Laufwerks befindet sich die Excel-Liste, mit der der Personalsachbearbeiter abhängig vom Geburtstermin Beginn und Ende ihrer Schonzeit berechnet. Im ersten Fach der Schreibtischablage lagert der Antrag auf Elternzeit, den bereits beide Parteien unterschrieben haben. Ein Fall – drei unterschiedliche Aufbewahrungsorte.

Was dieses fiktive Beispiel zeigt: Personalprozesse sind ineffizient, wenn HR-Verantwortliche Daten an verschiedenen Stellen aufbewahren. Nicht nur, weil dadurch mehrere Handgriffe nötig sind, sondern weil zudem das Risiko besteht, dass Unterlagen untergehen oder gar als Schattenakten in dem ein oder anderen Schreibtisch verschwinden.

Mit einer HR-Software wirken KMU diesem Problem entgegen. Sie arbeiten in einem System – unterschiedliche Anwendungen, in denen sie Unterlagen aufbewahren, fallen weg. Anwender erfassen Daten nur einmal. Informationen sind sofort abrufbar und können einfach sowie schnell aktualisiert werden. Was das für die Personalarbeit bedeutet? Alle Personalprozesse laufen so über den zentralen Datenbestand – zeitaufwendige papiergebundene Verfahren fallen weg. Aber zurück zum Beispiel der werdenden Mutter: Personalsachbearbeiter, die mit einer digitalen Personalakte arbeiten, müssen nicht lange in dicken Aktenordnern nach Unterlagen wühlen. Was sie benötigen, finden – und archivieren – sie per Mausklick. Beginn und Ende des Mutterschutzes ermittelt die Software auf Knopfdruck. Meldefristen, die es zu berücksichtigen gilt, erkennt das System von selbst und erinnert den Anwender daran, diese rechtzeitig abzuwickeln. Das spart vor allem eins: Zeit. Und ermöglicht darüber hinaus, alles unter Kontrolle zu behalten – bspw. wenn es beim Personalbedarf darum geht, rechtzeitig die Rückkehr der Kollegin einzuplanen.

Beim Thema Auswertungen sorgt ein zentraler Datensatz dafür, dass Personaler Informationen einfach miteinander abgleichen. Das eröffnet unterschiedliche Möglichkeiten. Dazu zwei Beispiele:

  1. Ist jeder Mitarbeiter einer Planstelle zugeordnet, sehen Personalverantwortliche sofort: Welche Stühle im Betrieb sind aktuell besetzt. Welche nicht. Verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, weiß der Personalsachbearbeiter umgehend, welche Planstelle er nachbesetzen muss – klingt trivial, ist aber ab einer gewissen Unternehmensgröße ohne Software-Unterstützung sehr aufwendig.
  2. Wächst ein Unternehmen, steigt zwar der Bedarf an neuen Arbeitskräften, die Anzahl möglicher Schreibtische stagniert platzbedingt allerdings in der Regel. Abhilfe schaffen hier z. B. Teilzeitbeschäftigte. Ihre Arbeitsplätze können mehrfach verwendet werden. Ob eine doppelte Auslastung Sinn ergibt, werten Personalsachbearbeiter unkompliziert über die Software aus: Wo sitzen die Teilzeitbeschäftigten? Wie viele Stunden arbeiten sie in der Woche? Ist eine Doppelbesetzung möglich? So finden sie schnell ein passendes Modell, um die Kapazitäten im Unternehmen bestmöglich zu nutzen.

2 Daten schützen und Innovationen vorantreiben

Es ist ein heikles Thema: der Beschäftigtendatenschutz. Spätestens mit der seit 25.5.2018 unmittelbar geltenden DSGVO ist er aus den Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Betroffen von der Umsetzung sind vor allem die Personalabteilungen. Im Gegensatz zu früher ist – vereinfacht gesagt – nicht mehr die Aufsichtsbehörde in der Pflicht, Verstöße gegen den Datenschutz nachzuweisen. Unternehmen sind selbst in der Verantwortung zu belegen, dass sie datenschutzkonform agieren.

