Chancengleichheit: Art. 33 Abs. 2 GG ist auch bei Entfristung zu beachten

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Ein befristet Beschäftigter des öffentlichen Dienstes sah sich durch seine Dienststelle in seiner verfassungsrechtlich verbürgten Chancengleichheit (Art. 33 Abs. 2 GG) verletzt. Diese hatte eine anstehende Entfristung auf solche Bewerber beschränkt, die einer bestimmten Beschäftigungseinheit angehören.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren untersagte das LAG Düsseldorf der Dienststelle vorerst, andere Bewerber als den Kläger unbefristet einzustellen (Urt. v. 16.6.2017 – 11 SaGa 4/17, rk.).

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Die erforderliche Dringlichkeit des Begehrens ergibt sich daraus, dass der Kläger die Vergabe einer unbefristeten Stelle nicht mehr verlangen kann, wenn sie erst mit einem anderen Bewerber besetzt ist. Der Verfügungsanspruch des Klägers folgt aus einer analogen Anwendung von § 1004 BGB. Ein öffentlicher Dienstherr, der das Recht auf gleichen Zugang zu einem Amt verletzt, ist wie ein Störer zu behandeln. Die Chancengleichheit des Klägers ist wiederum verletzt, weil die Dienststelle ihren Ermessensspielraum bei der Festlegung des Anforderungsprofils für die Entfristung überschritten hat. Das Profil schränkt den Kreis der Bewerber ein, um gänzlich ungeeignete Kandidaten von vornherein auszuschließen, und bringt die Zugangsrechte der Bewerber einerseits und die Organisationsgewalt der öffentlichen Hand andererseits in Einklang. Das Anforderungsprofil muss sich dabei im Sinne der Bestenauslese an Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung orientieren. Indem die Dienststelle den Kreis auf eine bestimmte Beschäftigungseinheit beschränkte, folgte sie sachfremden und mit dem Leistungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Erwägungen. Etwas anderes kann nur angenommen werden, wenn eine Einheit gleichsam einem bestimmten Leistungsprofil entspricht. Da sich aber hier die Mitarbeiter verschiedener Einheiten wechselseitig vertreten und die Aufgabenprofile gleich gestaltet sind, ist das nicht der Fall.

Auch das Argument der Dienststelle, einen Verdrängungswettbewerb durch stärkere Kandidaten anderer Standorte zu vermeiden, geht fehl, da es gerade die typische Begleiterscheinung der Bestenauslese darstellt, dass sich die stärksten Bewerber durchsetzen.

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