Compliance und Arbeitsrecht

„Compliance” ist durch Praxis, Regulierung sowie Rechtsprechung zur zivilrechtlichen Haftung und strafrechtlichen Verantwortung, nicht zuletzt auch mediale und öffentliche Bewusstseinsmachung und Diskussion, in die Breite und Tiefe expandiert wie kein zweites Thema im 21. Jahrhundert. Zuletzt ist das deutlich geworden durch das BGH-Urteil vom 10.1.2023 (6 StR 133/22) zur Strafbarkeit überhöhter Betriebsratsvergütung (VW II, dazu ausführlich Rothballer, AuA 3/23, S. 16 ff.). Ohne ein wirksames, State-of-the-Art-Compliance-Management-System (CMS) kann heute kein Unternehmen und Organ mehr auskommen und sich enthaften (BGH, Urt. v. 9.5.2017 – 1 StR 265/16). Kartellrecht und Datenschutz haben zu einem Bußgeldreigen geführt, die ESG/CSR-Pflichten sind im Kommen und das HinweisgeberschutzG (§ 7 Rz. 55 ff.) sowie Unternehmensstrafrecht bzw. VerbandssanktionenG, die erstmals eine Bestrafung juristischer Personen vorsehen, stehen ante portas. Die Schnittstelle zwischen Compliance und Arbeitsrecht hat folgende Dimensionen:

• Ohne Arbeitsrecht lassen sich CMS kaum einführen, überwachen bzw. aufklären und Verstöße sanktionieren.
• Aus Arbeitsrecht ergeben sich selbst auch Compliance-Pflichten.

Nach der Erstauflage 2009, als die Bedeutung von Compliance spätestens nach der „Siemens-Affäre schwarze Kassen“ in der Praxis angekommen war(LG München I, Urt. v. 10.12.2013 – 5HK O 1387/10), war eine Neuauflage 2023 dringend angezeigt. Das Werk gliedert sich in einen 1. Teil: Arbeitsrechtliche Implementierung und Durchsetzung von Compliance- und Ethikregeln sowie einen 2. Teil: Compliance-relevante Arbeitsrechtsmaterien. Hilfreich sind die Übersichten, Checklisten, Formulierungshilfen, strategischen Überlegungen für die Praxis, taktischen Hinweise oder vertiefenden Exkurse sowie Ausführungen zur streitentscheidenden Darlegungs-/Beweislast.

Das Werk zeichnet einerseits ein ideales Maß zwischen rechtlichem Tiefgang und Dogmatik, die für das Verständnis unerlässlich sind, und andererseits praktischen Erfordernissen aus. Es ist auf der Höhe der Zeit: So wird etwa verdeutlicht, dass bei der Scheinselbstständigkeit statt auf die Integration in den traditionellen Betrieb in New Work zunehmend die „digitale Integration“ maßgeblich wird oder bspw. auf die After-Corona-Workation/Work-abroad und die damit verbundenen Probleme eingegangen. Das übersichtliche Layout, verwirklicht durch Absätze, Fettdruck der Schlüsselworte und spärliche Verwendung von Abkürzungen, erleichtert die Arbeit. Ein knappes Stichwortverzeichnis am Schluss und die Verwendung von Randnummern verschaffen einen raschen Einstieg. Alle Literaturnachweise und Urteile werden im Text zitiert, Urteile mit Fundstelle.

Fazit: Für Compliance-Officer und mit dem Thema Compliance befasste Juristen in Unternehmen sowie Rechtsanwälte als Berater von Unternehmen, Personalleitung und Betriebsräten ist das Werk eine gute Arbeitshilfe. Es gewährleistet einen kompakten, praxisorientierten Überblick und bietet schnelle Unterstützung bei typischen Compliance-Fragen und -Problemen.