Aus gegebenem Anlass musste sich das BAG wieder einmal mit der Normwirkung von Betriebsvereinbarungen befassen (BAG, Beschl. v. 25.2.2020– 1 ABR 39/18, AuA 1/21, S. 58 und Urt. v. 13.10.2021 – 10 AZR 729/19).
Betriebsvereinbarungen werden zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber abgeschlossen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).
Sie gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig (§ 77 Abs. 4 Satz 1 und 2 BetrVG).
Die Entscheidungen des BAG
Hinsichtlich der Normenwirkung von Betriebsvereinbarungen hat das BAG in den genannten Entscheidungen vom 13.10.2021 und 25.2.2020 (a. a. O.) inhaltsgleich festgestellt: „Dem Betriebsverfassungsgesetz liegt eine auf die Organisationseinheit des Betriebs bezogene Normwirkung von Betriebsvereinbarungen zugrunde.“ (BAG, Urt. v. 13.10.2021, Rn. 45; BAG, Beschl. v. 25.2.2020,Rn. 23).
Hierbei hat der Gesetzgeber trotz der Regelungen in §§ 50 Abs. 1 und 58 Abs. 1 BetrVG sprachlich nicht zwischen Einzel-, Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen unterschieden, sondern stets den Begriff der „Betriebsvereinbarung“ verwendet.
Deren Bezugsobjekte sind damit ungeachtet der sie jeweils schließenden Parteien immer die einzelnen Betriebe.
Somit regeln auch „Gesamtbetriebsvereinbarungen“ und „Konzernbetriebsvereinbarungen“ ausschließlich betriebliche Angelegenheiten einzelner oder mehrerer Betriebe des Unternehmens oder Konzerns. Dies gilt also auch dann, wenn z. B. eine Betriebsvereinbarung zwischen Unternehmen und Konzernbetriebsrat abgeschlossen wird.
Soweit z. B. § 58 Abs. 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat hierfür eine Zuständigkeit vermittelt, hat dies nicht zur Folge, dass aus der zu regelnden Angelegenheit eine solche des „Konzerns“ wird (BAG v. 25.2.2020, a. a. O., Rn. 23).
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Der Betriebsbegriff
Dem BetrVG liegt eine auf die Organisationseinheit des Betriebs bezogene Normwirkung von Betriebsvereinbarungen zugrunde (BAG, Urt. v. 13.10.2021, Rn. 45 sowie BAG v. 25.2.2020, a. a. O., Rn. 23). Deshalb können Arbeitnehmer Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen nur ableiten, wenn sie dem jeweiligen Betrieb zuzuordnen sind, für den die jeweilige Betriebsvereinbarung abgeschlossen wurde.
Da es keinen gesetzlichen Betriebsbegriff gibt, ist diesbzgl. jeweils auf den Betriebsbegriff abzustellen, der von der Rechtsprechung und der Literatur herausgearbeitet wurde. Es gilt für das BetrVG ein eigener Betriebsbegriff. Hierbei hat sich die Begriffsbestimmung am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Betriebsräte brauchen „Arbeitnehmernähe“ und „Entscheidungsnähe“. Der Betriebsrat muss dort installiert werden, wo die mitbestimmungsrelevanten Entscheidungen zu treffen sind und auch durchgeführt werden.
An diesen Betriebsbegriff ist dann auch die Normenwirkung der jeweiligen Betriebsvereinbarung anzulegen, aus der Arbeitnehmer Ansprüche ableiten können.
Dr. jur. Günter Schmitt-Rolfes
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