1 Ergebnisse der Studie
Zur Studie „Agile Arbeit 2019 – Organisation, Führung und Arbeitsweise in einer digitalisierten Welt“ hatten sich über 100 deutsche Kapitalgesellschaften aus insgesamt 18 Branchenclustern zurückgemeldet. Ein Viertel der teilnehmenden Unternehmen entstammt den Clustern Informationstechnologie und Telekommunikation sowie Dienstleistungen – dies bildet ein klares Indiz dafür, dass agile Arbeitsmethoden in dem Bereich im besonderen Umfang Einzug gehalten haben. Auch hinsichtlich der Anzahl der Beschäftigten und der Größe nach Umsatz ergab sich eine gleichmäßige Verteilung.
Vorangetrieben wird die Einführung agiler Arbeitsmethoden im Wesentlichen von den CEOs, in drei Vierteln der befragten Unternehmen ist auch der Betriebsrat bereits in die Einführung agiler Arbeitsmethoden eingebunden. Die wesentlichen agilen Techniken sind
- das aus Japan stammende Verfahren Kanban (53 %) und
- das aus der Softwareentwicklung kommende Scrum (44 %).
Am meisten verbreitet sind diese Arbeitsmethoden in den Unternehmensbereichen, in denen es auf die Geschwindigkeit ankommt; dies betrifft vor allem IT, Produktentwicklung und Marketing.
Aus Sicht der Mitarbeiter ist die Einführung agiler Arbeitsmethoden nach den Ergebnissen der Studie überwiegend zu begrüßen, 59 % äußerten sich dahingehend. 34 % der Befragten gaben zudem an, dass die Anzahl der Großraumbüros gestiegen sei, 23 % erklärten, dass Desk-Sharing-Modelle praktiziert werden. Offenbar kommt es auch zu einer Erhöhung der Tätigkeiten im Homeofficebereich, diesbezüglich äußerten sich 16 % der Befragten.
Mit Blick in die Zukunft gehen 84 % der Befragten davon aus, dass agile Arbeitsmethoden eine noch höhere Wichtigkeit einnehmen und entsprechend ein wachsender Anteil der Arbeitsaufgaben agil erbracht werden wird.
Die auftretenden rechtlichen Themen lassen sich vielfach am einfachsten am Beispiel der agilen Methode Scrum erläutern (vgl. zum Thema auch Gloger, AuA 9/14, S. 531 ff.; Kissel/Mikus, AuA 1/16, S. 37 ff.; Winstel/Karsten, AuA 7/17, S. 400 ff.). Die Besonderheit dieser Arbeitsmethode liegt letztlich darin, dass sie ohne Weisungsverhältnisse auskommt. Der Product Owner ist Herr des Projekts. Er gibt aber das Ergebnis nicht in jedem Detail vor, sondern formuliert eine Vision des gewünschten Ergebnisses und teilt diese in einzelne Arbeitspakete –„User Stories“ –, die jeweils binnen kurzer Zeit bearbeitetund abgeschlossen werden sollen. Das Entwicklungsteam fertigt diese Pakete entsprechend der Priorisierung durch den Product Owner. Es bearbeitet die einzelnen Arbeitspakete völlig frei und organisiert sich selbst; alle Mitglieder sind gleichberechtigt. Nicht einmal der Product Owner darf in die Arbeit eingreifen. Der Scrum Master überwacht den formalen Ablauf. Er hat – quasi als freier Coach – darüber zu wachen, dass die Arbeit des Entwicklungsteams den Scrum-Regeln entsprechend abläuft und räumt Hemmnisse aus dem Weg. Zu Weisungen ist er allerdings auch nicht berechtigt, weder gegenüber dem Entwicklungsteam noch gegenüber dem Product Owner.
2 Beteiligung des Betriebsrats
Die überwiegende Anzahl der befragten Unternehmen setzt auf eine Einbindung des Betriebsrats bei der Einführung und in der Umsetzung agiler Arbeitsmethoden. Dies ist von einem rechtlichen Aspekt betrachtet der wahrscheinlich bestmögliche Ansatz.
