Trennungsgespräche empathisch führen

Von der Pflicht zur Kür

Das Trennungsgespräch ist die mit Abstand schwierigste Aufgabe von Personalern und Führungskräften. Wenn sich Unternehmen von Mitarbeitern trennen müssen, führt daran jedoch kein Weg vorbei. Hat ein Angestellter etwas gestohlen, Kollegen beleidigt oder sexuell belästigt, ist die Sache klar. Aber auch bei Personalabbau infolge von wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Standortverlagerungen kann man sich i. d. R. ohne Gewissensbisse von Angestellten trennen. Ist einem der Mitarbeiter sympathisch, bleibt seine Arbeitsleistung jedoch weit unter den Erwartungen, sieht die Sache ganz anders aus. Aber auch dann steht früher oder später das Kündigungsgespräch an.

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 Bild: izzuan/stock.adobe.com
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Richtig auf das Trennungsgespräch vorbereiten

Trennungen gehören zum (Arbeits-)Leben dazu, fallen den meisten Personalverantwortlichen jedoch sehr schwer. Aber bitte bedenken Sie: Das Arbeitsverhältnis fortzuführen hat oft viel gravierendere Folgen als eine Kündigung. Und das aus zwei knallharten wirtschaftlichen Gründen:

  • Zum einen müssen alle Mitarbeiter gute Arbeitsergebnisse vorweisen, um Ihr Unternehmen auf Erfolgskurs zu halten. Angestellte mit schlechter Performance leisten keinen oder einen nur sehr geringen Beitrag. Im schlimmsten Fall fügen sie der Firma sogar einen erheblichen betriebswirtschaftlichen Schaden zu.
  • Zum anderen demotiviert es die Leistungsträger im Unternehmen, wenn Führungskräfte nicht konsequent handeln. Infolgedessen strengen sich die leistungsstarken Mitarbeiter oft weniger an. Und die richtigen High Performer verlassen mitunter sogar das Unternehmen, weil ihre (Mehr-)Leistung nicht wertgeschätzt wird.

Und dann haben Sie als Führungskraft ein ganz großes Problem. Denn wie man so schön sagt: Ein fauler Apfel verdirbt das ganze Fass. Ihre Angestellten nehmen Sie als Führungskraft irgendwann nicht mehr ernst, wenn Sie nicht handeln. Die einzige Kritik, die ich bisher von Mitarbeitern bekommen habe, wenn wir uns von einem Kollegen trennen mussten, war die Frage: „Warum erst jetzt? Warum hast Du so lange gewartet? Hast Du nicht gesehen, dass wir die ganze Arbeit mitmachen mussten?“ Sie hatten völlig recht, ich habe in diesem Fall meine Aufgabe als Führungskraft und Manager nicht richtig wahrgenommen.

Grundsätzlich gilt: Eine Kündigung darf nie überraschend kommen. Wenn ein Angestellter im Trennungsgespräch aus allen Wolken fällt, hat sich der Vorgesetzte im Vorfeld unklar ausgedrückt. Die Vorbereitung beginnt deshalb genau genommen in den Wochen oder sogar Monaten vor dem eigentlichen Trennungsgespräch. Ich spreche mit dem betroffenen Mitarbeiter im Vorfeld mindestens zweimal über seine unzureichende Arbeitsleistung. In diesen Gesprächen gebe ich ihm selbstverständlich konkrete Vorschläge, wie er seine Performance steigern kann. Aber ich sage auch klar und deutlich, welche Ergebnisse erwartet werden. Gleichzeitig überlege ich, ob wir den betroffenen Mitarbeiter in einer anderen Abteilung unserer Firma einsetzen können. Verbessern sich in den kommenden Wochen die Ergebnisse nicht substanziell und kommt auch keine andere Stelle im Unternehmen infrage, steht das Trennungsgespräch an.

Ist die Entscheidung gefallen, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, müssen Vorgesetzte zeitnah mit der Personalabteilung alle formalen Fragen klären und ggf. auch den Betriebsrat anhören. Wenn sich der Betroffene noch in der Probezeit befindet, gilt i. d. R. eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Eine Trennung ist in diesen Fällen relativ einfach. Angestellte mit einer mehrjährigen Betriebszugehörigkeit genießen einen umfassenderen Kündigungsschutz. Hinzu kommt der Sonderkündigungsschutz für Betriebsräte. Im Einzelfall kann es komplex werden und rechtliche Beratung notwendig sein – sei es intern oder extern.

Legen Sie sich außerdem die wichtigsten Formulierungen für das Trennungsgespräch zurecht, bedenken Sie dabei mögliche Einwände des gekündigten Mitarbeiters.

Trennungsgespräch entschlossen und wertschätzend führen

Bitten Sie dann den Angestellten, von dem Sie sich trennen müssen, zeitnah via E-Mail zu einem Gespräch. Versenden Sie die „Einladung“ bestenfalls am selben Tag. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich der betroffene Mitarbeiter kurzfristig krankmeldet und Ihr Zeitplan ins Wanken gerät. Rufen Sie sich bei aufkommenden Zweifeln ins Gedächtnis, dass die Trennung für beide Seiten das Beste ist und Sie als Führungskraft deshalb kein schlechter Mensch sind.

Zum vereinbarten Termin müssen alle Beteiligten pünktlich im Besprechungsraum sein, am besten bereits fünf Minuten vor dem Mitarbeiter. Gemeint sind neben

  • der Führungskraft auch
  • eine Person aus der Personalabteilung und ggf.
  • ein Betriebsratsmitglied.

