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Timon Michel ist Geschäftsführer der GS Consult GmbH. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Beratung von Unternehmen, Betriebsparteien und Beschäftigten – insbesondere in den Bereichen Transfergesellschaften, Outplacement, Karriereberatung und Veränderungsbegleitung. Er ist zudem als Mediator, Referent, Moderator und Coach in Restrukturierungsprozessen aktiv. Bild: Evoto - Ayala Paul
Bild: Evoto - Ayla Paul
Lesedauer: ca. 13 Minuten
ARBEITSRECHT

Personalabbau mit Transfermaßnahmen

Interview

Transfer- bzw. Auffanggesellschaften bieten vom Stellenabbau betroffenen Arbeitnehmern die Möglichkeit, direkt in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln. Der Arbeitgeber vermeidet so drohende und aufwändige Kündigungsschutzprozesse. Was im Detail zu beachten ist und wie der Prozess abläuft, haben wir Timon Michel gefragt. Er ist Geschäftsführer der GS Consult, wo mehr als 150 Transfergesellschaften betreut werden.

Herr Michel, was ist eine Transfergesellschaft?

Eine Transfergesellschaft ist ein Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik, das dazu dient, betroffene Arbeitnehmer im Falle von Restrukturierungen, Betriebsschließungen oder Personalabbau sozialverträglich zu unterstützen. Die Beschäftigten wechseln dabei im Rahmen einer sog. Transfermaßnahme (§§ 110 und 111 SGB III) in ein befristetes, sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bei einem darauf spezialisierten Träger – der Transfergesellschaft.

Ziel ist es, durch intensive Beratung, Qualifizierung und Vermittlungsunterstützung die Chancen auf eine neue Beschäftigung zu erhöhen und gleichzeitig eine wirtschaftlich und juristisch tragfähige Lösung für den Arbeitgeber zu schaffen. Die gesetzliche Grundlage bilden die §§ 110 und 111 SGB III sowie die Regelungen zu Transfersozialplänen.

Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Begriffen wie „Auffanggesellschaft“, „Beratungs- und Qualifizierungsgesellschaft“ oder „Outplacement“. Nicht alle diese Begriffe sind gesetzlich definiert, häufig werden sie vermischt – was in der Praxis zu Missverständnissen führen kann. Eine Transfergesellschaft im engeren Sinne basiert jedoch immer auf den Regelungen des SGB III und wird von der Bundesagentur für Arbeit begleitet.

Welche Vor- und Nachteile hat eine Transfergesellschaft für den Arbeitgeber?

Eine Transfergesellschaft ermöglicht es dem Arbeitgeber, Personalabbau geordnet, planbar und sozialverträglich umzusetzen. Durch das freiwillige Wechselangebot in die Transfergesellschaft können Kündigungsschutzprozesse häufig vermieden werden. Der gesamte Trennungsprozess wird entlastet – sowohl juristisch als auch emotional. Ein klarer Vorteil ist die kalkulierbare Umsetzung des Sozialplans sowie die Signalwirkung gegenüber Belegschaft, Öffentlichkeit und Investoren: Der Arbeitgeber übernimmt soziale Verantwortung.

Auch für die betroffenen Arbeitnehmer ergeben sich zahlreiche Vorteile: Sie wechseln direkt aus einem gekündigten Arbeitsverhältnis in ein neues, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Transfergesellschaft. Damit bleibt die soziale Absicherung erhalten. Über das Transferkurzarbeitergeld sowie ergänzende Arbeitgeberleistungen wird ein Großteil des vorherigen Einkommens abgesichert. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal seriöser Träger ist zudem die Absicherung sog. Remanenzkosten – das heißt: Die Gehälter sind auch im Falle einer Insolvenz des ursprünglichen Arbeitgebers garantiert.

