Leerlaufen von Entgeltgruppen

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 Bild: makibestphoto / stock.adobe.com
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Der Arbeitgeber vergütete die Klägerin zunächst als Geschäftsstellenverwalterin beim Verwaltungsgericht mit der Entgeltgruppe 5. Nach der Erweiterung der Tätigkeit als Kostenbeamtin erfolgte die folgende tarifliche Bewertung:

  • 78 %: Geschäftsstellenverwaltung: Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 4
  • 2 %: Heranziehung und Ladung der ehrenamtlichen Richter: Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2
  • 8 % Aufgaben des Kostenbeamten: Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2
  • 5 %: Richterassistenz: Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2
  • 6 %: Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen: Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2
  • 1 %: Einarbeitung neuer Kollegen: Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2

Sowohl das ArbG Ulm in der Vorinstanz als auch das LAG Baden-Württemberg sahen dies anders. Die Tätigkeiten einer Beschäftigten in einer gerichtlichen Serviceeinheit stellten ganz überwiegend einen einheitlichen „großen“ Arbeitsvorgang im Tarifsinn dar. Die Aufteilung der Tätigkeit in zahlreiche einzelne Arbeitsvorgänge widerspreche der gewollten ganzheitlichen Bearbeitungsweise in den gerichtlichen Geschäftsstellen und damit der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 16.1.2023 – 1Sa12/20).

Zudem nahm das LAG Baden-Württemberg Stellung zu den Folgen dieser Rechtsprechung, die sich mit der des BAG deckt: Laufen einzelne Entgeltgruppen „leer“, so ist es die Aufgabe der Tarifvertragsparteien, durch eine Änderung der Entgeltordnung, die einerseits der geänderten Rechtsprechung des BAG und andererseits den geänderten organisatorischen Rahmenbedingungen in den Gerichten und Staatsanwaltschaften Rechnung trägt, eine hierarchische Abstufung der tariflichen Eingruppierungen der Beschäftigten im Justizdienst wiederherzustellen.

Das LAG Baden-Württemberg betont damit, dass nach der gescheiterten Verfassungsbeschwerde derTarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und des Landes Berlin die Tarifvertragsparteien gefordert sind. Entweder wird die Definition des „Arbeitsvorgangs“ geändert – oder die Entgeltordnung.

Sebastian Günther

Sebastian Günther
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner, GÜNTHER · ZIMMERMANN Rechtsanwälte, Berlin
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Leerlaufen von Entgeltgruppen
Seite 60
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Body Teil 1

Die Klägerin ist seit Oktober 2002 an einem Amtsgericht als Geschäftsstellenverwalterin in einer Serviceeinheit beschäftigt. Die

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Die Klägerin begehrt die Höhergruppierung. Sie hat die Ansicht vertreten, dass die von ihr geschuldeten Tätigkeiten „Leitung des

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Body Teil 1

In diesem Eingruppierungsfall vom LAG Hamm (Beschl. v. 4.2.2022 – 13 TaBV 30/21; Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 4 ABR 7/22)

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Die Beschäftigte stellte im Mai 2017 einen Antrag auf Höhergruppierung. Dies lehnte die Beklagte unter Verweis auf die Stellenbewertung

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Das LAG Niedersachsen (Urt. v. 31.8.2022 – 8Sa151/22 E, rk.) hatte in diesem Fall zu zwei Themenbereichen entschieden, einmal zur Frage

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Body Teil 1

Die Klägerin war als Sachgebietsleiterin „Finanzen und Abwicklung Grundstücksverkehr“ tätig. Ihr waren sieben Beschäftigte unterstellt, gegenüber