KI und Weiterbildung

Bild: AdobeStock/VectorMine
Bild: AdobeStock/VectorMine

Insbesondere die rasanten Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich KI bieten neue Weiterbildungsmöglichkeiten, zeigen aber ebenfalls neuen Qualifizierungsbedarf auf. Eine Readly-Studie aus dem Jahr 2023 bestätigt zudem den Trend des Lebenslangen Lernens – an der grundsätzlichen Bereitschaft zur (beruflichen wie privaten) Weiterbildung mangelt es also nicht.

Die Online-Lernplattform Coursera hat in einer aktuellen Studie den Status quo, Bedarf und die Zukunft der beruflichen Weiterbildung im deutschen Mittelstand untersucht und dabei u. a. folgende Fragen gestellt:

  • Wie gut sind die Unternehmen auf die aktuellen Veränderungen vorbereitet?
  • Welche Fähigkeiten werden aktuell am dringendsten benötigt, welche von Mitarbeitenden am häufigsten nachgefragt?
  • Was steht einer effizienten beruflichen Fort- und Weiterbildung im Wege?
  • Wie fortgeschritten sind der Einsatz und die Auswirkungen von KI in Unternehmen?
  • Wird sie als Fluch oder Segen betrachtet?

Selbst- vs. Fremdeinschätzung

Die Einschätzung des gegenwärtigen Qualifikationsgrades der Beschäftigten durch sie selbst weicht teils stark von der Einschätzung durch die Unternehmen ab. Während 90 % der Beschäftigten ihre aktuellen Kompetenzen auch für die Zukunft als ausreichend ansehen, geht nur knapp über die Hälfte der Arbeitgeber davon aus, dass ihre Mitarbeiter selbst glauben, keine zusätzlichen Fähigkeiten zu benötigen. 61 % der Weiterbildungsbeauftragten in deutschen KMU sehen einen Nachqualifizierungsbedarf, jeder Fünfte sogar in deutlichem Ausmaß. Entsprechend sind höhere Investitionen im Bereich der Mitarbeiterentwicklung laut 71 % der Führungskräfte unvermeidlich.

Bei 36 % der befragten Unternehmen liegt der Anteil derjenigen Beschäftigten, bei denen im Hinblick auf Veränderungen und zukünftige Anforderungen des Arbeitsmarktes ein Weiterbildungsbedarf identifiziert wurde, bei mehr als 40 %. Bei maximal 20 % liegt dieser Anteil lediglich in 18 % der Unternehmen. Um dieser Qualifizierungslücke entgegenzuwirken haben 40 % der Unternehmen bereits ausländische Arbeitskräfte rekrutiert, die nun remote tätig sind. Insgesamt zieht mehr als jedes zweite, im Handel sogar fast zwei Drittel der Unternehmen, diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht.

„Unsere Umfrage offenbart aus Sicht des deutschen Mittelstands beachtliche Kompetenzlücken in den aktuellen Belegschaften. Damit Mittelständler, die ja häufig zu den ‚Hidden Champions der deutschen Wirtschaft‘ zählen, international nicht den Anschluss verlieren, sollten die Verantwortlichen vermehrt in Weiterbildung investieren. Denn die Um- und Fortbildung der eigenen Belegschaft ist meistens die kosteneffizientere Alternative im Vergleich zum teuren, zeitaufwendigen und umkämpften Remote-Talent-Markt“, sagt Lukas Lewandowski, Regional Director DACH bei Coursera.

Ursachen der Qualifizierungslücke

Zwar bietet mit 91 % der Großteil der Unternehmen grundsätzlich Fortbildungs- und Trainingsmaßnahmen für ihre Mitarbeiter an, die Regel ist das jedoch nur bei 43 %.

Doch auf die Weiterbildungsbereitschaft der Beschäftigten ist Verlass: Insgesamt wünschen sich zwei Drittel mehr Angebote hierzu von ihrem Arbeitgeber. Für 54 % sind fehlende Möglichkeiten sogar ein Kündigungsgrund.

Die Studie identifiziert Zeitmangel (41 %), Kosten (35 %), Mangel an qualitativ hochwertigen Weiterbildungsressourcen (30 %), Desinteresse der Mitarbeiter (29 %) sowie regulatorische Einschränkungen (23 %) als die größten Herausforderungen von Weiterbildungsverantwortlichen in den Unternehmen. Insbesondere der hohe Stellenwert des Desinteresses der Mitarbeiter bestätigt den Wahrnehmungskonflikt zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite und die oben genannte Divergenz bei der Einschätzung des Weiterbildungsbedarfs. Eine weitere Ursache verorten mit 70 % insbesondere die Unternehmen im deutschen Bildungssystem, welches nicht angemessen auf heutige Anforderungen der Arbeitswelt vorbereite. Unter den Mitarbeitern sehen das 24 % ähnlich; immerhin 56 % fühlen sich gut auf ihre aktuelle Stelle vorbereitet.

