Nicht vollständig unterschriebene Kündigung

1. Für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform einer Kündigung ist es erforderlich, dass der Kündigende die Kündigung unterzeichnet.

 

2. Wird die Kündigung durch einen Vertreter unterschrieben, muss dies in der Kündigung durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen.

 

3. Sind in dem Kündigungsschreiben einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) alle Gesellschafter sowohl im Briefkopf als auch maschinenschriftlich in der Unterschriftszeile aufgeführt, so reicht es zur Wahrung der Schriftform nicht aus, wenn lediglich ein Teil der GbR-Gesellschafter ohne weiteren Vertretungszusatz das Kündigungsschreiben handschriftlich unterzeichnet.

(Leitsätze des Bearbeiters)

BAG, Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 162/04 §§ 125 Satz 1, 126 Abs. 1, 164, 623, 709 ff. BGB

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Bild: Kzenon/stock.adobe.com
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Problempunkt

In dem vom BAG entschiedenen Fall haben sich die Parteien darüber gestritten, ob die Kündigung durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nur dann formwirksam ist, wenn auch alle Gesellschafter das Kündigungsschreiben unterschrieben haben. Die Arbeitnehmerin war seit dem 1.11.2001 als Zahntechnikerin in einer Gemeinschaftspraxis dreier Zahnärzte, die diese in der rechtlichen Form einer GbR betrieben haben, beschäftigt. Mit Schreiben vom 26.4.2002, also vor Ablauf der Sechsmonatsfrist und damit vor dem Eingreifen des gesetzlichen Kündigungsschutzes (§ 1 Abs. 1 KSchG ), erhielt sie eine ordentliche Arbeitgeberkündigung zum 10.5.2002. In dem Kündigungsschreiben waren zwar die Namen aller drei Zahnärzte maschinenschriftlich aufgeführt. Es war aber nur von zwei Zahnärzten unterschrieben. Über dem aufgeführten Namen des dritten Zahnarztes fehlte die Unterschrift. Die Arbeitnehmerin hat zunächst eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erhoben und gleichzeitig einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht. Nachdem sie anschließend eine Eigenkündigung zum 30.9.2002 erklärt hat, hat sie die beklagte GbR auf Zahlung des Annahmeverzugslohns in Anspruch genommen.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen, das LAG München die hiergegen gerichteten Berufung zurückgewiesen. Beide Gerichte haben sich auf den Standpunkt gestellt, das Kündigungsschreiben sei trotz der fehlenden dritten Unterschrift als wirksam anzusehen, weil die Kündigung erkennbar namens der Gemeinschaftspraxis ausgesprochen worden sei. Vor dem BAG hatte die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst aufgrund der Eigenkündigung der Arbeitnehmerin mit dem 30.9.2002 sein Ende gefunden hat und auf Zahlung des Annahmeverzugslohns bis zu diesem Zeitpunkt Erfolg.

Der Zweite Senat hat klargestellt, dass die Unterzeichnung der Kündigung durch den Kündigenden Wirksamkeitsvoraussetzung für die Einhaltung der notwendigen Schriftform (§ 623 BGB) ist. Wird die Kündigung durch einen Vertreter unterschrieben, muss dies durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Sind in dem Kündigungsschreiben einer GbR alle Gesellschafter sowohl im Briefkopf als auch maschinenschriftlich in der Unterschriftszeile aufgeführt, so reicht es zur Wahrung der Schriftform nicht aus, wenn lediglich ein Teil der GbR-Gesellschafter ohne weiteren Vertretungszusatz handschriftlich unterzeichnet. Eine solche Kündigungserklärung enthält keinen hinreichend deutlichen Hinweis darauf, dass es sich nicht lediglich um den Entwurf eines Kündigungsschreibens handelt, der versehentlich von dem übrigen Gesellschafter noch nicht unterzeichnet ist.

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Konsequenzen

§ 623 BGB schreibt vor, dass die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung der Schriftform bedarf. Um der Formvorschrift gerecht zu werden, ist es u.a. erforderlich, dass der Aussteller die Kündigung eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet (§ 126 Abs. 1 BGB). Ein Verstoß gegen diese Voraussetzung führt nach § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.

