Ersetzung Betriebsratszustimmung zur Einstellung

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 Bild: MAY/stock.adobe.com
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In einem Krankenhaus existiert eine Betriebsvereinbarung zu Stellenausschreibungen gem. § 93 BetrVG sowie Auswahlrichtlinien gem. § 95 BetrVG. Darin haben die Betriebsparteien vereinbart, dass die Besetzung einer Stelle nach Maßgabe der besten fachlichen und persönlichen Eignung im Hinblick auf den konkreten Arbeitsplatz erfolgt. Bei gleicher fachlicher und persönlicher Eignung mehrerer Bewerber ist die Stelle mit einem Stammarbeitnehmer zu besetzen. Zum 1.1.2023 suchte die Arbeitgeberin eine „Pflegerische Gesamtleitung psychiatrische Tagesklinik“. Auf die Ausschreibung bewarben sich drei interne Bewerber, darunter ein Mitglied des Betriebsrats, sowie eine externe Bewerberin. Die Klinik informierte den Betriebsrat über sämtliche eingegangene Bewerbungen, überreichte alle ihr vorliegenden Bewerbungsunterlagen und die Protokolle aller geführten Auswahlgespräche und begründete ihre Auswahlentscheidung kursorisch. Sie beantragte die Zustimmung zur Einstellung der externen Bewerberin, da diese über die Qualifikation „Fachwirtin im Gesundheitswesen“ verfüge, die das Betriebsratsmitglied nicht vorweisen konnte. Der Betriebsrat widersprach der Einstellung u. a. mit der Begründung, diese verstoße gegen die Betriebsvereinbarung „Stellenausschreibung und Auswahlrichtlinien“. Der männliche Bewerber verfüge über die persönlichen und fachlichen Eignungen, sodass er als Stammmitarbeiter vorzugswürdig sei. Die Arbeitgeberin beantragte daraufhin die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung der externen Bewerberin und teilte dem Betriebsrat mit, dass sie die Maßnahme als dringend erforderlich vorläufig umsetzen werde. Dies begründete sie damit, dass der Betrieb der Tagesklinik aufrechterhalten werden muss und andernfalls die Mitarbeiter- und Patientensicherheit gefährdet ist.

Das LAG Hamburg hielt den Antrag auf Ersetzung der verweigerten Zustimmung und Feststellung der Dringlichkeit der Maßnahme für begründet. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß unterrichtet worden, auch wenn die Auswahlentscheidung nur kursorisch begründet war. Es sei nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung im Hinblick auf sämtliche Bewerber im Einzelnen begründet (vgl. BAG, Urt. v. 28.6.2005 – 1 ABR 26/04). Ein Verstoß gegen die Auswahlrichtlinie lag nicht vor. Auch wenn die Qualifikation als Fachwirtin im Gesundheitswesen nicht Bestandteil der Stellenausschreibung war, könne daraus nicht geschlossen werden, dass jegliche weiteren Kenntnisse und Erfahrungen bei der Eignungsbeurteilung außen vor zu bleiben haben. Daher durfte die Arbeitgeberin zu dem Ergebnis kommen, dass die externe Bewerberin für die in Aussicht genommene Stelle, die besser fachlich und persönlich geeignete Bewerberin war und damit der Vorrang für Stammarbeitnehmer nicht greift. Das Gericht ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Rechtsbeschwerde zu (LAG Hamburg, Beschl. v. 7.5.2024 – 3 TaBV 8/23, Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 1 ABR 14/24).

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Ersetzung Betriebsratszustimmung zur Einstellung
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