Meinung: Bürokratieentlastung – macht die Ampel Ernst?

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Dr. Alexander Bissels, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Bild: Julius Hatt for HRM Institute GmbH & Co. KG
Dr. Alexander Bissels, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Bild: Julius Hatt for HRM Institute GmbH & Co. KG

„[W]irtschaftliche und soziale Potentiale unseres Landes zu heben und Bremsmechanismen zu beseitigen“, ist laut den am 30.8.2023 vom Bundeskabinett verabschiedeten Eckpunkten Ziel des angestrebten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV). Insbesondere das Arbeitsrecht bedürfte dringend der bürokratischen „Entrümpelung“. Der gesetzgeberische „Treppenwitz“ ist noch in guter Erinnerung, als bei der Anpassung des NachwG an europarechtliche Vorgaben mit Wirkung zum 1.8.2022 die elektronische Form des Nachweises weiterhin ausgeschlossen blieb.

Welche arbeitsrechtliche Relevanz hat nun das Eckpunktepapier? Schriftformerfordernisse sollen aufgehoben werden. Um den digitalen Rechtsverkehr zu fördern, soll im BGB die elektronische Form oder – soweit geeignet – die Textform als Regelform ausgestaltet werden. Diese soll nur noch als Ersatzform für die elektronische Form beibehalten werden. Soweit Schriftformerfordernisse fortgelten oder die Schriftform als Ersatzform gewählt wird, sollen digitale Technologien als Unterstützung und Brückentechnologie eingesetzt werden können, soweit dies sachgerecht und angemessen ist. Den Besonderheiten des Arbeitsrechts wird dabei Rechnung getragen. Ob davon auch die bislang vorgesehene strenge Schriftform (unter Ausschluss der elektronischen Form) für Kündigung und Aufhebungsvertrag nach § 623 BGB erfasst werden soll, bleibt offen. Da im Eckpunktepapier exemplarisch nur das Vereins-, Schuld- und Mietrecht genannt werden, dürften Zweifel daran bestehen – auch wegen des Hinweises auf die „Besonderheiten des Arbeitsrechts“.

Konkreter wird es mit Blick auf das NachwG. Es soll eine Regelung geschaffen werden, nach der die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Entsprechendes soll für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge bei Anpassung wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Immerhin: Das Versäumnis der letzten Änderung des NachwG wird (endlich) korrigiert. Aber natürlich keine Regel ohne eine die Sache verkomplizierende Ausnahme: Von den Änderungen sollen die in § 2a Abs. 1 SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereiche und -zweige nicht erfasst werden.

Für die Regelung zur Erteilung von Arbeitszeugnissen soll ebenfalls die elektronische Form ermöglicht werden. Warum hier nicht direkt die Textform gewählt wird, bleibt offen. Das ArbZG und das JArbSchG sollen mit dem Ziel angepasst werden, dass die jeweiligen Aushangpflichten auch erfüllt werden, wenn der Arbeitgeber die geforderten Informationen über die im Betrieb oder in der Dienststelle übliche Informations- und Kommunikationstechnik elektronisch zur Verfügung stellt, sofern alle Beschäftigten freien Zugangzu den Informationen haben. Warum die Erleichterungen nur für diese Gesetze gelten sollen, bleibt offen.

Das Schriftformerfordernis im BEEG für Anträge auf Arbeitszeitverringerung und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit soll durch die Textform ersetzt werden – es geht doch!

Das Eckpunktepapier ist mit Blick auf das Arbeitsrecht lediglich ein guter Anfang. Wesentliche Erleichterungen sind für Unternehmen mit den geplanten Änderungen nicht verbunden – kein großer entbürokratisierender Wurf, zumal die Regelungen auf halber Strecke stehenbleiben und von verkomplizierenden Ausnahmen durchsetzt sind. Wesentliche reformbedürftige Bereiche bleiben unberücksichtigt – man denke nur an die Modernisierung des BetrVG und die Digitalisierung der Betriebsratsarbeit.

Der Weg ist noch weit, auch im Arbeitsrecht echte bürokratische Entlastung zu bewirken. Wenn Bürokratieabbau, dann aber bitte richtig – auch und insbesondere im Arbeitsrecht!

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