Die Teilnehmenden erhalten in der Transfergesellschaft Zeit zur beruflichen Neuorientierung. In dieser Phase werden gemeinsam mit erfahrenen Beratern individuelle Stärken, Perspektiven und Potenziale analysiert. Es erfolgen gezielte Qualifizierungsmaßnahmen und eine kontinuierliche Begleitung im Bewerbungsprozess – vom Erstellen professioneller Unterlagen über das Screening passender Stellenangebote bis hin zur konkreten Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche.

Nicht zuletzt hilft die Transfergesellschaft dabei, den psychologischen Übergang zu gestalten: Vom plötzlichen Verlust des Arbeitsplatzes hin zu einer neuen beruflichen Perspektive. Dieser strukturierte Übergang ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt.

Nicht zu unterschätzen ist allerdings der organisatorische Aufwand: Eine Transfergesellschaft erfordert eine Vielzahl an administrativen Prozessen – darunter die Personalabrechnung, die Beantragung und Abrechnung des Transferkurzarbeitergeldes bei der Agentur für Arbeit, die Dokumentation von Qualifizierungsmaßnahmen sowie die individuelle Beratung der Teilnehmenden. Dieser Aufwand entfällt für den Arbeitgeber, wenn er die Durchführung an einen zertifizierten und darauf spezialisierten Träger überträgt. So kann er sich auf das operative Geschäft konzentrieren, während die Transfergesellschaft professionell und rechtskonform umgesetzt wird.

Wie wird die Transfergesellschaft eingerichtet, unabhängig von der Frage, ob eine interne oder externe Lösung favorisiert wird? Wie lauten die gesetzlichen Vorgaben?

Die Einrichtung einer Transfergesellschaft erfordert eine sorgfältige rechtliche und organisatorische Vorbereitung. Grundvoraussetzung ist, dass ein betriebsbedingter Personalabbau bevorsteht – etwa im Rahmen einer Restrukturierung oder Standortschließung. Auf dieser Basis kann eine sog. Transfermaßnahme nach § 110 SGB III beantragt werden.

Zunächst ist die Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Der Arbeitgeber muss frühzeitig eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG stellen und anschließend – idealerweise im Rahmen eines Interessenausgleichs und Sozialplans – die Grundlagen für die Transfermaßnahme mit dem Betriebsrat verhandeln. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Transfersozialplan, in dem u. a. die Ansprüche, Leistungen und Bedingungen für die betroffenen Arbeitnehmer geregelt werden.

Parallel muss ein AZAV-zertifizierter Träger gefunden werden, der die Transfergesellschaft durchführt. Dieser Träger schließt mit jedem teilnehmenden Arbeitnehmer einen befristeten Arbeitsvertrag über die Dauer der Maßnahme (max. zwölf Monate). Für diese Zeit erhält die Person Transferkurzarbeitergeld nach § 111 SGB III, ergänzt durch einen Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers.

Der Antrag auf Förderung der Transfermaßnahme ist vor dem Beginn der Maßnahme zu stellen. Er muss den strukturierten Ablauf der Maßnahme, die vorgesehenen Qualifizierungen, die Beratungsleistungen sowie die arbeitsmarktlichen Ziele enthalten. Nach Genehmigung durch die Bundesagentur für Arbeit kann die Maßnahme starten.

Ob intern oder extern durchgeführt – entscheidend ist, dass alle Voraussetzungen aus dem SGB III erfüllt sind und die Maßnahme mit der Agentur für Arbeit abgestimmt ist. Der Übergang in die Transfergesellschaft erfolgt immer freiwillig, über individuelle Aufhebungsverträge mit den betroffenen Beschäftigten.

Was ist der entscheidende Unterschied zwischen interner und externer Lösung, welche Bedingungen müssten für eine interne Lösung erfüllt sein?

Der entscheidende Unterschied liegt in der Trägerschaft und damit in der Verantwortung für die Durchführung der Transfergesellschaft.

Bei einer externen Lösung wird die Transfergesellschaft vollständig an einen darauf spezialisierten, nach AZAV zertifizierten Träger ausgelagert. Dieser übernimmt das operative Management, die Beratung, Qualifizierung, Personalabrechnung und die Abwicklung der Transferkurzarbeitergeldverfahren. Für die betroffenen Arbeitnehmer bedeutet das einen professionellen Rahmen mit klaren Abläufen und einer rechtssicheren Umsetzung. Für den Arbeitgeber reduziert sich der operative Aufwand erheblich.