Notwendige Kompetenzen

Um welche Kompetenzen geht es dabei überhaupt? Am schwierigsten gestaltet sich für den deutschen Mittelstand die Suche nach Beschäftigten mit Kompetenzen im Bereich KI und Maschinelles Lernen. Für 38 % stellt das aktuell eine Herausforderung dar. Jeweils jedes vierte Unternehmen nannte außerdem die Bereiche Datenanalyse/Data Science und Software Engineering. Es folgen die Bereiche Cybersicherheit, Vertrieb/Verkauft mit jeweils 23 %, Web-Entwicklung mit 21 %, Kommunikation sowie Management/Personalführung mit jeweils 15 %. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass viele Unternehmen des deutschen Mittelstands Schwierigkeiten haben, Fachkräfte mit Technologiekompetenzen zu finden und ihnen dies jetzt das Leben beim wichtigen Zukunftsthema KI schwerer machen könnte“, kommentiert Lewandowski.

Auf Arbeitnehmerseite liegen die Prioritäten etwas anders: Mit 38 % wünschen sich die meisten Fortbildungen im Bereich Cybersicherheit. Es folgen Management/Personalführung mit 23 %, KI/Maschinelles Lernen und Vertrieb/Verkauf mit jeweils 21 %, Kommunikation mit 20 %, Software Engineering mit 17 %, Web-Entwicklung und Datenanalyse/Data Science mit jeweils 16 %.

KI in Unternehmen und in der Weiterbildung

Die Möglichkeiten durch KI wachsen stetig. Um von den Vorteilen zu profitieren, sind jedoch entsprechende Strukturen in den Unternehmen und Kompetenzen der Beschäftigten erforderlich.

Die Hälfte der Befragten und sogar zwei Drittel der Arbeitgeber gaben an, dass generative KI mittlerweile einen wichtigen Bestandteil ihrer Tätigkeit darstellt. Etwas mehr als ein Drittel der Beschäftigten stimmt dem nicht zu. In den Unternehmen, in welchen generative KI bereits eine wichtige Rolle spielt, haben sich die Arbeitsanforderungen dadurch stark (56 %) bzw. sehr stark (25 %) verändert. Etwas mehr als die Hälfte hat sogar neue Stellen geschaffen.

Zudem stimmen 48 % der Beschäftigten zu, dass generative KI zu Produktivitätssteigerungen geführt hat. Unter den Arbeitgebern nehmen das sogar 57 % an. Verbesserungen der Work-Life-Balance erkennen 47 % der befragten Mitarbeiter.

Insbesondere von den Arbeitnehmern kommen auch Bedenken beim KI-Einsatz in ihrem Unternehmen. Zum einen bewertet nicht einmal die Hälfte diesen als effektiv und weniger als ein Viertel die KI-Strategie des Managements als solide. Zum anderen äußerten 77 % Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes sowie der Datensicherheit. Diese teilen immerhin 54 % der befragten Arbeitgeber.

„Generative KI, wie etwa ChatGPT oder Midjourney, scheint für viele Arbeitnehmende, auch im Mittelstand, Alltag zu sein. Die Vorteile dieser Technologie überwiegen die Angst vor Jobverlust. Viele fühlen sich produktiver und ausgeglichener. Auch Arbeitgebende betrachten sich – trotz der diagnostizierten Qualifizierungslücke in diesem Bereich – mehrheitlich gut gerüstet und sehen klare Vorteile im Einsatz von KI“, so Lewandowski.

Lesen Sie zu diesem Thema folgenden Artikel aus AuA 1/24:

Die Zukunft kommt nicht, wir gestalten sie. Und statt eines Blickes darauf, was vielleicht irgendwann einmal kommen könnte, beschreibt dieser Beitrag, wie wir...

Sie möchten unsere Premium-Beiträge lesen, sind aber kein Abonnent? Testen Sie AuA-PLUS+ 2 Monate kostenfrei inkl. unbegrenzten Zugriff auf alle Premium-Inhalte, die Arbeitsrecht-Kommentare und alle Dokumente der Genios-Datenbank.

Printer Friendly, PDF & Email
Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Wenn Beschäftigte ins Ausland entsandt werden, zahlt der Arbeitgeber zum Ausgleich des Mehraufwands, der durch das Leben und Arbeiten im

In Zeiten des Fach- und Arbeitskräftemangels drängt sich eine Frage auf: Warum verlassen so viele Menschen im Rentenalter mit wertvollem Know-how die

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Die Globalisierung hat dazu geführt, dass Unternehmen ihre Aktivitäten über verschiedene Länder und Kontinente hinweg ausdehnen. Dies

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

●Problempunkt

Die Beteiligten streiten über einen Auskunftsanspruch des Betriebsrats. Der Betriebsrat eines Entsorgungsdienstleisters

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

In einem kürzlich vom FG Münster entschiedenen Fall ging es um das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung eines Geschäftsführers, der

Heute beschäftigt uns ein Beschluss des OLG Hamburg vom 8.2.2024 (7 W 11/24). Bewertungsplattformen haben nicht nur für die Betreiber von Restaurants