KMU sollten sich daher heute ganz konkret fragen: Gibt es beim Datenschutz Lücken? Falls ja, wie lassen sich diese schließen oder wie gar gänzlich vermeiden?

Abhilfe kann hier ein Datenschutzbeauftragter schaffen. Als Experte prüft er bestehende Prozesse und passt diese ggf. an. Er kennt die gesetzliche Lage wie kein anderer und dient als Ansprechpartner auch für Kollegen. Steht im Unternehmen kein Mitarbeiter für diesen Posten zur Verfügung, lohnt sich ein Blick nach außen. Vielleicht ist ein extern bestellter Fachmann eine geeignete Alternative – gerade bei kleineren Unternehmen ergibt das Sinn, um das eigene Personal nicht mit diesen Aufgaben zu binden.

Die personelle Unterstützung ist das eine. Das andere istaber, sich auch moderne digitale Tools zu eigen zu machen. Denn auch wenn es um den Datenschutz geht, ist ein zentraler Datensatz von Vorteil. Beim Löschen von Informationen bedeutet das: Einmal gelöscht, ist gelöscht. Das Risiko, dass Daten nach Ablauf einer Aufbewahrungsfrist noch einmal auftauchen, ist eliminiert. Apropos Fristen: Mit einer in der Software integrierten Termin- und Fristenverwaltung haben Verantwortliche stets alle Termine im Blick. Nicht nur, wenn es um das Vernichten von Unterlagen geht. Zurück zum Beispiel der Kollegin, die in Mutterschutz geht: Dank Erinnerungsfunktion in der Software sehen Führungskräfte rechtzeitig, wann Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und wann sie ggf. zurückkehren. So kümmern sie sich rechtzeitig um Veränderungen im Organigramm, bspw. um eine geeignete Nachfolgersuche.

Zusätzlich legen Arbeitgeber über die Software fest, welcher Mitarbeiter auf welche Unterlagen zugreifen darf. So können vor allem sensible Daten bestmöglich geschützt werden, da nur einem kleinen Kreis Einsicht gewährt wird.

Einen zusätzlichen Schutz sensibler Informationen können Rechenzentren gewährleisten – womöglich lohnt es sich als Unternehmen, bestimmte Daten zur Speicherung auszulagern und so von den professionellen Datenschutzvorkehrungen der externen Institution zu profitieren. Wichtig ist hier, darauf zu achten, dass sich das Rechenzentrum in Deutschland befindet. Denn nur ein Server hierzulande unterliegt den strengen Datenschutzstandards. Bei ausländischen Cloud-Providern besteht diese Sicherheit nicht zwingend.

Fakt ist: Unsicherheiten beim Thema Beschäftigtendatenschutz sind ein Bremsklotz, wenn es darum geht, Innovationen voranzutreiben. Ein lückenloser Datenschutz ist daher die Grundvoraussetzung, um zukunftsorientiert agieren zu können. Aber auch um sich als Unternehmen vor teuren Sanktionen zu schützen.

3 Prozesse optimieren und Freiräume schaffen

Dicht gedrängt klebt Hängeregister an Hängeregister in der Personalaktenschublade. Eine Welle der Urlaubsanträge flutet die Hauspost. Die Krankmeldungen stapeln sich auf der Ablage und warten auf Bearbeitung. Ein Bild, das Personalabteilungen in den 90er-Jahren beschreibt? Mit Sicherheit. Allerdings sieht es auch heute noch in vielen Büros so aus. Geändert hat sich teilweise nicht viel – Excel, ja auch Outlook kamen als digitale Tools dazu. Was es gebracht hat? Noch mehr Systeme, in die Personalsachbearbeiter Informationen einspeisen.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Urlaubsantrag. Dieser läuft bislang häufig so ab: Der Mitarbeiter klärt mit seinen Kollegen gewünschte freie Tage ab. Im Anschluss druckt er sich ein Formular aus und legt es ausgefüllt seinem Vorgesetzten zur Unterschrift vor. Dieser unterzeichnet und reicht den Antrag per Hauspost an die Personalabteilung weiter. Dort angekommen pflegt diese die Information ein, meist in gleich mehrere Systeme – die Zeiterfassung, Outlook und in den Kalender. Erst dann ist gewiss: Der Mitarbeiter kann seinen Urlaub planen.