Bei einer internen Lösung bleibt die Trägerschaft beim Unternehmen selbst oder bei einer dafür gegründeten Tochtergesellschaft. Diese Variante ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und praktikabel: Der interne Träger muss ebenfalls über eine AZAV-Zertifizierung verfügen und in der Lage sein, die strengen Anforderungen der Bundesagentur für Arbeit in Bezug auf Qualifizierungsangebote, Beratung, Verwaltung und Dokumentation zu erfüllen. Das bedeutet in der Praxis: Es muss internes Fachpersonal vorhanden sein, das über Erfahrung in Beratung, Arbeitsvermittlung, Transferkurzarbeitergeld und arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumenten verfügt. Zudem muss eine unabhängige Beratung der Teilnehmenden sichergestellt werden – was bei internen Lösungen schnell zu Interessenkonflikten führen kann.

Aus diesen Gründen sind interne Lösungen in der Praxis selten. Die Anforderungen an die Organisation, die rechtssichere Umsetzung und die personelle Ausstattung sind hoch. In der Regel entscheiden sich Unternehmen für die externe Variante, um professionell, effizient und entlastend vorgehen zu können.

Wie werden die Rahmenbedingungen innerhalb der Transfergesellschaft verhandelt. Ist der Transfersozialplan das Mittel der Wahl – wie sollte er aussehen?

Die Rahmenbedingungen einer Transfergesellschaft werden i. d. R. im Rahmen der Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat festgelegt. Zentraler Bestandteil ist der Transfersozialplan, der häufig als eigenständiger Teil eines Sozialplans i. S. v. § 112 BetrVG verhandelt wird – oder als separater Transfersozialplan nur für die betroffenen Beschäftigten in der Transfergesellschaft.

Der Transfersozialplan ist in der Praxis das zentrale Instrument, um die Rechte und Leistungen der teilnehmenden Arbeitnehmer verbindlich zu regeln. Er sollte klar und transparent festhalten:

Voraussetzungen für den Wechsel in die Transfergesellschaft (z. B. Altersgrenzen, Freiwilligkeit, Fristen),

Beginn, Anzahl der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheiten (beE) und Dauer der jeweiligen Transfermaßnahme (maximal zwölf Monate, individuelle Laufzeiten abhängig von Kündigungsfristen möglich),

Höhe der finanziellen Absicherung: Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber (80 bis 90 % des Nettogehaltes),

Finanzierung von Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungen (Budget, pro Mitarbeitende oder Topflösungen),

Regelungen zu Einstiegsprämien, Sprinterprämie und Abfindung,

Ansprechpartner und Verfahren bei Konflikten oder Sonderfällen,

Beteiligung der Betriebsparteien an der Begleitung und Evaluation der Maßnahme sowie

Nennung des begleitenden Transferträgers.

Da der Wechsel in die Transfergesellschaft auf freiwilliger Basis geschieht, werden die im Transfersozialplan vereinbarten Regelungen i. d. R. durch individualrechtliche Aufhebungsverträge ergänzt. Für eine rechtssichere und faire Ausgestaltung ist es empfehlenswert, die Agentur für Arbeit und den Transferdienstleister frühzeitig in die Planung einzubeziehen.

Welche Arbeitnehmergruppen können ausgeschlossen werden?

