Reichweite finanzieller Abgeltungsklauseln

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 Bild: peterschreiber.media/stock.adobe.com
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Ein Triebwagenführer klagte vor dem ArbG München gegen seine fristlose Kündigung vom 4.2.2021. Das Kündigungsschutzverfahren endete am 6.4.2021 durch gerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15.3.2021 geendet hat. Weiter heißt es darin: „Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von 3.900 Euro abrechnen und den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszahlen.“ Ferner vereinbarten die Parteien, dass mit Erfüllung dieses Vergleichs sämtliche finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass dessen Beendigung abgegolten und erledigt sind. Der Kläger hatte noch einen Resturlaubsanspruch des Vorjahres i. H. v. 10 Tagen, bis 15.3.2021 war ein Teilurlaubsanspruch von 5 Tagen entstanden. In einem Folgerechtsstreit ging es darum, ob infolge der Abgeltungsklausel der Urlaubsabgeltungsanspruch erledigt war. Während die erste Instanz die Klage auf Urlaubsabgeltung abwies, sah das LAG München einen Urlaubsabgeltungsanspruch als gegeben an.

Welche Reichweite eine Erledigungsklausel in einem Gerichtsvergleich hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Von einem Willen, einen umfassenden Anspruchsausschluss zu vereinbaren, ist nicht auszugehen, wenn die Parteien vereinbart haben, dass neben den im Prozessvergleich ggf. ausdrücklich genannten noch weitere, nicht näher bezeichnete Ansprüche zu erfüllen sind. Die konkrete Abgeltungsklausel setzt die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vergleich voraus. Da die Parteien die Formulierung gewählt haben, dass das in der Vergangenheit beendete Anstellungsverhältnis unter „Zugrundelegung“ eines Bruttomonatsgehalts i. H. v. 3.900 Euro erfolgen solle, haben sie zum Ausdruck gebracht, dass dieses Gehalt lediglich als Rechnungsgröße in die ordnungsgemäße Abrechnung eingestellt werden soll. Gerade dies geschehe im Falle der Berechnung der Urlaubsabgeltung, in welche die Vergütung der letzten 13 Wochen gem. § 11 BUrlG einfließt. Die Abgeltungsklausel geht auch nicht ins Leere. Denn sie schließt es z. B. aus, etwaige finanzielle Ansprüche geltend zu machen, die nicht unter Zugrundlegung der regulären Vergütung zu errechnen sind, wie bspw. Schadensersatzansprüche.

Das Gericht ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Abweichung von einem Urteil des LAG Schleswig-Holstein (3 Sa 82/21) die Revision zu. Soweit ersichtlich, wurde diese aber nicht eingelegt, sodass das Urteil rechtskräftig ist. (LAG München, Urt. v. 24.1.2023 – 6 Sa 326/22).

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Reichweite finanzieller Abgeltungsklauseln
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