Geleitwort: Das Arbeitsethos der Generation Y

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 Prof. Dr. Klaus Hurrelmann - Professor of Public Health and Education an der Hertie School of Governance, Berlin
Prof. Dr. Klaus Hurrelmann - Professor of Public Health and Education an der Hertie School of Governance, Berlin

In der Jugendforschung werden die Jahrgänge der etwa zwischen 1985 bis 2000 Geborenen als „Generation Y“ bezeichnet. Wie kommt es zu diesem Etikett und was bedeutet es? Was kommt da auf Unternehmen und Gesellschaft zu? Wer seine Jugend zwischen 2000 und 2009 erlebt hat, ist den Umgang mit Unsicherheiten und Ungewissheiten der Lebensplanung gewohnt und hat gelernt, das Beste aus jeder noch so undurchsichtigen Situation zu machen, zu sondieren und zu taktieren, um sich stets möglichst viele Optionen offenzuhalten. Diese Mentalität hat den Angehörigen dieser jungen Generation den Namen gegeben, der im Amerikanischen mit dem Wort „Why“ die fragende und suchende Grundhaltung ausdrückt.

Die Ypsiloner sind Meister im Improvisieren. Das Leben in Unsicherheit empfinden sie als ganz normal. Ihr Lebenslauf verliert die Gradlinigkeit, die noch für die Eltern typisch war. Leben ist für die Generation Y viel weniger planbar als früher. Bei allem Stress, den sie durchaus empfinden, genießen die Ypsiloner das auch, weil es sie unabhängig und frei macht. Sie sind „Egotaktiker“, die alle wichtigen Lebensentscheidungen nach den unmittelbaren Vorteilen und Nachteilen für die eigene Person und ihr Wohlbefinden abschätzen.

In Zeiten, in denen es politisch und wirtschaftlich unruhig zugeht, in denen es den Job auf Lebenszeit möglicherweise nie mehr geben wird, investieren die jungen Leute so viel in ihre Bildung und Ausbildung, wie nie zuvor. Ein hoher Bildungsabschluss wird zur wichtigsten Munition im Kampf um einen Platz in der Gesellschaft. Er gilt aber auch als Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Einmal im Beruf angekommen, wollen diese gut Gebildeten, die so etwas wie die Elite der Generation Y darstellen, dafür so viel Erfüllung, Freude und Anerkennung eintauschen, wie irgend möglich. Sie lehnen Hierarchien und Reglementierungen ab und wollen möglichst früh einen Arbeitsplatz in einem Team haben, in dem sie keiner gängelt und sie ihr Können unter Beweis stellen. Intensives Arbeiten und lebenslanges Lernen ist für sie selbstverständlich, aber sie haben auch gelernt, mit ihren Kräften zu haushalten. Nicht weil sie nicht hart arbeiten könnten, sondern weil sie nur dann volles Engagement geben können und wollen. Sie haben so etwas wie eine eingebaute Burn-out-Sperre.

Die Generation Y fordert neue Familienmodelle konsequent ein. Bei der Familienplanung und -gestaltung setzt sie auf Gleichberechtigung, Väterzeit und Homo-Ehe und bricht damit alle bisherigen Tabus. Die Ypsiloner wünschen sich Kinder, aber wenn die Bedingungen in Partnerschaft, Privatleben und Beruf nicht stimmen, die Unwägbarkeiten des Lebens zu groß sind, dann bleiben sie lieber kinderlos. Die Generation Y drängt deshalb vehement auf die Vereinbarkeit von Familie und Karriere.

Die Freizeit ist das Trainingslager der Generation Y. Hier lernen die Egotaktiker, ihren eigenen Weg durch den Dschungel der Optionen zu finden. Das Internet ist immer dabei – sei es auf dem Computer, Tablet oder Smartphone. Für die Generation Y macht eine Trennung zwischen online und offline längst keinen Sinn mehr. Das Internet und vor allem Soziale Netzwerke sind wichtig für ihre Persönlichkeitsentwicklung. Neue Medien sind der Bereich, in dem sie gesellschaftlich überlegen sind und ihre eigenen Akzente setzen. Ältere Bevölkerungsgruppen und die eigenen Eltern bemühen sich, intensiv von ihnen zu lernen.

Fazit: Die Ypsiloner leben ihr Leben heute einfach nach ihren Vorstellungen. Damit verändern sie unsere Gesellschaft. Das macht sie zu „heimlichen Revolutionären“, die traditionelle Muster des Lebens fast unmerklich unterwandern und verändern.

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Redaktion (allg.)

· Artikel im Heft ·

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