Dieser teils analoge, teils digitale Prozess ist ein wahrer Zeitfresser. Zeitgleich läuft er durch mehrere Hände und bindet dadurch jede Menge Ressourcen. Im Durchschnitt dauert die Bearbeitung eines Urlaubsantrags um die 20 Minuten. Das geht heutzutage auch schneller. Arbeiten Unternehmen mit einer HR-Software, die zusätzlich über eine Cloud-Infrastruktur verfügt, wickeln sie den Urlaubsantrag automatisiert per Mausklick in zwei Minuten ab. Möglich machen das sog. Self-Service-Portale. SelfService beschreibt den Charakter dieser Tools haargenau: Mitarbeiter wie Führungskräfte agieren im Portal eigenständig. Für den Urlaubsantrag bedeutet das, dass sie diesen ohne Zutun der Personalabteilung stellen. So einfach funktioniert es: Mitarbeiter beantragen, Vorgesetzte genehmigen per Mausklick. Das System übernimmt die gebuchten Tage automatisch in alle anderen Anwendungen wie Zeiterfassung oder Lohn- und Gehaltsabrechnung.

Der Urlaubsantrag ist dabei natürlich nur ein Beispiel von vielen. Was er aber deutlich macht: Automatisierte Prozesse schaffen Freiräume. Freiräume, die Personalabteilungen heute dringend benötigen, um bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens aktiv mitzuwirken. Da wäre etwa der Fachkräftemangel. Im „War for Talents“ spielt die HR eine tragende Rolle – schließlich kümmert sie sich um die Besetzung der neuen Stühle und darum, welches Know-how ins Unternehmen geholt wird. Oder wenn es um die Herausforderung geht, die Interessen verschiedener Generationen unter einen Hut zu bringen. So wünschen sich jüngere Arbeitnehmer bspw. flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, vom Homeoffice aus tätig zu werden. Ältere bevorzugen dagegen vielleicht den direkten Austausch mit ihren Teamkollegen vor Ort.

4 Der Digitalisierungspflicht gerecht werden

Zu etwas verpflichtet wird niemand gern. Genau das macht der deutsche Staat aber, wenn es um Digitalisierung in der Lohn- und Gehaltsabrechnung geht. Paradebeispiel ist das Melde- und Bescheinigungswesen. So ist in den meisten Fällen die Übermittlung von Meldungen und Bescheinigungen nur noch digital möglich. Gleiches gilt für das elektronische Verfahren zur Beantragung der A1-Bescheinigung bei Auslandsentsendungen von Mitarbeitern. Ähnlich sieht es auch beim Zahlstellen-Meldeverfahren aus. Dieses ist bereits komplett digitalisiert für alle Unternehmen mit Betriebsrentnern.

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Wehren hilft nichts – nur Wege finden, um dieser Pflicht nachzukommen. Für viele Unternehmen ist das belastend. Sie müssen bestehende Prozesse überdenken und anpassen. Eine Lösung kann sein, mit sv.net (zur Sofortmeldung im deutschen Sozialversicherungsrecht) zu arbeiten. Wenn es um die elektronische Entgeltbescheinigung oder das Zahlstellen-Meldeverfahren geht, ist das aber extrem aufwendig. Umfangreiche Formulare, eine Datenentnahme aus meist unterschiedlichen Quellen sowie die Eingabe und Übertragung aller Informationen per Hand machen daraus eine wahrhaftige Sisyphusarbeit.

