Verstoß gegen Clean Desk Policy rechtfertigt verhaltensbedingte Kündigung

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 Bild: Thomas/stock.adobe.com
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Eine Kreditsachbearbeiterin, deren Aufgabe die Wertermittlung von Immobilien war, arbeitete in einem Großraumbüro. Die Bank hatte eine Clean Desk Policy als Arbeitsanweisung veröffentlicht, wonach dafür Sorge zu tragen ist, dass schützenswerte oder geheime Informationen nicht durch Dritte eingesehen werden können. Insbesondere dürfen Ausdrucke mit vertraulichem Inhalt und Datenträger beim Verlassen des Arbeitsplatzes nicht offen liegen gelassen werden, sondern müssen in eine Schublade, einen Schrank oder dergleichen gesperrt werden und der Schlüssel für Schränke oder Rollcontainer darf nicht am Arbeitsplatz verbleiben. Die Sachbearbeiterin hielt sich mehrfach nicht an die Clean Desk Policy, weshalb sie in der Zeit von Dezember 2019 bis Dezember 2020 mehrfach ermahnt und auch abgemahnt wurde. Unter anderem am 22.7.2020 hatte das Unternehmen beanstandet, dass die Mitarbeiterin sensible Unterlagen auf ihrem Schreibtisch liegen gelassen habe, nämlich papierhafte Kreditakten und ausgedruckte E-Mails. Sie wurde darauf hingewiesen, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung drohe. Im November 2020 fand ein Umzug in neue Räumlichkeiten statt. Da die Arbeitnehmerin erkrankt war, räumte der Gruppenleiter mit ihrem Einverständnis ihren Schreibtisch auf und stellte dabei fest, dass in dem unverschlossenen Schreibtisch mehrere Markt- und Beleihungswertermittlungen und Prüfbögen mit den jeweiligen Kundendaten abgelegt waren. Daraufhin sprach das Kreditinstitut die ordentliche Kündigung aus.

Während die erste Instanz die Pflichtverletzung als nicht erheblich einstufte und der Kündigungsschutzklage daher stattgab, hielt das Sächsische LAG die Kündigung für rechtens (Urt. v. 17.4.2022 – 9 Sa 250/21). Die Klägerin hatte unstreitig gegen die Anweisung verstoßen, Unterlagen mit sensiblen Daten nicht unverschlossen im Schreibtisch aufzubewahren. Dabei handle es sich nicht um eine Nebenpflichtverletzung. Die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen des rechtmäßig ausgeübten Direktionsrechts, zu dem auch Arbeitsanweisungen zum Datenschutz gehören, ist Hauptleistungspflicht. Es lagen wiederholte Verstöße trotz einschlägiger Er- und Abmahnungen vor. Dies rechtfertigte die ordentliche Kündigung.

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Verstoß gegen Clean Desk Policy rechtfertigt verhaltensbedingte Kündigung
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