Grundsätzlich steht eine Transfergesellschaft allen von einem geplanten Personalabbau betroffenen Arbeitnehmern offen – eine Teilnahme ist freiwillig, aber nicht verpflichtend. In der Praxis werden jedoch bestimmte Gruppen häufig ausgeschlossen, entweder aus arbeitsmarktpolitischen oder organisatorischen Gründen. Typische Ausschlusskriterien können sein:

Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen, die ohnehin auslaufen,

Minijobber oder kurzfristig Beschäftigte, für die kein Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld besteht,

Arbeitnehmer mit sehr kurzer Betriebszugehörigkeit, wenn die Dauer der Beschäftigung nicht für eine wirtschaftlich sinnvolle Teilnahme ausreicht,

Beschäftigte, die kurz vor dem Renteneintritt stehen, sofern sie direkt in den Ruhestand wechseln oder durch Vorruhestandsregelungen abgesichert sind,

Langzeiterkrankte oder Mitarbeiter in Elternzeit – hier ist eine Teilnahme grundsätzlich möglich, erfordert aber eine Einzelfallprüfung und ggf. gesonderte Regelungen sowie

Mitarbeiter, deren Tätigkeit im Rahmen eines geregelten Betriebsabbaus benötigt wird. Verzögerte Teilnahme im Rahmen einer später implementierten betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE).

Wichtig ist: Die Ausschlusskriterien müssen sachlich begründet, diskriminierungsfrei und möglichst einvernehmlich mit dem Betriebsrat abgestimmt sein. In vielen Fällen wird im Transfersozialplan geregelt, welche Gruppen teilnehmen können oder welche besonderen Bedingungen für bestimmte Gruppen gelten.

Zudem ist zu beachten: Die Bundesagentur für Arbeit prüft bei Antragstellung auch die Fördervoraussetzungen auf individueller Ebene. Gruppen, die nicht förderfähig sind (z. B. Personen ohne ausreichenden ALG-I-Anspruch), können zwar in Ausnahmefällen an einer Transfergesellschaft teilnehmen – erhalten dann aber ggf. keine oder reduzierte Leistungen.

Welche Bedingungen sollte der Arbeitgeber zuvor zwingend festlegen?

Vor der Einrichtung einer Transfergesellschaft sollte der Arbeitgeber klare Rahmenbedingungen definieren – sowohl aus arbeitsrechtlicher als auch aus organisatorischer Sicht. Eine gute Vorbereitung ist entscheidend für eine reibungslose Umsetzung. Diese Festlegungen sollten dokumentiert und im Rahmen des Interessenausgleichs bzw. Transfersozialplans verbindlich verankert werden. Nur so kann die Maßnahme sowohl arbeitsrechtlich sauber als auch menschlich tragfähig umgesetzt werden. Zentrale Punkte, die im Vorfeld geklärt sein sollten, sind:

Zielgruppen und Teilnahmebedingungen: Der Arbeitgeber muss festlegen, welche Beschäftigtengruppen für die Transfergesellschaft in Frage kommen, ob Ausschlüsse geplant sind (siehe vorherige Frage) und wie die Auswahlkriterien lauten.

Laufzeit der Transfergesellschaft: Die maximale Förderdauer beträgt zwölf Monate (§ 110 SGB III). Es muss entschieden werden, ob diese voll ausgeschöpft oder – bei schneller Wiederbeschäftigungsperspektive – eine kürzere Laufzeit gewählt wird. Es gibt unterschiedliche Modelle, wie die Laufzeit in der Transfergesellschaft gestaltet werden kann.

Finanzierungsmodell: Der Arbeitgeber trägt die Kosten für die Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes, für Qualifizierungen, die Verwaltung der Maßnahme sowie ggf. Sprinterprämien, Abfindungen, Entscheidungsprämien. Diese Posten müssen finanziell und rechtlich eingeplant werden.

Verhältnis zu anderen Maßnahmen: Falls ergänzende Instrumente geplant sind – etwa Abfindungsregelungen, Vorruhestand, Outplacement, Inplacement – muss die Transfergesellschaft sinnvoll eingebettet werden. Eine Kombination ist möglich, erfordert aber genaue Abstimmung.

Wahl des Trägers: Der Arbeitgeber muss einen zertifizierten und erfahrenen Träger auswählen, der die Durchführung übernimmt. Dies betrifft auch die Abwicklung mit der Agentur für Arbeit und die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen.

Kommunikation und Zeitplan: Eine Transfergesellschaft kann nur dann erfolgreich starten, wenn die interne Kommunikation rechtzeitig erfolgt. Die Mitarbeiter müssen umfassend informiert, Gespräche vorbereitet und individuelle Wechselprozesse geplant werden. Auch die Einbindung des Betriebsrats sollte frühzeitig stattfinden.

Was hat es mit der sog. Sprinterprämie auf sich?

Die Sprinterprämie ist ein finanzieller Anreiz für die Teilnehmer einer Transfergesellschaft, die während der Laufzeit freiwillig vorzeitig ausscheiden, weil sie ein neues Arbeitsverhältnis gefunden haben. Die Idee dahinter: Wer schnell eine neue Beschäftigung findet, entlastet das System und erhält dafür eine Belohnung.

In der Praxis wird die Sprinterprämie im Transfersozialplan geregelt. Sie beträgt i. d. R. einen bestimmten Prozentsatz der noch offenen finanziellen Aufstockungsleistungen (Remanenzkosten), die der Arbeitgeber bei regulärem Verbleib bis zum Ende der Maßnahme gezahlt hätte. Diese Prämie wird also anteilig gewährt – je früher die Person aus der Transfergesellschaft ausscheidet, desto höher fällt der Betrag aus. Beispiel: Eine Person wechselt nach sechs Monaten in eine neue Beschäftigung, obwohl die Maßnahme auf zwölf Monate angelegt war. Dann erhält sie 50 % der Aufstockungsleistungen, die in den verbleibenden sechs Monaten gezahlt worden wären, als Einmalzahlung mit dem Ausscheiden.

Die Sprinterprämie verfolgt zwei Ziele: Sie motiviert Teilnehmer, sich aktiv um neue Perspektiven zu bemühen, und sie reduziert gleichzeitig die finanziellen Aufwendungen des Arbeitgebers, da sowohl Aufstockung als auch Verwaltungskosten früher entfallen.

Welche Rolle spielt die Agentur für Arbeit?

Die Bundesagentur für Arbeit ist bei der Einrichtung und Durchführung einer Transfergesellschaft in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Akteurin – sowohl als Genehmigungsbehörde als auch als Fördermittelgeberin.

Bereits zu Beginn des Prozesses muss der Arbeitgeber – abhängig von der Anzahl der betroffenen Personen – eine Massenentlassungsanzeige (§ 17 KSchG) bei der zuständigen Agentur für Arbeit einreichen. Diese Anzeige ist zwingend erforderlich, auch wenn betriebsbedingte Kündigungen durch die freiwillige Teilnahme an der Transfergesellschaft vermieden werden sollen. Sie dient der frühzeitigen Information der Arbeitsverwaltung über bevorstehende Entlassungen und ist form- und fristgebunden.

Die Transfergesellschaft selbst muss als sog. „Transfermaßnahme“ bei der Agentur für Arbeit beantragt und genehmigt werden. Der Antrag wird i. d. R. durch den Träger gestellt und muss folgende Inhalte umfassen:

Qualifizierungs- und Vermittlungskonzept,

Laufzeit der Maßnahme,

Trägerstruktur,

Finanzierungsplan,

arbeitsmarktliche Zielsetzungen.

Die Agentur prüft die Fördervoraussetzungen – etwa, ob die Maßnahme geeignet ist, die Eingliederungschancen der Teilnehmenden zu verbessern. Sie entscheidet auch über die Bewilligung des Transferkurzarbeitergeldes nach § 111 SGB III.

Auch im laufenden Betrieb der Transfergesellschaft ist die Agentur für Arbeit involviert – etwa bei der Kontrolle der Abrechnungen, der Qualifizierungsnachweise und der Beratungsergebnisse. Es gibt begleitende Gespräche zwischen Träger, Arbeitgeber, Arbeitnehmervertretern und Agentur, im Beirat der Transfergesellschaft.

Kurz gesagt: Ohne die Einbindung und Zustimmung der Agentur für Arbeit kann keine Transfergesellschaft i. S. d. SGB III umgesetzt werden.