Bei einer GbR sind nach dem Gesetz (§ 709 BGB) grundsätzlich nur alle Gesellschafter gemeinsam zur Geschäftsführung befugt. Allerdings kann abweichend hiervon die Geschäftsführung nach § 710 BGB einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen werden. Obwohl die Befugnis zur Geschäftsführung nur das Innenverhältnis der Gesellschafter und damit das "rechtliche Dürfen" betrifft, ist ein Gesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis nach § 714 BGB im Zweifel ermächtigt, die anderen Gesellschafter gegenüber Dritten zu vertreten. Die Geschäftsführungsbefugnis bestimmt hiernach auch das "rechtliche Können" im Außenverhältnis. Aus diesen gesetzlichen Regelungen folgt, dass zur Wahrung der Schriftform bei einer durch eine GbR abgegebenen Kündigung grundsätzlich alle Gesellschafter die Kündigungserklärung abzugeben haben. Dies kann entweder dadurch geschehen, dass alle Gesellschafter die Kündigung selbst unterschreiben; die Schriftform ist aber auch gewahrt, wenn ein oder mehrere Gesellschafter bei der Unterzeichnung der Kündigung durch einen Vertreter vertreten werden. Im letzteren Fall müssen aber die Vertretung und das Vertretungsverhältnis (z.B. als Geschäftsführer oder "i.V." o.Ä.) in der Erklärung durch einen entsprechenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen.

Damit sind die Voraussetzungen der Schriftform nicht erfüllt, wenn eine von mehreren Gesamtvertretern vorgesehene Unterschrift fehlt und kein Handeln der Unterzeichner auch in dessen Namen aus der Erklärung hervorgeht. In einem solchen Fall kann nämlich der Empfänger der Kündigung nicht entnehmen, wer in welcher Funktion für wen bei Abgabe der Erklärung gehandelt hat und ob dies überhaupt rechtlich zulässig geschehen ist.

Praxistipp

Das Urteil des BAG zeigt zum einen, dass die Rechtsprechung die gesetzliche Formvorschrift des § 623 BGB rigeros anwendet; zum anderen ist daraus zu ersehen, dass die Nichtbeachtung rechtlicher Regelungen, die auf den ersten Blick als "Förmelei" erscheinen könnten, ganz erhebliche negative Auswirkungen für den Arbeitgeber haben. Die Nichtigkeit einer Kündigung wegen eines Formmangels zieht dabei noch weitere Folgen nach sich. Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug (§ 615 BGB); eine Heilung einer mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses unwirksamen Kündigung nach §§ 4 Abs. 1, 7 KSchG findet nicht statt (s. hierzu AuA 11/04, S. 50f.). Die Praxisbedeutung des Urteils ist dabei sicherlich nicht unerheblich, da insbesondere unter den sog. Freiberuflern Zusammenschlüsse in der Rechtsform einer GbR sehr häufig vorkommen. Aber auch unabhängig von der rechtlichen Form, in welcher der Arbeitgeber organisiert ist, kann nur angeraten werden, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Schriftform der Kündigung auch eingehalten, insbesondere, ob diese auch ordnungsgemäß unterzeichnet ist. Wird eine Erklärung in Vertretung abgegeben, kommt es nicht nur darauf an, dass eine Vertretungsbefugnis bestand, sondern die Vertreterstellung auch erkennbar nach außen erklärt worden ist. Entsprechendes gilt natürlich auch für die weitere in § 623 BGB genannte Beendigungsform des Auflösungsvertrags. Wird eine Kündigungserklärung in Vertretung abgegeben, ist zudem § 174 BGB zu beachten. Hiernach kann der Empfänger eine Erklärung, die durch einen Bevollmächtigen abgegeben worden ist, unverzüglich zurückweisen, es sei denn, mit der Erklärung ist eine Vollmachtsurkunde vorgelegt worden oder der Vollmachtgeber hatte den Erklärungsempfänger von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt. Unabhängig hiervon ist es beim ersten Anzeichen einer möglichen Formunwirksamkeit in jedem Fall erforderlich, dass zumindest vorsorglich eine weitere Kündigung erteilt wird.

RA und Notar Dr. Ralf Laws, FA für Arbeitsrecht und für Steuerrecht, Brilon

Redaktion (allg.)

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