Die Schwierigkeiten beginnen schon bei der Frage, ob bei der Zusammenarbeit verschiedener Mitarbeiter etwa in unternehmensübergreifenden Teams ein eigenständiger Betrieb entsteht oder nicht.
Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des BAG ist ein Betrieb eine „organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, wobei die in der Betriebsstätte vorhandenen Betriebsmittel von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden müssen“ (Beschl. v. 9.12.2009 – 7 ABR 38/08).
Werden nur Beschäftigte aus einem Betrieb für ein agiles Team herangezogen oder werden sie zumindest in einen Betrieb versetzt, um dort in einem agilen Team zu arbeiten, so ist die betriebsverfassungsrechtliche Lage klar. Im erstgenannten Fall bleibt der Betriebsrat schlicht zuständig, im zweitgenannten wird das Gremium im aufnehmenden Betrieb zuständig.
3 Matrixstrukturen
Problematisch sind demgegenüber solche Situationen, in denen der in einem agilen Projekt tätige Mitarbeiter nicht in einen bestehenden Betrieb integriert wird. Hier kann es zur Entstehung von Matrixstrukturen kommen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn in einem entsprechenden Projekt Weisungsbefugnisse von solchen Arbeitnehmern ausgeübt werden, die einem anderen Unternehmen angehören.
Jedenfalls dann, wenn Beschäftigte nur mit einem bestimmten Anteil ihrer individuellen Arbeitszeit in einem agilen Projekt tätig sind, wird typischerweise nur das fachliche Weisungsrecht auf ein Mitglied des Projektteams übertragen, ohne dass hiermit auch das disziplinarische Weisungsrecht übergeht; dieses verbleibt dann regelmäßig beim „Stamm“-Vorgesetzten. Soll der fachlich weisungsbefugte Mitarbeiter auch disziplinarisch verantwortlich sein, ist eine entsprechende Vollmacht zu erteilen.
Bei unternehmensübergreifenden Matrixorganisationen stellt sich zudem häufig die Frage, ob ein gemeinsamer Betrieb vorliegt, für den auch nur ein gemeinsamer Betriebsrat zuständig wäre. Das BAG geht insoweit davon aus, dass ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen dann besteht, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (Beschl. v. 23.11.2016 – 7 ABR 3/15). Das setzt voraus, dass sich die Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, die sich auf die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten erstreckt.
Sofern in einem agilen Projektteam Weisungsrechte ausgeübt werden, kann von einem gemeinsamen Betrieb auszugehen sein. Fehlt es demgegenüber an Weisungsverhältnissen, wie im obigen Beispiel der agilen Arbeitsmethode Scrum, so kann auch kein gemeinsamer Betrieb bestehen. Konsequent zu Ende gedacht, wäre der Arbeitnehmer, der ausschließlich einem derartigen Team zugeordnet ist, keinem Betrieb angehörig.
4 Zuständigkeiten
In einer solchen Situation ist es wesentlich, für alle Beteiligten klare Spielregeln festzulegen; dies umfasst auch die Frage, welcher Betriebsrat in welchen Fällen zu beteiligen ist. Soweit mehrere Gremien als zuständig in Betracht kommen, sollten in wichtigen Fällen, wie bei einem Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG, alle in Betracht kommenden Betriebsräte beteiligt werden.
Allein das Bestehen einer Matrix rechtfertigt nicht die Zuständigkeit des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrats. Nur soweit betriebs- oder unternehmensübergreifender Regelungsbedarf besteht, sind diese zuständig.
Im Kern muss man daher sagen, dass die in der Studie zum Ausdruck kommende enge Einbindung der Arbeitnehmervertretungen durchaus sinnvoll ist. Nur so lässt sich sicherstellen, dass zumindest zwischen den betrieblichen Sozialpartnern ein gemeinsames Verständnis dafür erzeugt wird, welcher Betriebsrat in welchem Fall tatsächlich zuständig sein soll. Dies mag am Ende des Tages nicht juristisch zuständigkeitsbegründend wirken. Jedenfalls aber kann man hierdurch ausschließen, dass es zwischen den Sozialpartnern zu Streitigkeiten über diese Sachverhalte kommen könnte, die dann in einem Verfahren nach § 23 BetrVG münden.
