Ein leitender Angestellter eines Versicherungskonzerns klagte vor dem LAG Düsseldorf Vergütungsansprüche ein. Den „leitenden Angestellten“ rechnet der Konzern über 400 Mitarbeiter zu. Bei diesen finden keine Regelanpassungen der Gehälter statt. Der Arbeitgeber stellt für sie ein durch einen jeweils festgesetzten Prozentsatz gedeckeltes Budget zur Verfügung. Es bleibt dem einzelnen Vorgesetzten überlassen, welcher leitende Angestellte in seiner Abteilung zukünftig ein höheres Entgelt erhält. Vorgaben, nach welchen Kriterien die Vorgesetzten zu verfahren haben, gab es nicht. Zum Stichtag 1.4.2019 stellte das Unternehmen ein Budget von 3 %, zu den Stichtagen 1.4.2020 und 1.4.2021 von jeweils 2 % zur Verfügung. Der Kläger erhielt für das Jahr 2019 eine Gehaltserhöhung von 1,86 %, für das Jahr 2020 nahm das Unternehmen keine Erhöhung vor, für das Jahr 2021 erhielt er eine Gehaltserhöhung von 1,97 %. Er klagte auf die Differenz zur durchschnittlichen Erhöhung von 3 %, respektive 2 %.
Das LAG Düsseldorf gab der Klage statt. Es war der Auffassung, dass die Zahlungsansprüche dem Kläger aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zustehen. Dieser findet stets Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Er ist dann verpflichtet, Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, auch gleich zu behandeln. Eine Differenzierung ist nur aus sachlichem Grund zulässig. Die Entscheidung, für Anpassungen der Gehälter der leitenden Angestellten zu einem Stichtag ein festgelegtes Budget zur Verfügung zu stellen, unterliegt dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Verteilung des Budgets überlässt das Unternehmen den Vorgesetzten, ohne diesen Vorgaben zu machen. Allein die fehlende Vorgabe und die damit verbundene Zufälligkeit und Unterschiedlichkeit im Handeln der Vorgesetzten führt zu einer Leistung nach Gutdünken. Dies verletzt den Gleichbehandlungsgrundsatz. Rechtsfolge einer solchen Verletzung ist regelmäßig eine Korrektur des arbeitgeberseitigen Vorgehens durch eine Anpassung „nach oben“, um die Diskriminierung zu beseitigen. Diese Anpassung nach oben scheidet selbst dann nicht aus, wenn sie zu erheblichen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führt. Danach kann der Kläger eine Erhöhung des Gehalts um den höchsten Prozentsatz verlangen, um den die Beklagte eine Gehaltsanpassung bei einem leitenden Angestellten vorgenommen hat. Nur dadurch wird die gesetzeswidrige Ungleichbehandlung vollständig beseitigt. Allerdings hatte der Kläger weniger, nämlich nur die durchschnittliche Erhöhung der positiv bedachten leitenden Angestellten geltend gemacht. Es handelte sich somit um eine zulässige Teilklage, sodass das Gericht gehindert war, dem Kläger höhere Beträge zuzusprechen. Das Gericht ließ die Revision für die Beklagte zu (LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.4.2023 – 13 Sa 535/22).
Kein Papier mehr? Dann ist AuA-Digital genau das Richtige für Sie. Einfach 60 Tage kostenlos testen. Nutzen Sie die papierlose Abrufbarkeit von tausenden Fachinformationen und Entscheidungs-Kommentaren.
Dr. Claudia Rid
Attachment | Size |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 138.83 KB |
· Artikel im Heft ·
Problempunkt
Der Arbeitgeber und die Schwerbehindertenvertretung streiten in einem Betrieb mit gut 700 Beschäftigten um den Umfang der
Problempunkt
Mit Wirkung zum 1.6.2019 war der (spätere) Kläger – mit einer arbeitsvertraglich inkludierten Probezeit von sechs Monaten
Das Unternehmen
Das mittelständische Familienunternehmen der Metall- und Elektroindustrie ist als Zulieferer hochwertiger Produkte für die Industrie
Eskalieren Tarifkonflikte in Deutschland häufiger als anderswo, wobei wir gleichzeitig ein relativ
Mehr Netto vom Brutto – klingt erst mal undenkbar, ist in Deutschland aber möglich. Unternehmen stellen bei der Lohnoptimierung ihren
Einstweilige Verfügungen
Auch in Beschlussverfahren gem. § 2a ArbGG sind einstweilige Verfügungen möglich, § 85 Abs. 2 ArbGG. Voraussetzung ist –