Die Klägerin begehrt die Vergütung aus der Entgeltgruppe 5. Als Dokumentationsassistentin sorgt sie für die Dokumentation und Verschlüsselung medizinischer Informationen und für die Verwaltung und Pflege des Datenbestandes als Basis für die Behandlung, die Abrechnung und das Qualitätsmanagement der Beklagten.
Im Einzelnen erbringt die Klägerin nachfolgende Tätigkeiten:
Aufnahmekodierung der Patienten, Einordnung in diagnosebezogene Gruppen (DRG) unter Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und unter Beachtung der ICD-Codes, Erfassung der Operations- und Prozedurenschlüssel (OPS) und Erfassung der Haupt- und Nebendiagnosen. Außerdem erfasst sie die Aufenthalts- und Behandlungskodierung und dokumentiert und verschlüsselt die medizinischen Behandlungen mit dem System Orbis. Hinzu kommt das Führen der Akte, die Prüfung der Akte auf Vollständigkeit und ggf. Herbeiführung der Vervollständigung, Löschung von entbehrlichen Patientendaten, ggf. Rücksprache mit dem ärztlichen und pflegerischen Personal.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, für die Erfüllung der klägerischen Aufgaben seien keine gründlichen Fachkenntnisse erforderlich, sodass weder die Entgeltgruppe 5 noch die Entgeltgruppe 4 einschlägig seien. Die Klägerin stelle lediglich Listen und Übersichten aus vorhandenen Unterlagen auf und fasse Daten zusammen. Hierfür sei eine Einarbeitung mit einer zeitlichen Dauer von wenigen Wochen ausreichend. Alle Dokumentationsassistentinnen würden von ihr nach Fachbereichen eingesetzt und hätten deshalb nur einen begrenzten Tätigkeitsrahmen, der nicht das gesamte Bild abdecke. Fachkenntnisse für ihre Tätigkeit brauche die Klägerin nicht. Aufgrund der Prüfung und Fallfreigabe durch die Kodierer habe eine Fehleingabe der Klägerin auch keine Auswirkungen auf die Abrechnung.
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Das Thüringer LAG (Urt. v. 25.9.2024 – 1 Sa 199/23; rk.) entschied zugunsten der Klägerin.
Das Führen der Ablage nach skizzierter Vorgabe sowie das Erfassen aller ein- und ausgehender Daten in einer Datei sind kein eigener Arbeitsvorgang. Vielmehr sind diese Tätigkeiten als Zusammenhangstätigkeiten anzusehen, die mit der umfassenden Pflege, Verwaltung und Dokumentation der Daten zusammenhängen. Auch die von der Beklagten angeführten Botengänge und das Auffüllen leerer Paletten hängen letztlich mit der Haupttätigkeit der Klägerin zusammen und dürften als Zusammenhangstätigkeiten anzusehen sein. Es bestehe somit ein einheitlicher Arbeitsvorgang.
Außerdem: Dass die von den Dokumentationsassistenten vorgenommenen Kodierungen noch einmal überprüft werden müssten und damit letztlich nicht für eine abrechnungsfähige Kodierung verantwortlich seien, spielt für das Erfordernis entsprechender Fachkenntnisse keine Rolle. Denn die Frage der Entscheidungskompetenz ist keine Frage des Erfordernisses von gründlichen Fachkenntnissen als Eingruppierungskriterium. Der Sachbearbeiter, der eine Entscheidung „nur“ vorbereitet, kann dazu in gleicher Weise Fachkenntnisse benötigen wie derjenige, der die Entscheidung letztlich zu treffen hat.
Die Klägerin überführe Inhalte aus Patientenakten, z. B. Diagnosen, Symptome und Beschwerden der Patienten sowie durchgeführte medizinische Leistungen, in ein maschinenlesbares Format auf Basis vorgeschriebener Richtlinien. Durch diese Kodierung könnten ärztliche und pflegerische Behandlungen mittels sog. Fallpauschalen, also festgelegter Vergütungen von Leistungen im Gesundheitssystem, effizient und zeitnah abgerechnet werden. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Klinische Kodierfachkraft ausdrücklich als Einsatzgebiet für eine Medizinische Fachangestellte genannt wird (BERUFENET der Agentur für Arbeit, Aufruf vom 30.5.2024). Bei den Tätigkeiten der Klägerin, die nach dem Tätigkeitsbild des BERUFENET einer Klinischen Kodierfachkraft entsprechen, werden somit Fachkenntnisse in einer Breite und Tiefe verlangt, wie sie im Rahmen einer Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten vermittelt werden.
Sebastian Günther

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