Darüber hinaus ist natürlich zu beachten, dass agile Arbeitsmethoden letztlich im Wesentlichen eine Form der Gruppenarbeit darstellen; dementsprechend besteht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG.
Schließlich existieren auch Unternehmen, in denen flächendeckend agile Arbeitsformen eingeführt werden. Hier ist daran zu denken, dass derartige Vorgänge potenziell auch eine Mitbestimmung nach § 111 BetrVG (Betriebsänderung) auf Abschluss eines Interessenausgleichs begründen können.
5 Einbindung von Drittkräften
Als ein weiteres, von 17 % der Befragten in den Vordergrund gestelltes Thema zeigt sich die Einbindung von Drittkräften. Neben der, unter dem Gesichtspunkt des Gewährleistungsrechts ohnehin schwierigen Gestaltung agiler Projektverträge, ergibt sich für Arbeitsrechtler das Problem der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Drittkräfteeinsatzes. Beim Zusammenwirken mehrerer Unternehmen in agilen Projekten stellt sich vielfach die Frage, ob es sich um eine dienst- bzw. werkvertragliche Gestaltung oder aber um eine verdeckte Form der Arbeitnehmerüberlassung handelt.
Speziell bei der agilen Arbeitsmethode Scrum gibt es letztlich keine Weisungsverhältnisse wie in einer traditionellen Unternehmensorganisation, vielmehr arbeitet sie ohne Hierarchien. Sowohl mit Blick auf das Sozialversicherungsrecht beim Einsatz von Freelancern als auch im Hinblick auf das Arbeitnehmerüberlassungsrecht stellt aber gerade dieses Kriterium der arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnis das wesentliche Unterscheidungskriterium dar. Es besteht ein schwer kalkulierbares sozialversicherungsrechtliches Risiko, da die handelnden Behörden und ebenso die entscheidungsberufenen Gerichte typischerweise davon ausgehen, dass jede Einbindung von Drittkräften, die nicht klar einem Werkvertrag zuzuordnen ist, im Zweifel als Arbeitsverhältnis anzusehen ist. Die einfachste Lösung dieses Themas – der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags – ist demgegenüber von den handelnden Freelancern typischerweise nicht gewollt.
Ob und inwieweit die Sozialversicherungsträger in einer solchen Situation bereit sein werden, das Kriterium der wirtschaftlichen Abhängigkeit – welches typischerweise nicht vorliegt – als maßgeblich zu betrachten, ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Aus der eigenen Praxis lässt sich insoweit nur berichten, dass die Diskussionsbereitschaft der betreffenden Behörden limitiert, aber vorhanden ist.
6 Arbeitnehmerüberlassung und Freelancer
Auch mit Blick auf eine mögliche verdeckte Arbeitnehmerüberlassung bestehen in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Tatsächlich werden agile Projektverträge zumeist in Form von Dienstverträgen geschlossen. Dies hat den Hintergrund, dass man vielfach zu Beginn eines agilen Projekts noch gar kein detailliertes Leistungsverzeichnis erstellen kann. Es ist lediglich klar, welches – i. d. R. allgemein gehaltene – Ergebnis erzielt werden soll.
Ohne eine klare Abgrenzung des Leistungsgegenstands aber ist es regelmäßig nicht möglich, eine werkvertragliche Vereinbarung zu schließen. Selbst wenn ein Vertrag als Werkvertrag bezeichnet wird, enthält dieser in der Praxis selten auch werkvertragliche Gewährleistungsrechte. In rein praktischer Hinsicht führt dies dazu, dass prüfende Behörden häufig vom Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ausgehen, ohne dass dies in rechtlicher Hinsicht Substanz hätte.
Insbesondere beim Einsatz von Fremdpersonal oder von Freelancern sind zudem die Vorgaben des Datenschutzrechts und des Geheimnisschutzgesetzes zu bedenken.
