„Die Anzahl unfairer Behandlungen hat massiv zugenommen“

Interview mit Frau Dr. Waffenschmidt

Ein fairer Umgang mit den Beschäftigten trägt zu einer höheren Identifikation und zur Mitarbeiterbindung bei. Dr. Brigitte Waffenschmidt, Leiterin der Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt", erläutert, welche Erkenntnisse sich aus den Ergebnissen gewinnen lassen.

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Dr. Brigitte Waffenschmidt, Leiterin der Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt" und Lehrbeauftragte bei der iba Bild: Brigitte Sauer
Dr. Brigitte Waffenschmidt, Leiterin der Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt" und Lehrbeauftragte bei der iba Bild: Brigitte Sauer

Warum sollten sich Organisationen mit dem Wert Fairness beschäftigen?

Die neue Art des Arbeitens mit einem höheren Remote-Anteil zwingt Organisationen dazu, ihre Arbeitszeit- und -ortmodelle auf den Prüfstand zu stellen. Betriebsvereinbarungen müssen entsprechend angepasst und im Sinne der Beschäftigten flexibilisiert werden. Auch gilt es, digitale Führungsmodelle zu entwickeln und Spielregeln neu zu verhandeln. Hierfür braucht es Vertrauen und attraktive Ziele qualitativer Art, damit Mitarbeitende ihre Arbeit eigenverantwortlich verrichten können.

Was empfinden Mitarbeiter als unfair und was lässt sich daraus ableiten?

In zahlreichen Gesprächen konnten wir z. B. feststellen, dass Mitarbeitende sich nicht ausreichend informiert und in Entscheidungen einbezogen fühlen. Auch die fehlende Anerkennung und die ungleiche Behandlung, etwa bei der Verteilung vorhandener Ressourcen, wurden bemängelt. Mitarbeitende mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Hintergründen individuell zu führen, ist die wichtige Führungsaufgabe. Digitale Technologien ermöglichen eine (internationale) Zusammenarbeit, unabhängig von Rasse, Kultur oder individuellen Barrieren. Als fair empfunden wird die Berücksichtigung von Diversität ebenso wie auch das Bedürfnis, flexibel und ortsunabhängig zu arbeiten, um Beruf und Privatleben gut vereinbaren zu können. Das zahlt auf die Kultur, die Identifikation und damit auf die Loyalität ein.

Eine freie Arbeitsortwahl wird von vielen Beschäftigten als fair empfunden. Allerdings lässt sich das doch nicht immer so leicht umsetzen?

Das stimmt. Nicht jeder profitiert im gleichen Maße davon. Doch Organisationen können einen Ausgleich für diejenigen schaffen, die nicht im Homeoffice arbeiten können. Zum Beispiel können sie den Arbeitsplatz vor Ort attraktiv gestalten, etwa durch Sozialräume und einen garantierten Parkplatz. Auch Vergünstigungen, wie die Beteiligung an einem E-Bike, schaffen einen Anreiz, ins Büro zu kommen. Mitarbeitende nehmen wahr, ob Angebote gerecht verteilt werden. Fairness bedeutet allerdings nicht, jeden Wunsch zu erfüllen. Es ist ein realistisches Geben und Nehmen.

Dr. Brigitte Waffenschmidt

Dr. Brigitte Waffenschmidt
Leiterin der Forschungsstudie "Faire Arbeitswelt", Lehrbeauftragte bei der iba
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„Die Anzahl unfairer Behandlungen hat massiv zugenommen“
Seite 36
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