Als Vorgesetzter kann man in dieser emotionalen Ausnahmesituation mit dem Mitarbeiter schlecht Small Talk führen, bis alle Verantwortlichen erscheinen. Kommen Sie dann, wenn alle im Raum sind, sofort auf den Punkt. Am besten so: „Wir sind heute zusammengekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass wir uns von Ihnen trennen werden.“

Im nächsten Moment schießen den meisten Mitarbeitern, auch wenn sie mit der Kündigung gerechnet haben, Tausend Gedanken durch den Kopf: Wie wird meine Familie reagieren? Finde ich jemals wieder einen Job? Ich weiß gar nicht mehr, wie man sich bewirbt. Wie zahle ich jetzt meinen Hauskredit ab? Andere rechtfertigen sich und wollen die Kündigung abwenden. Machen Sie in diesem Fall deutlich, dass die Entscheidung feststeht und nicht mehr diskutiert wird. Erklären Sie nach dem ersten Schockmoment sachlich die Kündigungsgründe und den weiteren Verlauf bis zum letzten Arbeitstag. Am Ende des Gesprächs sollten Sie fragen, ob der Betroffene alles verstanden oder er noch offene Fragen hat.

Gleichzeitig können Sie in brenzligen Situationen das Gespräch jederzeit abbrechen und einen Folgetermin vereinbaren. Zu diesem Schritt rate ich, wenn der Mitarbeiter zu emotional reagiert, unsachlich argumentiert oder verbal ausfällig wird. Verzichten Sie aber bitte im Umkehrschluss auf Worthülsen wie „Sie werden ganz bestimmt bald eine neue Stelle finden!“, „Das Leben geht weiter“ oder „Glauben Sie an sich!“. Solche gut gemeinten Sprüche helfen dem Mitarbeiter in diesem Moment überhaupt nicht und verschlimmern die Situation mitunter sogar.

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Übergangszeit bis zum Firmenaustritt

Kommen Sie dem Mitarbeiter lieber mit konkreten Hilfsangeboten entgegen. Zum Beispiel, indem Sie anbieten, ihn bis zur Kündigungsfrist bei vollem Gehalt freizustellen, damit er sich voll und ganz aufs Bewerben konzentrieren kann. Eine andere Möglichkeit ist das Outplacement, ein vom Arbeitgeber finanzierter Service mit Stärken-Schwächen-Analysen, Bewerbungstrainings und Unterstützung bei der Stellensuche. So zeigen Sie Wertschätzung und gehen in vielen Fällen letzten Endes sogar im Guten auseinander.

Ob Sie den gekündigten Angestellten freistellen oder er bis zum Ende der Kündigungsfrist in der Firma arbeitet: Sie müssen mit ihm klären, ob er selbst oder Sie als Führungskraft die Arbeitskollegen informiert. I. d. R. kennen die anderen Mitarbeiter die Hintergründe der Kündigung. Um Spekulationen vorzubeugen, sollten Sie in einer Rundmail oder einer kurzen Ansprache im nächsten Team-Meeting dennoch die Gründe erläutern. Bleiben Sie sachlich und signalisieren Sie den verbleibenden Angestellten bei dieser Gelegenheit, dass ihre Arbeitsplätze sicher sind. Zu guter Letzt muss sich der ausscheidende Mitarbeiter, wenn er es möchte, von seinen Kollegen und den Führungskräften verabschieden können.

Von konstruktiven Trennungsprozessen profitieren beide Seiten

Ich bin überzeugt: Respektvolle Trennungsprozesse sollten in jedem Unternehmen Standard sein. Eine wie auch immer ausgeartete „Hire and Fire“-Mentalität lehne ich ab. Im Optimalfall finanziert der Arbeitgeber dem entlassenen Angestellten eine Outplacement-Beratung. Sie eröffnet ihm neue berufliche Perspektiven und verhilft i. d. R. zeitnah zu einem neuen Job.

Unternehmen tun aber auch aus ganz eigennützigen Gründen gut daran, sich im Guten von Mitarbeitern zu trennen. Betriebswirtschaftlich gesehen verhindern Arbeitgeber so erfahrungsgemäß Prozesse vor Arbeitsgerichten und überhöhte Abfindungsforderungen. Auf diese Weise wollen sich, da erzähle ich Ihnen nichts Neues, viele Arbeitnehmer bei ihrem Ex-Arbeitgeber rächen. Beides kann Ihrem Unternehmen teuer zu stehen kommen.

Gleichzeitig beugen Sie mit einem wertschätzenden Offboarding oft schlechten Kommentaren auf Arbeitgeberbewertungsportalen und negativer Mundpropaganda vor. So werden Fachkräfte in Zukunft nicht von einer Bewerbung bei Ihrer Firma abgeschreckt, was in Zeiten des Fachkräftemangels Gold wert ist. Auch die verbleibenden Mitarbeiter können aufatmen, denn sie wissen: Ihr Arbeitgeber geht in schwierigen Situationen menschlich mit seinen Mitarbeitern um und versucht stets, eine für alle Seiten passende Lösung zu finden.

Oliver Saul

Oliver Saul
Geschäftsführer, index Gruppe
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· Artikel im Heft ·

Trennungsgespräche empathisch führen
Seite 34 bis 35
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