Auch bei Fremdpersonal ist es die Verantwortlichkeit des auftraggebenden Unternehmens, durch geeignete Maßnahmen die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung und Einhaltung des Datenschutzes sicherzustellen. Denn es ist „Verantwortlicher“ der Datenverarbeitung gem. Art. 4 Nr. 7 DSGVO und als solcher auch potenziell Adressat hoher Bußgelder gem. Art. 83 Abs. 4 u. 5 DSGVO.
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Besondere Herausforderungen in agilen Projektteams bringt das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz mit sich (vgl. dazu auch Schmid/Willems, AuA 2/19, S. 88 ff.). Nach diesem ist per Definition nur noch dann von einem Geschäftsgeheimnis auszugehen, wenn eine derartige Information Gegenstand angemessener Schutzmaßnahmen ist. Neben einer eindeutigen und das zu schützende Geheimnis trennscharf umreißenden vertraglichen Geheimhaltungsvereinbarung sind auch physische Sicherungsmaßnahmen erforderlich.
Agile Arbeitsmethoden setzen vielfach den schnellen Fluss von Informationen voraus; es ist daher ein besonderes Augenmerk auf entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu legen (zumal eingesetztes Fremdpersonal typischerweise für eine Vielzahl von Unternehmen eingesetzt wird).
7 Agile Arbeit und Arbeitsschutz
Neben den rechtlichen Schwierigkeiten, die sich aus der Funktionsweise agiler Arbeitsmethoden ergeben, hat die Studie gezeigt, dass viele Begleiterscheinungen der agilen Arbeit rechtliche Herausforderungen in sich bergen.
16 % der befragten Unternehmen gaben an, dass es vermehrt zu Schnittstellenthemen im Bereich Homeoffice kommt. Mit diesem Trend ergibt sich eine Reihe juristischer Themen, die individual- oder kollektivvertraglich aufgelöst werden können.
Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere an die Frage, unter welchen Umständen das Recht des Mitarbeiters, im Homeoffice zu arbeiten, widerruflich ist. Auch ist zu beachten, dass – um eine ideale Zusammenarbeit zu gewährleisten – geklärt sein muss, zu welchen Zeiten der Arbeitnehmer erreichbar ist. Vielfach stellt sich nämlich die Schwierigkeit, dass er die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, mit der Erwartungshaltung verbindet, er sei auch in der Disposition über die zeitliche Lage der Arbeitsleistung vollkommen frei. Jedenfalls in den Bereichen, in denen es auf die Kommunikation unterschiedlicher Beschäftigter untereinander ankommt, sind klare Regelungen erforderlich. In arbeitsschutzrechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass auch ein Homeoffice eine Arbeitsstätte i. S. d. Arbeitsstättenverordnung darstellt, wenn die Voraussetzungen von § 2 Abs. 7 ArbStättV vorliegen. Konsequenz ist, dass der Arbeitgeber den Homeoffice-Arbeitsplatz begehen und einer Gefährdungsbeurteilung unterziehen muss. Beim bloßen mobilen Arbeiten ist dies demgegenüber nicht der Fall; hier ist es ausreichend, wenn das Unternehmen allgemein dafür Sorge trägt, dass von den verwendeten Arbeitsmitteln keine Gefahren ausgehen.
8 Arbeitszeit
Die Studie hat ergeben, dass man agile Arbeitsmethoden in erster Linie in solchen Bereichen einsetzt, wo unter erheblichem Zeitdruck Lösungen gefunden werden müssen. Für 50 % der Unternehmen liegt in der Beschleunigung von Prozessen der wesentliche Mehrwert des Einsatzes dieser Methoden. Eine Begleiterscheinung der Ergebnisse liegt darin, dass typischerweise relativ lange Arbeitszeiten bestehen.
