Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbar vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung (§ 4 Abs. 1 TzBfG).
Ein Unternehmen, das Notfallrettung betreibt und Krankentransporte durchführt, bezahlte seine fest angestellten Rettungsassistenten mit 17 Euro brutto pro Stunde. Sie werden – gleich ob teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt – in Dienstpläne eingeteilt und müssen pünktlich zum Dienst erscheinen, damit das Unternehmen seinem „Rettungsauftrag“ nachkommen kann. Außerdem beschäftigte das Unternehmen Rettungsassistenten, denen es lediglich 12 Euro brutto pro Stunde bezahlte. Mit ihnen war vereinbart, dass die durchschnittliche Arbeitszeit 16 Stunden pro Monat beträgt und der Mitarbeiter verpflichtet ist, sich aktiv um Schichten zu kümmern. Die geringfügig Beschäftigten werden nicht zu Diensten eingeteilt, sondern erhalten über WhatsApp Anfragen, ob sie bestimmte Dienste übernehmen wollen. Eine Verpflichtung, diese anzunehmen, besteht nicht. Sie können von sich aus Wunschtermine für Einsätze selbst benennen.
Ein geringfügig beschäftigter Rettungsassistent klagte auf den Differenzlohn i. H. v. 5 Euro brutto pro Stunde. Das Unternehmen rechtfertigte die unterschiedliche Vergütung damit, dass es eine Gruppe von Mitarbeitern, die nach Dienstplan arbeiten müssen und die zeitliche Lage ihrer Einsätze nicht frei wählen können (sog. hauptamtlich Beschäftigte), gebildet habe und eine Gruppe, die ihre Einsätze selbst wählen und planen könne und damit in ihrer Arbeitszeitgestaltung frei und flexibel sei (nebenberuflich Beschäftigte).
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Während das Gericht erster Instanz die Klage abwies, gab das LAG München dem Kläger recht. Es liege eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit vor, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten könne nur gerechtfertigt sein, wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt. Allein das unterschiedliche Arbeitspensum rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung nicht. Die Sachgründe müssen anderer Art sein, etwa auf
- Arbeitsleistung,
- Kommunikation,
- Berufserfahrung,
- unterschiedlichen Arbeitsplatzanforderungen oder
- der „sozialen Lage“
beruhen (ständige Rechtsprechung des BAG: vgl. Urt. v. 24.9.2003 – 10 AZR 675/02).
Unstreitig unterschied sich die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit nicht von der, die die hauptamtlich beschäftigten Rettungsassistenten ausüben. Auch die größere Planungssicherheit und der deutlich geringere Planungsaufwand durch die Einteilung der hauptamtlich Beschäftigten ist kein Differenzierungsgrund. Schließlich entspreche es dem Normalbild eines Arbeitsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer dem Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der Zeit der Arbeitsleistung unterliegt. Warum es notwendig sein soll, Arbeitnehmern, die dem Direktionsrecht unterliegen, eine höhere Vergütung zu zahlen als solchen, bei denen der Arbeitgeber auf die Ausübung des Weisungsrechts verzichtet, erschließe sich nicht (LAG München, Urt. v. 19.1.2022 – 10 Sa 582/21; Rev. eingelegt unter dem Az. 5 AZR 108/22).
Dr. Claudia Rid
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Problempunkt
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Gemäߧ 4 Abs. 1 TzBfG gilt:
„Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter