Geleitwort: Professionalisierung der Personalarbeit

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 Prof. Dr. Stephan Kaiser - Institut für Entwicklung zukunftsfähiger Organisationen, Universität der Bundeswehr München
Prof. Dr. Stephan Kaiser - Institut für Entwicklung zukunftsfähiger Organisationen, Universität der Bundeswehr München

Die Forderung nach einer professionellen oder zumindest professionelleren Personalarbeit ist ohne Zweifel ein legitimes Anliegen, das unterschiedliche Akteure in regelmäßigen Abständen immer wieder formulieren. So wünschen sich Personalforscher an Universitäten, die Personaler mögen in der Praxis ihre Entscheidungen und Handlungen stärker an neusten empirischen Erkenntnissen ausrichten. Derartig professionalisiertes Personalmanagement wird dann mit dem Label „evidenzbasiert“ versehen. Umgekehrt verlangen die Praktiker, die akademische Lehre möge dem „Nachwuchs“ endlich die Inhalte und Kompetenzen beibringen, die in der Praxis tatsächlich von Nöten seien. Diese Forderung wird übrigens nicht nur an die ohnehin häufig als praxisfern geltenden Universitäten gerichtet, sondern auch an die Hochschulen für angewandte Wissenschaften.

Ein Blick in die berufssoziologische Professionsforschung zeigt freilich schnell, dass die Suche problematisch ist, da vier Kriterien der Entstehung einer Profession erfüllt sein müssten: (1) das Vorhandensein professionsspezifischen Handlungs- und Erklärungswissen, (2) die Existenz eines gesellschaftlich relevanten Problembereichs, der (exklusiv) durch die Profession der Personaler bearbeitet wird, (3) eine professionsspezifische Wertestruktur bzw. Berufsethik und (4) die soziale Schließung der Profession durch ausbildungsbedingte Zulassungsbeschränkungen.
Es lässt sich unschwer erkennen, dass es den professionellen Personaler oder die Profession „Personalmanager“ bis dato eigentlich nicht geben kann. Das spezifische Handlungswissen ist interdisziplinär stark zersplittert und reicht von der Psychologie über die Betriebswirtschaftslehre und das Arbeitsrecht bis zur Informatik. Der bearbeitete Problembereich ist nicht im engeren Sinne gesellschaftlich relevant und auch eine professionsspezifische „Personalethik“ hat sich nur in Ansätzen entwickelt. Die soziale Schließung der Profession „Personaler“ existiert ebenfalls nicht, Personaler (und erst recht Personalberater!) kann prinzipiell jeder werden. Allenfalls der Arbeitsrechtler könnte, als Vertreter einer Teildisziplin des Personalmanagements, als professionalisiert gelten und die obigen Kriterien erfüllen.

Gerade aus den genannten Gründen scheint ein Professionalisierungsprozess notwendig, den wir in der Unternehmenspraxis zum Glück auch manchmal beobachten können. Grundlage ist die permanente Reflexion des Personalmanagers über seine eigene Rolle sowie über die von ihm ausgeführten Handlungen und deren Ergebnis. Reflexion allein ist aber nicht ausreichend. Erstens ist es zusätzlich notwendig, dass der Personaler vor dem Hintergrund eines spezifischen Erfolgsverständnisses über seine Rolle und Arbeit nachdenkt. Was dabei den Erfolg der Personalarbeit ausmacht, ist jedoch keine triviale Frage. Fest steht, und dies kann als Leitidee dienen, dass Personalmanagement immer mit zur Zukunfts- und Fortschrittsfähigkeit der Organisation beitragen sollte. Zweitens muss die Reflexion im Sinne eines Lernprozesses in einer Veränderung von Personalmanagement- Praktiken resultieren, d. h. in einer Weiterentwicklung der Personalarbeit, die wiederum dem Erfolg der Personalarbeit zuträglich ist.

Wie kann man die Professionalisierung der Personalarbeit nun aber ansatzweise umsetzen? Drei Ideen lassen sich festhalten: Zunächst sollten die Reflexion und Weiterentwicklung der Personalpraktiken durch den systematischen Rückgriff auf vorhandenes Wissen aus Forschung und Praxis erfolgen. Zweitens ist der individuelle Reflexionsprozess zu institutionalisieren, indem ein intelligentes Controlling der Personalarbeit, im Sinne einer erfolgsorientierten Steuerung, implementiert wird und stattfindet. Drittens ist der Beitrag zur Zukunfts- und Fortschrittsfähigkeit der Organisation sicherzustellen, indem die Personalarbeit inhaltlich und prozessual in den Strategiefindungsprozess des Unternehmens – auf Augenhöhe – integriert wird.

Trotz dieser formulierten Anforderungen brauchen wir gleichwohl Personaler, die sich spielerisch an die Arbeit machen, um nicht die Geduld zu verlieren: „Nur nichts als Profession betrieben, das ist mir zuwider. Ich will alles, was ich kann, spielend treiben, solang die Lust dran währt.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

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Redaktion (allg.)

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