Wie sieht der „Arbeitsalltag“ in der Transfergesellschaft aus?

Der Alltag in einer Transfergesellschaft unterscheidet sich deutlich vom bisherigen Berufsleben der Teilnehmenden – er ist geprägt von Beratung, Qualifizierung und aktiver Arbeitssuche. Ziel ist nicht die „Verwahrung“ der betroffenen Personen, sondern ihre schnelle und nachhaltige Reintegration in den Arbeitsmarkt. Ein typischer Ablauf gliedert sich in mehrere Elemente: Zu Beginn erfolgt eine individuelle Eingangsberatung. Dabei wird gemeinsam mit dem Betroffenen eine Standortanalyse durchgeführt: Welche Kompetenzen, Erfahrungen und Interessen bestehen? Welche beruflichen Ziele sind realistisch und wünschenswert?

Auf dieser Basis wird über das Bewerbungs-Coaching ein Bewerbungsprozess gestartet. Die Teilnehmenden erhalten Unterstützung beim Erstellen und Optimieren von Bewerbungsunterlagen, beim Screening von Stellenanzeigen und bei der Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche. Auch digitale Bewerbungstrainings oder simulierte Vorstellungsgespräche gehören oft dazu.

Parallel wird geprüft, welche Weiterbildungsmaßnahmen sinnvoll und förderfähig sind – etwa digitale Kompetenzen, branchenspezifische Fortbildungen oder Umschulungen. Diese Qualifizierungen werden individuell geplant und in die Maßnahme integriert. Träger arbeiten aktiv mit dem regionalen Arbeitsmarkt zusammen: Kontakte zu Arbeitgebern werden genutzt, offene Stellen identifiziert und passende Profile vermittelt. Ziel ist eine möglichst passgenaue und zügige Reintegration.

Teilnehmende sind weiterhin sozialversicherungspflichtig beschäftigt, unterliegen also gewissen Pflichten. Es gibt Präsenzzeiten, Beratungstermine, Teilnahmeverpflichtungen an Maßnahmen und regelmäßige Feedbackgespräche. Gleichzeitig bietet der Rahmen Raum für Reflexion und persönliche Entwicklung.

Der „Arbeitsalltag“ in der Transfergesellschaft ist also kein Ersatzarbeitsplatz, sondern eine strukturierte, begleitete Übergangsphase, die neue Perspektiven eröffnet – fachlich, persönlich und beruflich.

Mit welchen Kosten ist im Rahmen einer Transfergesellschaft zu rechnen?

Die Kosten einer Transfergesellschaft variieren je nach Umfang, Laufzeit, Teilnehmerzahl und Gestaltung der Maßnahmen. Grundsätzlich ist die Transfergesellschaft ein arbeitgeberfinanziertes Instrument – allerdings mit klar kalkulierbaren Komponenten. Die Kosten lassen sich in verschiedene Blöcke unterteilen:

Aufstockungsleistungen zum Transferkurzarbeitergeld (Remanenzkosten):Die Bundesagentur für Arbeit zahlt Transferkurzarbeitergeld i. H. v. 60 bzw. 67 % des letzten Nettoentgelts (je nach Kindergeldanspruch). Arbeitgeber stocken dieses i. d. R. auf 80 bis 85 % auf. Die Differenz trägt der Arbeitgeber.

Qualifizierungskosten: Die Kosten für individuelle Weiterbildungen oder Schulungen werden je nach Bedarf ebenfalls vom Arbeitgeber übernommen. Je besser Qualifizierungsbausteine in die Maßnahme integriert sind, desto höher die Chancen auf eine erfolgreiche Vermittlung – und damit eine kürzere Verweildauer. Dieser Block dient der reinen fachlichen Qualifizierung. Qualifizierung im Rahmen des Bewerbungsprozesses (Bewerbungstrainings) sind kein Bestandteil dieses Kostenblocks.

