Das BAG hat mit seinem Urteil vom 9.9.2020 – 4 AZR 161/20 zum regelmäßig auftretenden Problem bei der Bildung von Arbeitsvorgängen i. S. d. § 12 TVöD/TV-L entschieden: Welche Tätigkeitsanteile führen zu selbstständigen Arbeitsergebnissen und mithin zu separaten Arbeitsvorgängen?
Die beklagte Arbeitgeberin bildet Kranken- und Gesundheitspfleger aus und beschäftigt fünf hauptberuflich tätige sog. Vollzeit-Praxisanleiter, so auch die Klägerin. Neben diesen werden zahlreiche Pflegekräfte teilweise bei Bedarf als Praxisanleiter eingesetzt, ohne die einschlägige Praxisanleiterfortbildung. Die wesentliche Aufgabe der hauptberuflichen Praxisanleiter besteht u. a. in der Dokumentation der Anleitung der Auszubildenden, welche die Vorbereitung, Durchführung und Evaluation dieser Anleitung beinhaltet. Der Kläger absolvierte erfolgreich eine Fortbildung, die ihn zur Tätigkeit als Praxisanleiter berechtigt, und ist bei der Beklagten als Praxisanleiter „gelistet“. Er erhielt deshalb zunächst eine monatliche Zulage i. H. v. 35 Euro gem. § 15 Abs. 7 Satz 3 TVöD-K.
Der Kläger begehrte jedoch insgesamt die Vergütung für Praxisanleiter (EG P 8 der Anlage 1 zum TVöD-VKA), da er als Praxisanleiter tätig sei und auch insgesamt als solcher zu vergüten sei. Der Arbeitgeber hingegen vertrat die Auffassung, der Kläger werde nicht mindestens zur Hälfte seiner Tätigkeit mit Aufgaben eines Praxisanleiters beschäftigt, sondern weit überwiegend in der Patientenversorgung. Nur an einigen wenigen, im Voraus festgelegten Tagen werde er als Teilzeit-Praxisanleiter tätig, wenn Auszubildende auf der Station im gleichen zeitlichen Rahmen Dienst hätten und keinem hauptberuflichen Praxisanleiter zugewiesen seien.
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Anhand der bereits zur Bildung von Arbeitsvorgängen ergangenen Rechtsprechung des BAG zur Eingruppierung von Sozialarbeitern (Urt. v. 24.2.2016 – 4 AZR 485/13) und einer Wohngeld-Sachbearbeiterin (Urt. v. 23.9.2009 – 4 AZR 308/08) ergab sich hier die Trennung in zwei Arbeitsvorgänge:
- Pflege und
- Praxisanleitung.
Den in den Urteilen genannten Beschäftigten waren bestimmte Aufgaben einheitlich übertragen und die Tätigkeiten waren auf ein einheitliches Arbeitsergebnis gerichtet. In einem solchen Fall kommt eine Aufspaltung der Tätigkeit nach Einzelfällen und Schwierigkeitsgrad nicht in Betracht. Dies sei mit der Situation des Klägers nicht vergleichbar, denn ihm seien verschiedene Tätigkeiten mit unterschiedlichen Arbeitsergebnissen zu jeweils anderen Zeiten übertragen worden.
Die Klarstellung des BAG in dieser Entscheidung ist erfreulich und nachvollziehbar. Auch wenn im Voraus nicht gänzlich feststehe, wann es zum Praxisanleitereinsatz käme, handelt es sich hier um verschiedene Arbeitsvorgänge.
Sebastian Günther

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Problempunkt
Der Kläger ist bei dem beklagten Krankenhausbetreiber seit 1980 als Krankenpfleger beschäftigt. Im Jahr 2002 absolvierte
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