Ausbildungs- und Prüfungspflicht

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 Bild: mizan/stock.adobe.com
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Der Kläger ist bei der Beklagten als Sachbearbeiter im Kommunalen Ordnungsdienst des Fachdienstes 14 „Veterinär- und Ordnungswesen“ gem. TVöD (VKA) beschäftigt. Er verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kfz-Mechatroniker sowie über einen Meistertitel im Maler- und Lackiererhandwerk, jedoch keine Verwaltungsausbildung. Er wird aus der Entgeltgruppe 8 vergütet und begehrt die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a.

Der Kläger ist im Streifendienst im Stadtgebiet mit einem Zeitanteil von 55 % tätig, zudem übernimmt er ordnungsbehördliche Aufgaben mit Sachverhaltsermittlung und bei Bedarf mit Vollzugsmaßnahmen (Zeitanteil 20 %), Personen- und Sachverhaltsermittlung für diverse Fachdienste und andere Behörden (Zeitanteil 15 %), Vollzugsaufgaben und Rufbereitschaft je mit einem Zeitanteil von 5 %.

Der Kläger argumentierte, er sei in die Entgeltgruppe 9a einzugruppieren. Denn für die Eingruppierung in die Entgeltgruppen ab Entgeltgruppe 6 (Entgeltordnung der VKA) sei der Angestelltenlehrgang I nicht erforderlich. Im Übrigen seien die von ihm absolvierten Ausbildungen gleichwertig zum Angestelltenlehrgang I. Eine Eingruppierung in die nächstniedrige Entgeltgruppe komme somit nicht in Betracht.

Das LAG Niedersachsen (Urt. v. 11.11.2024 – 15 SLa 500/24 E; Rev. zugelassen) sah dies anders. Der Kläger sei korrekt in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert. Für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a sei die erfolgreiche Teilnahme an dem Angestelltenlehrgang I erforderlich. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Ausbildungs- und Prüfungspflicht oder das Absehen von der Verpflichtung zur Ausbildung und Prüfung seien nicht erfüllt. Und die vom Kläger absolvierten Ausbildungen seien nicht mit dem Angestelltenlehrgang I gleichwertig.

Der Kläger falle nicht unter die Befreiungstatbestände Nr. 7 der Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen). Gleichwertig sei eine Ausbildung nur dann, wenn ein Mindestmaß an Identität des Lehrstoffs vorliege. So müssten neben Kenntnissen über das allgemeine Verwaltungsrecht und Staatsrecht sowie die fachbezogenen Lehrfächer des Kommunalrechts, des Baurechts, Haushalts- und Kassenrechts, des Steuerrechts, des Dienstrechts usw. in dem Maße vermittelt worden sein, das dem Ausbildungsinhalt der Ersten bzw. Zweiten Verwaltungsprüfung vergleichbar ist. Die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit seien jedoch nicht erfüllt, wenn fachfremde Ausbildungen (wie hier als Kfz-Mechatroniker sowie im Maler- und Lackiererhandwerk) vorlägen.

In diesem Zusammenhang spiele auch die Berufserfahrung des Klägers keine maßgebliche Rolle. Die Berufserfahrung sei von den Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Befreiung von der Ausbildungs- und Prüfungspflicht in Abs. 5 der Vorbemerkung Nr. 7 mit einer zwanzigjährigen Berufserfahrung bei einem Arbeitgeber, der vom Geltungsbereich des TVöD oder eines vergleichbaren Tarifvertrags erfasst wird […] geregelt worden. Damit sei ausgeschlossen, eine geringere Berufserfahrung im Rahmen des Abs. 6 der Vorbemerkung Nr. 7 heranzuziehen.

Sebastian Günther

Sebastian Günther
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner, GÜNTHER · ZIMMERMANN Rechtsanwälte, Berlin
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Ausbildungs- und Prüfungspflicht
Seite 61
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