Mitarbeiter in agilen Projektteams legen zudem typischerweise erheblichen Wert darauf, dass sie im Wesentlichen frei über ihre Arbeitszeit disponieren können. Für Arbeitsrechtler bringt dies die Herausforderung mit sich, dass bestehende individualvertragliche Abreden sowie Normen aus Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen mit diesen Erscheinungsformen agiler Arbeit harmonieren müssen. In einem anlässlich der Studie geführten Interview mit der Gewerkschaft ver.di kommt zum Ausdruck, dass bei ihr das Vermeiden von Überlastsituationen bei den Arbeitnehmern im Fokus der Überlegungen zum Umgang mit agilen Arbeitsmethoden steht. Darüber hinaus sind auch die Vorgaben des ArbZG zu beachten.
9 Gesichtspunkt Arbeitsvertrag
Auch mit Blick auf den Arbeitsvertrag ergeben sich erhebliche Herausforderungen bei der Gestaltung agiler Arbeitsmethoden. Verklausuliert findet sich dies im Studienergebnis wieder, wo sowohl das Nachweisgesetz als auch das Direktionsrecht als Problemschwerpunkte identifiziert wurden. Hierunter verbirgt sich eine bunte Mischung verschiedener Themenkreise.
Zunächst stellt sich vielen Arbeitgebern die Frage, ob man einen Beschäftigten per Direktionsrecht einem agilen Team zuweisen kann. Dies setzt voraus, dass dieser die konkret im agilen Team zu erbringenden Tätigkeiten gemäß seinem Arbeitsvertrag schuldet. Die genau zu erbringende Arbeit in einem Scrum-Team steht allerdings zum Projektstart noch gar nicht fest.
Ist die Tätigkeit wesentlich von der bisherigen abweichend und eine Versetzung erforderlich, so spiegelt sich dieses Problem auch in der Versetzungsanhörung wider. Nicht zu Unrecht steht für 43 % der befragten Unternehmen die Regelung agilen Arbeitens durch Betriebsvereinbarungen im Fokus. Nur in Absprache mit den beteiligten Gremien lassen sich die o. g. Schwierigkeiten vermeiden.
Hinsichtlich der Vergütung stellen sich verschiedene Themenkreise: Ist eine Versetzung erforderlich, so ist zu ermitteln, ob sich hierdurch auch die tarifliche Eingruppierung ändert. Vor dem Hintergrund, dass es – soweit ersichtlich – keine Tarifverträge gibt, die eine spezifische Vergütungsgruppe für agile Arbeitsmethoden kennen, bestehen hier erhebliche Beurteilungsschwierigkeiten.
Wenn Arbeitsverträge auch einen variablen Gehaltsbestandteil vorsehen, ist bei dessen Ausgestaltung zu beachten, dass er zur agilen Arbeitsmethode passt. Gerade im erläuterten Beispiel Scrum können nur schwer andere als Gruppenziele gesetzt werden. Andernfalls würde die Selbstorganisation des Teams behindert; auf diese kommt es zur Durchführung eines Scrum-Projekts aber zwingend an.
10 Fazit
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, wo die praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung agiler Arbeitsmethoden im Unternehmen liegen. In vielerlei Hinsicht muss man – so unschön das auch ist – zu dem Ergebnis kommen, dass das deutsche Arbeitsrecht nur eingeschränkt in der Lage ist, aus sich heraus Lösungen für die auftretenden Themen anzubieten. Selbst dort, wo diese nicht rechtlich begründet sind, ergibt sich vielfach durch die Handhabung des Rechts durch beteiligte Behörden ein schwieriges Arbeitsumfeld.
Dennoch schätzen die an der Studie beteiligten Arbeitgeber die Effekte der agilen Arbeitsmethode so sehr, dass sie Lösungen zu diesen rechtlichen Fragestellungen in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und deren Vertretungen anstreben. Bei näherer rechtlicher Betrachtung zeigt sich, dass sich durch die kreative Gestaltung der juristischen Rahmenbedingungen Ergebnisse erzielen lassen, die agile Arbeit lebbar machen. In diesem Sinne ist aus meiner Sicht auch die Eingangsfrage„Wir arbeiten jetzt agil – hurra?“ zu beantworten: „Wir arbeiten jetzt agil – hurra!“
Paul Schreiner

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