Keine Abfindung bei abgelehnter Weiterbeschäftigung

Es ist nicht zu beanstanden im Sozialplan Arbeitnehmer von der Zahlung einer Abfindung auszuschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen.

(redaktioneller Leitsatz)

LAG Köln, Urteil vom 4. Dezember 2000 – 8 Sa 914/00 § 112 BetrVG

1106
Bild: Stefan-Yang / stock.adobe.com
Bild: Stefan-Yang / stock.adobe.com

Problempunkt

In der Praxis müssen die Betriebspartner bei der Vereinbarung eines Sozialplans zum Interessenausgleich häufig unter Zeitdruck versuchen, möglichst alle denkbaren Einzelfälle zu berücksichtigen. Auf Grund mangelnder Vorgaben des Gesetzgebers müssen bei der Gestaltung des Inhalts neben dem Gleichbehandlungsgrundsatz vor allem die dazu ergangene Rechtsprechung des BAG beachtet werden. Im vorliegenden Fall enthielt der von den Betriebsparteien abgeschlossene Interessenausgleich u. a. folgende Regelung: "Allen von der Umstrukturierung betroffenen Mitarbeitern wird unter Anerkennung ihrer bisherigen Beschäftigungsjahre ... ein Angebot unterbreitet, in die ... - Gesellschaft .... zu wechseln. Ein entsprechendes Angebot ist den betreffenden Mitarbeitern in detaillierter Form schriftlich zu unterbreiten (entsprechend § 2 NachweisG). ..." Der Sozialplan enthielt die Regelung, dass von dem Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan die Mitarbeiter ausgeschlossen sind, welche ein Weiterbeschäftigungsangebot abgelehnt haben. Eine Beschäftigte, welche die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit definitiv abgelehnt hatte und der deshalb kein schriftliches Angebot unterbreitet wurde, verlangte die Auszahlung der sich aus dem Sozialplan ergebenden Abfindungssumme.

Entscheidung

Das LAG bejahte den Anspruch der Klägerin. Entscheidend war der Umstand, dass die Klägerin ihre Haltung letztmalig in einem Gespräch kundtat, welches vor dem Abschluss des Sozialplans stattfand. Die Vereinbarung im Sozialplan, wonach die Ablehnung eines Weiterbeschäftigungsangebots den Ausschluss von Abfindungszahlungen zur Folge hat, hielten die Kölner Richter für zulässig (vgl. in diesem Sinne auch BAG, Urt. v. 19.6.1996 – 10 AZR 23/96, AuA 6/97, S. 202).

Wann hat der Betriebsrat ein Informations-, Mitbestimmungs- und Beteiligungsrecht? Wie sieht der richtige Umgang mit Einigungsstellen und arbeitsgerichtlichen Verfahren mit Beteiligung von Betriebsräten aus? Jetzt anmelden zur HR-Zertifizierung!

Konsequenzen

Im Sozialplan lässt sich festlegen, dass eine Abfindungszahlung ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer ein Weiterbeschäftigungsangebot ablehnt. Beruft sich der Arbeitnehmer darauf, dass ein solches Angebot nicht unterbreitet worden sei, kann dies gegen Treu und Glauben verstoßen und ihm daher nicht nützlich sein, wenn er es von sich aus in allgemeinen Gesprächen über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten kategorisch abgelehnt hat, ein derartige Offerte anzunehmen. Dem Arbeitnehmer müssen zu diesem Zeitpunkt allerdings die Auswirkungen seiner Ablehnung für den Abfindungsanspruch bewusst gewesen sein. Dies setzt voraus, dass der die Ausschlussnorm enthaltende Sozialplan im Zeitpunkt der ablehnenden Erklärung des Arbeitnehmers bereits abgeschlossen ist.

Praxistipp

In einem Interessenausgleich zu vereinbaren, dass den betroffenen Mitarbeitern ein schriftliches Weiterbeschäftigungs- bzw. Vermittlungsangebot unterbreitet wird, ist grundsätzlich richtig. Entsprechende Angebote sollten dann auch tatsächlich auf dem Papier erfolgen – unabhängig davon, ob seitens des Beschäftigten wiederholt eine ablehnende Erklärung abgegeben wurde. Zwar hat das LAG Köln zu Recht ausgeführt, dass bei kategorischer Ablehnung des Arbeitnehmers ein Berufen auf die Nichtabgabe einer Wiedereinstellungsofferte gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen kann, jedoch sollte bis zur höchstrichterlichen Klärung sicherheitshalber auf ein schriftliches Angebot nicht verzichtet werden. Zur Beweissicherung ist empfehlenswert, sich den Empfang des Angebots bestätigen zu lassen.

RA Wolf-Dieter Rudolph, Berlin

Redaktion (allg.)

· Artikel im Heft ·

Keine Abfindung bei abgelehnter Weiterbeschäftigung
Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Herausforderung für HR und Unternehmensleitung

Die Dotierung des Sozialplanvolumens stellt HR-Verantwortliche regelmäßig vor große

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Zusammenspiel von Interessenausgleich und Sozialplan

Im Falle des Tatbestands einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG hat der Arbeitgeber den

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Der klagende Arbeitnehmer begehrt die Zahlung von Schadensersatz wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Ausgangslage und Problemstellung

Gelegentlich besteht die Auffassung, der längerfristig erkrankte Mitarbeiter könne wenigstens doch

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis des bei ihr als Schlosser beschäftigten Klägers zum 30.9.2015 gekündigt. Die

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Die beklagte Arbeitgeberin ist ein Handels- und Vertriebsunternehmen mit einem Betrieb in C-Stadt, in dem die Klägerin im