Aufhebung und Beendigung einer personellen Maßnahme
Problempunkt
Das BAG musste in diesem Beschluss darüber entscheiden, ob eine Versetzung eines Arbeitnehmers in einen Arbeitsbereich ohne Beteiligung des Betriebsrats und anschließender Übertragung dieses Arbeitsbereichs auf ein anderes Unternehmen der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt.
Der Arbeitgeber und der Betriebsrat stritten in dieser Entscheidung über die Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme. Infolge einer Umorganisation des Betriebs schaffte der Arbeitgeber einen neuen Arbeitsbereich, dem er mehrere Arbeitnehmer zuordnete. Der Betriebsrat wurde bei der Schaffung des neuen Arbeitsbereichs sowie bei der Zuordnung der Arbeitnehmer nicht beteiligt. Anschließend übertrug der Arbeitgeber den neu gebildeten Arbeitsbereich im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung auf ein neues Unternehmen. Der Betriebsrat beantragte die Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme. Er hatte die Auffassung vertreten, dass es sich um eine mitbestimmungspflichtige Versetzung gehandelt habe, bei der er nicht beteiligt wurde. Auch die Ausgliederung auf ein anderes Unternehmen stünde einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht entgegen, da der Mitarbeiter wegen der mitbestimmungswidrigen Versetzung gar nicht wirksam in den ausgegliederten Arbeitsbereich versetzt wurde. Folglich sei das Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Arbeitgeber übergegangen. Das ArbG München hat den Anträgen stattgegeben, das LAG München (4TaBV39/20) wies diese ab.
Entscheidung
Das BAG hat entschieden, dass die Zuordnung zu dem neu gebildeten Arbeitsbereich eine Versetzung i.S. d. §§ 99 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 2 BetrVG darstellt, die grundsätzlich der Zustimmung des Betriebsrats bedarf. Allerdings habe diese personelle Einzelmaßnahme mit der Ausgliederung des neu gebildeten Bereichs auf einen anderen Arbeitgeber geendet. Der Betriebsrat könne daher nicht die Aufhebung der Maßnahme verlangen. Nach der Auffassung des BAG haben Entscheidungen im Aufhebungsverfahren nur Wirkung für die Zukunft. Ein Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG sei jedenfalls dann unbegründet, wenn die Einzelmaßnahme geendet hat. Durch die Ausgliederung des Arbeitsbereichs auf ein anderes Unternehmen gehöre dieser Arbeitsbereich allerdings nicht mehr dem Betrieb an, weswegen auch die personelle Einzelmaßnahme geendet habe. Auch ein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG scheide aus, da nicht ersichtlich sei, dass die Arbeitgeberin künftig weitere Versetzungen in diesem Arbeitsbereich vornehmen werde, da dieser Arbeitsbereich auf ein anderes Unternehmen übertragen wurde.
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Konsequenzen
Diese Entscheidung reiht sich in die bisherige BAG-Rechtsprechung ein. Bereits mit Beschluss vom 25.4.2018 (7 ABR 30/16) hat das BAG entschieden, dass ein Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG unbegründet ist, wenn die personelle Einzelmaßnahme geendet hat.
Praxistipp
Die Rechtsprechung des BAG, wonach ein Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG unbegründet ist, wenn die personelle Einzelmaßnahme geendet hat, hat sich durch die vorliegende Entscheidung verfestigt. Eine Rechtsprechungsänderung ist nicht zu erwarten. Entsprechende Anträge des Betriebsrats dürften in vergleichbaren Konstellationen in der Zukunft damit keine Aussicht auf Erfolg haben. Noch nicht ganz geklärt dürfte allerdings die Frage sein, ob eine personelle Einzelmaßnahme etwa endet, wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Matrixstruktur zumindest faktisch in einem anderen Betrieb eingegliedert wird.
Dr. Johannes Oehlschläger
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