Trägerkosten/Verwaltungskosten/Beratungskosten: Der zertifizierte Träger erhebt ein Honorar für das Management der Transfergesellschaft – darunter fallen Personalabrechnung, Beratung, Dokumentation, Antragstellung und Berichtspflichten gegenüber der Agentur für Arbeit.

Sprinterprämien: Falls eine Sprinterprämie vereinbart wird, ist auch diese ein Teil der finanziellen Gesamtplanung.

Einmalige Kosten: Einmalige Aufwände entstehen ggf. durch Rechtsberatung, Verhandlungen mit dem Betriebsrat oder die Entwicklung von Kommunikationsmaßnahmen für die betroffenen Mitarbeiter.

Trotz dieser Aufwendungen ist eine Transfergesellschaft oft kosteneffizienter als eine Vielzahl individueller Abfindungszahlungen, verbunden mit ungewisser rechtlicher Auseinandersetzung. Zudem ist sie ein starkes Signal sozialer Verantwortung.

Welche Alternativen zur Transfergesellschaft gibt es?

Neben der Transfergesellschaft nach §§ 110 und 111 SGB III existieren verschiedene Alternativen zur sozialverträglichen Gestaltung von Personalabbau. Welche Lösung sinnvoll ist, hängt vom konkreten Einzelfall ab – etwa von der Zielgruppe, dem Restrukturierungsvolumen, dem Zeitrahmen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Transfergesellschaft ist eine besonders strukturierte, förderfähige und sozial ausgewogene Variante. Sie lässt sich – je nach Bedarf – auch mit anderen Maßnahmen kombinieren. Entscheidend ist, dass die gewählte Lösung sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch menschlich verantwortungsvoll umgesetzt wird. Das sind einige Alternativen aus der Praxis:

Outplacement (Einzel- oder Gruppenoutplacement): Outplacement bezeichnet die individuelle oder kollektive Beratung ausscheidender Mitarbeiter – häufig durch externe Coaches oder Beratungsfirmen. Ziel ist ebenfalls die berufliche Neuorientierung und Vermittlung. Im Gegensatz zur Transfergesellschaft besteht jedoch kein sozialversicherungspflichtiges Anschlussarbeitsverhältnis. Die Betroffenen erhalten Outplacement-Beratungen meist parallel zur Kündigung oder während der Freistellung. Outplacement ist flexibler, aber auch weniger umfassend und nicht staatlich gefördert.

Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen im Betrieb: Insbesondere bei interner Umstrukturierung kann eine interne Qualifizierungs- oder Beratungsgesellschaft gegründet werden, um Mitarbeiter weiterzubilden und in neue Rollen im Unternehmen zu integrieren. Diese Maßnahmen zielen auf Beschäftigungssicherung statt Trennung, erfordern jedoch ebenfalls erhebliche konzeptionelle und organisatorische Vorbereitung.

Freiwilligenprogramme/Abfindungsregelungen: In vielen Fällen bietet der Arbeitgeber Abfindungsprogramme auf freiwilliger Basis an, um den Personalabbau ohne Kündigungen zu gestalten. Diese Maßnahmen sind rechtlich weniger komplex, bieten jedoch keine strukturelle Begleitung wie Beratung oder Qualifizierung – und bergen je nach Ausgestaltung sozial- und steuerrechtliche Fallstricke.

Vorruhestandsregelungen/Rentennahe Modelle: Für rentennahe Jahrgänge können Modelle wie Altersteilzeit oder der gleitende Übergang in den Ruhestand attraktiv sein. Diese Modelle sind jedoch stark abhängig von der Altersstruktur und den tariflichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten.

Interbetriebliche Vermittlung/Beschäftigungsgesellschaften: In bestimmten Fällen können auch Kooperationen mit anderen Unternehmen, Zeitarbeitsfirmen oder Beschäftigungsprojekten sinnvoll sein – etwa, wenn es in der Region bereits bestehende Strukturen zur Arbeitsmarktintegration gibt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Timon Michel

Timon Michel

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Personalabbau mit Transfermaßnahmen

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