Wie wirken sich Flexibilitätseinschränkungen auf die Fluktuation in Unternehmen aus?

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 Bild: master1305/stock.adobe.com
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Die Flexibilität bzgl. der Arbeitszeit und des Arbeitsortes ist ein altbekannter Streitpunkt zwischen Arbeitgeber- und Beschäftigtenseite. Während erstere ihre Interessen regelmäßig mit Aspekten wie Produktivität, Innovation und Kontrolle begründen, legen letztere vor allem Wert auf Vereinbarkeit von Beruf und Privatem, möglichst kurze Arbeitswege bzw. Pendelzeiten sowie Vertrauen und Eigenverantwortung. Im vergangenen Jahr haben gleich mehrere namhafte Unternehmen ihre Regelungen zu Homeoffice und mobiler Arbeit geändert und die Belegschaft oftmals zur Rückkehr in das Büro angewiesen. Diese auch als „Return to Office“ (Stück/Salo AuA 3/24, S.22ff.) bekannte Praxis trifft nicht selten auf Kritik und kann vor allem in Zeiten von Arbeits- und Fachkräftemangel weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.

Arbeitgeberwechsel infolge einer verstärkten Präsenzpflicht

Eine aktuelle Untersuchung der International Workplace Group, einem Anbieter hybrider Arbeitslösungen, zeigt nun einen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Fluktuation in Unternehmen und dortigen Einschränkungen der Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort und die Arbeitsweise. Befragt wurden über 500 unternehmensinterne und externe Recruiter im Kontext der beschriebenen Ankündigungen zahlreicher Arbeitgeber zur Rückkehr zur Präsenzarbeit.

Den Angaben zufolge lehnen drei Viertel der Bewerber Stellen ab, für die kein hybrides Arbeitsmodell besteht. Zudem bevorzugt mehr als jeder Zweite Arbeitnehmer (55 %) es, seiner Tätigkeit entweder von einem flexiblen, lokalen Arbeitsplatz oder einem regionalen Büro aus nachzugehen. Mehr als jeder Dritte zieht bei einem Arbeitsplatzwechsel ausschließlich Stellen in Wohnortnähe in Betracht.

In 67 % der Unternehmen zeigte sich, dass der Wunsch der Beschäftigten nach einem Arbeitgeberwechsel ansteigt, wenn ihr aktueller Arbeitgeber, ihren verstärkten Einsatz an einem zentralen Standort anweist.

Entsprechend stellten 72 % der befragten Personalverantwortlichen fest, dass die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt derjenigen Unternehmen, die ihren Beschäftigten keinerlei hybride Arbeitsmodelle anbieten, abnimmt.

Der Hauptgrund, aus dem sie nicht täglich weite Strecken bis in das zentralgelegene Büro zurücklegen wollen, sind für 44 % der Arbeitnehmer die mit dem Pendeln verbundenen hohen Kosten. Auch wegen des erheblichen Zeitaufwandes ziehen es 40 % vor, nicht fünfmal pro Woche im Büro zu arbeiten. Als weiterer Grund wurde die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie (33 %) genannt.

„Arbeitssuchende wollen nicht mehr nur einen Gehaltsscheck, sondern die Freiheit, ihr Arbeitsumfeld zu gestalten. Die Nachfrage nach flexiblen und hybriden Arbeitsmodellen steigt rapide an und Arbeitgeber, die ihre Richtlinien nicht anpassen, riskieren, im Wettlauf um Talente ins Hintertreffen zu geraten. Bei der Flexibilität geht es nicht nur darum, wo man arbeitet – es geht darum, den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, die Kontrolle über ihre Zeit zu übernehmen und auf eine Weise zu arbeiten, die ihr Privat- und Berufsleben unterstützt“, ordnet Dr. Christoph Schneider, Regional Senior Vice President bei der International Workplace Group in Deutschland, ein.

55% sehen es positiv, wenn ihr Arbeitgeber die Tätigkeit von verschiedenen Orten aus gestattet. Allerdings gab ein Viertel an, nur von einem zentralen Ort aus effektiv arbeiten zu können und daher täglich dort präsent sein zu müssen.

Hybride Arbeitsmodelle mehr als nice to have

Auch eine weitere Umfrage zeigt, vor welchen Herausforderungen Arbeitgeber bei der Gestaltung ihrer Arbeitsmodelle aktuell stehen. Hierfür befragte die International Workplace Group Angestellte, die zurzeit im Rahmen der klassischen Präsenzpflicht arbeiten, also an fünf Tagen pro Woche im Büro vor Ort sein müssen.

Hier gaben 46 % an, sich aktiv auf Jobsuche zu befinden, um nicht mehr täglich lange Pendelzeiten in Kauf nehmen zu müssen. 63 % sehen zudem die Gefahr, dass ihr aktueller Arbeitgeber seine talentiertesten Mitarbeiter verliert.

„Flexibilität ist für Arbeitnehmer nicht mehr nur ein „Nice-to-have“. Viele werden keine neuen Stellen in Betracht ziehen, die lange tägliche Pendelwege erfordern. Sie wollen Zugang zu Arbeitsplätzen, die näher an ihrem Wohnort liegen, in einer Umgebung, die es ihnen ermöglicht, motiviert und produktiv zu bleiben“, sagt Mark Dixon, CEO und Gründer der International Workplace Group.

Redaktion (allg.)

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