Wenn Sisyphus zu Peanuts werden soll, dann ist auch hier eine Software die richtige Lösung. Anbieter von Lohnprogrammen integrieren das Melde- und Bescheinigungswesen bereits in ihr Angebot. Das erleichtert die Kommunikation mit den verschiedenen Rechenzentren der Sozialversicherungen, Krankenkassen, Rentenversicherung sowie der Arbeitsagentur. Formulare übermitteln die Anwender direkt aus der Software heraus. Sv.net wird so für den Entgeltabrechner überflüssig. Alle notwendigen Daten liegen bereits im System vor, so befüllt das Programm einige Felder automatisch. Rückmeldungen erhält der Anwender direkt in der Software.

Aber Achtung: Wer mit veralteten Programmen arbeitet, kommt vermutlich nicht in den Genuss eines automatisierten Melde- und Bescheinigungswesens. Wer dagegen auf der Höhe der Zeit agiert, spart mit Software Zeit und Geld. Der Aufwand für die Umstellung ist vergleichsweise gering.

5 Staub wischen und neue Prozesse etablieren

„Das haben wir schon immer so gemacht!“ Wer kennt ihn nicht, diesen altbekannten Satz. Klar, haben wir das immer schon so gemacht – ist das aber ein Grund, daran nichts zu ändern? Wer agiler, flexibler und effizienter werden möchte, sollte bestehende Prozesse überdenken.

Zurück zum Urlaubsantrag: Mag sein, dass das Verfahren mit Zettel und Stift einst passend war und die Hauspost das schnellste Transportmittel. Aber bedeutet das zwangsläufig, dass sich daran in zehn Jahren nichts geändert haben könnte? Software eröffnet hier völlig neue Möglichkeiten, schneller und moderner zu arbeiten. Wer sich entscheidet, den alten Staub wegzuwischen, sollte zunächst einmal den Ist-Zustand definieren. Wie sieht die tägliche Arbeit in der HR-Abteilung aus? Wo gibt es Zeitdiebe? Wichtig ist zu erörtern, bei welchem Prozess eine Umstellung am meisten Sinn ergibt.

Auf der Basis dieser Ist-Analyse gilt es dann zu entscheiden: Welches Programm passt ins Konzept? Viele KMU setzen auf Standardsysteme. Der Vorteil ist, dass Prozesse bereits auf der Basis von Best-Practice-Erfahrungen vorgegeben sind. Sie bilden somit ein solides Gerüst für eine professionelle HR-Arbeit.

Vorbereitung vermeidet Frust. Jede Softwareeinführung ist auch mit Arbeit verbunden – deshalb sollten die Verantwortlichen genügend Zeit einplanen. Es gibt Punkte, die Unternehmen bereits vorab erledigen können: Stammdaten bereinigen, Stellenprofile definieren, Organigramme aktualisieren und Zugriffsberechtigungen festlegen. Ist die HR umfassend auf eine neue Arbeitsweise eingestellt, erspart das viel Frust in der Anfangsphase.

6 Fazit

Berge zu versetzen, bedeutet nicht zwingend, dass dafür alle Steine ins Rollen gebracht werden müssen. Ganz im Gegenteil: In der Personalarbeit reicht es oft aus, an kleinen Schrauben zu drehen, d.h. Papier aus dem Unternehmen zu verbannen und Routinehandgriffe zu digitalisieren. Zusätzliches Personal ist dafür nicht notwendig, die richtige digitale Lösung ist völlig ausreichend. Und so bleibt der Personalabteilung vor allem eins: mehr Zeit für ihre Mitarbeiter und für die strategische Ausrichtung des Unternehmens.

Christian Ruhland

Christian Ruhland
Experte für digitale HR-Prozesse, Agenda
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· Artikel im Heft ·

(Papier-)Berge versetzen in der Personalarbeit
Seite 294 bis 296
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