Kein Annahmeverzug bei Weigerung zum Tragen einer Maske
Vor dem LAG Berlin-Brandenburg stritten die Parteien über Ansprüche auf Vergütung für Zeiten, in denen der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht beschäftigte, weil er der Anweisung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht nachkam. Der Kläger ist als Anlagenfahrer/Schichtleiter Produktion in einem Unternehmen beschäftigt, das Kakaobutter herstellt. Ein Betriebsrat besteht nicht. Im Oktober 2020 führte das Unternehmen wegen der Corona-Pandemie für den Betrieb eine Maskenpflicht ein. Danach sollten die Mitarbeiter innerhalb des Firmengebäudes in allen öffentlichen Bereichen (Haupteingang, Hygieneschleusen, Gänge, Treppenhaus, Betreten der Kantine) und überall dort, wo der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann, einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Zur Umsetzung dieser Maskenpflicht erhielt der Kläger einen Karton mit Mund-Nasen-Bedeckungen, die er während seiner Schicht im Bedarfsfall an Mitarbeiter und externe Arbeitnehmer übergeben sollte. Diesen Karton warf der Kläger mit den Worten „Scheiß Masken“ in einen Mülleimer. Am 7. Oktober übergab der Kläger ein ärztliches Attest, wonach ihm „aus medizinischer Sicht“ dringend vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung abgeraten wurde. Mit weiterem Attest vom Folgetag bescheinigte ihm dieselbe Ärztin, dass es ihm „aus hausärztlicher Sicht und medizinischen Gründen unzumutbar sei“, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Da die Parteien eine Einigung über das Tragen der Maske nicht erzielen konnten, setzte der Arbeitgeber den Kläger in der Folgezeit nicht mehr ein und stellte die Gehaltszahlung für die Monate November 2020 bis April 2021 ein. Mit seiner Klage auf Zahlung von Annahmeverzugslohn war der Schichtleiter nicht erfolgreich (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.4.2022 – 7 Sa 106/22, rk.).
Der Arbeitgeber hat die vereinbarte Vergütung nur dann fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine Dienstleistung am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend dem Inhalt des Arbeitsvertrags anzubieten hat. Dazu wäre erforderlich gewesen, dass der Kläger der angeordneten Maskentragungspflicht nachgekommen wäre, denn diese Anweisung war rechtmäßig. Im Rahmen seines Direktionsrechts kann der Arbeitgeber Anweisungen an die Arbeitnehmer erteilen, die Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb zu befolgen. Dazu zählt auch das Tragen einer Maske. Zwar sahen zum damaligen Zeitpunkt weder das Infektionsschutzgesetz noch die Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus eine generelle Maskenpflicht für Betriebe vor, der Arbeitgeber konnte jedoch im Rahmen seines betrieblichen Hygienekonzepts eine Maskenpflicht anordnen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es keine Impfungen gegen das Virus. Das Maskentragen war eines der wenigen probaten Mittel, um das Infektionsrisiko zu reduzieren. Der Kläger hatte auch nicht hinreichend dargelegt, dass ihm aus gesundheitlichen Gründen die Verwendung einer Maske nicht möglich oder unzumutbar war. Dafür war er darlegungs- und beweispflichtig. Die von ihm eingereichten Atteste waren nichtssagend. Einem ärztlichen Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht kommt nicht der gleiche hohe Beweiswert zu wie einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Vielmehr deutete das Verhalten des Klägers (Wegwerfen der ihm übergebenen Masken für seine Mitarbeiter) darauf hin, dass er Masken für Quatsch und unnötig halte.
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Dr. Claudia Rid
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