Rückzahlung von Fortbildungskosten

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 Bild: Mediaparts/stock.adobe.com
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In Zeiten des Fachkräftemangels ist es vielen Arbeitgebern ein Anliegen, qualifizierten Mitarbeitern eine auch mehrjährige Fortbildung zu finanzieren. Im Gegenzug soll sich der Arbeitnehmer verpflichten, dem Unternehmen nach Abschluss der Fortbildung über einige Jahre treu zu bleiben, anderenfalls musser die übernommenen Kosten zurückzahlen. Die Formulierung wirksamer Rückzahlungsvereinbarungen gelingt jedoch oft nicht.

In einer Fortbildungsvereinbarung hatte sich die Firma verpflichtet, die Kosten eines mehrjährigen Lehrgangs (Unterrichtskosten, Kosten der Unterbringung, Fahrtkosten) in voller Höhe zu übernehmen. Ferner regelten die Parteien, dass der Mitarbeiter zur Rückzahlung „der bis zum Abbruch tatsächlich entstandenen Aufwendungen in voller Höhe“ verpflichtet ist, wenn die Bildungsmaßnahme abgebrochen wird, aus Gründen, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat. Nachdem der Mitarbeiter durch die Abschlussprüfung fiel, kündigte er das Anstellungsverhältnis ordentlich. Das Unternehmen machte daraufhin die Kosten des Lehrgangs i. H. v. 9.433 Euro sowie die Kosten für eine bezahlte Freistellung für die Teilnahme am Lehrgang geltend. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Bei dem Fortbildungsvertrag handelte es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die arbeitgeberseitig gestellt waren. Klauseln in AGB sind unwirksam, wenn sie die Vertragspartei des Verwenders unangemessen benachteiligen, z. B. nicht klar und verständlich sind. Nach der Rechtsprechung des BAG liegt bei Rückzahlungsklauseln ein Verstoß gegen das Transparenzgebot insbesondere in den Fällen vor, in denen die Klausel dem Arbeitgeber als Verwender „vermeidbare Spielräume hinsichtlich der erstattungspflichtigen Kosten“ gewährt. Der Arbeitnehmer muss sein Rückzahlungsrisiko ausreichend abschätzen können. Erforderlich ist die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen, aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll und die Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden. Die Kosten müssen nicht der Höhe nach beziffert werden. Erforderlich ist jedoch die Angabe von Art und Berechnungsgrundlagen. Ohne die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen, z. B. Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten und die Angabe, nach welchen Parametern die Positionen berechnet werden (z. B. Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), bleibt für den Vertragspartner unklar, in welcher Größenordnung eine Rückzahlungsverpflichtung auf ihn zukommen kann, wenn er seine Ausbildung abbricht. Die Formulierung „die bis zum Abbruch tatsächlich entstandenen Aufwendungen“ genügt dem Transparenzgebot danach nicht. Ob mit Aufwendungen dasselbe gemeint ist wie mit den Lehrgangskosten, stellt der Vertrag nicht klar. Werden in einem juristischen Text unterschiedliche Begriffe verwandt, spricht das für einen sich unterscheidenden Inhalt. Die aus der Klausel folgenden Beurteilungsspielräume waren vermeidbar. Wenn die Firma die über die Lehrgangskosten hinausgehenden Kosten für die bezahlte Freistellung ebenfalls zurückfordern hätte wollen, hätte sie dies im Vertrag klarstellen müssen. Da bei der AGB-Kontrolle eine geltungserhaltende Reduktion – hier die Begrenzung auf die Lehrgangskosten – nicht möglich ist, führte dies zur Gesamtunwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.2.2022 – 12Sa805/21, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 9AZN132/22).

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Rückzahlung von Fortbildungskosten
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