Medizinische Eignungsuntersuchung

Muster Betriebsvereinbarung mit Erläuterungen

Bestimmte Tätigkeiten erfordern medizinische Eignungsuntersuchungen und deren turnusmäßige Wiederholung. Der betriebliche Klassiker ist die G 25-Untersuchung bzw. DGUV-Empfehlung für Fahr- Steuer- und Überwachungstätigkeiten, E-FSÜ (im Folgenden „G 25“ o.ä.). Wer z. B. im Betrieb Stapler fährt, angetriebene Hubwagen bewegt oder Kräne bedient, benötigt diese zur Übertragung und Ausübung dieser Tätigkeiten. Hier sollen die arbeitsrechtlichen sowie EHS-Hintergründe dargestellt werden nebst Muster einer Betriebsvereinbarung zur praktischen Umsetzung medizinischer Eignungsuntersuchungen.

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 Bild: svetazi/stock.adobe.com
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Begründung des Arbeitsverhältnisses

Ärztliche Einstellungsuntersuchungen sollen bei Begründung des Arbeitsverhältnisses klären, ob der Bewerber für die angestrebte Tätigkeit und den dazugehörenden Arbeitsplatz überhaupt geeignet ist. Sie sind zulässig, wenn bestimmte gesundheitliche Voraussetzungen nach Art der zu erledigenden Arbeitsaufgabe eine wesentliche berufliche Anforderung darstellen (Behrens, NZA 2014, S. 401; § 8 AGG;§ 16 Ref-E BeschDG v. 8.10.2024, vgl. Stück, AuA 1/25, S. 24). Allerdings bedürfen sie der vorherigen Information bzw. Aufklärung darüber und schriftlichen Einwilligung des Bewerbers (Kleinebrink, DB 2014, S. 776; GK-BetrVG/Jacobs, 12. Aufl. 2022, BetrVG § 75 Rz. 153). Der Bewerber kann außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fälle (z. B.§ 32 JArbSchG; §§ 77 ff. StrlSchV; § 10 DruckluftV; §§ 2 ff. GesBergV; § 4 LuftVG i. V. m.§ 21 LuftPersV) seine Zustimmung verweigern, muss dann jedoch damit rechnen, nicht eingestellt zu werden. Der untersuchende (Betriebs-)Arzt darf dem Arbeitgeber das Ergebnis der Untersuchung nur insoweit mitteilen, als er die Eignung für den vorgesehenen Arbeitsplatz bejaht oder verneint und ohne Angabe bzw. Nennung der einzelnen Befunddaten wegen der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. § 203 StGB; § 16 Ref-E BeschDG, vgl. Stück, AuA 1/25, S. 24).

Laufendes Arbeitsverhältnis

Ärztliche Eignungsuntersuchungen im laufenden Arbeitsverhältnis folgen ausnahmsweise aus der allgemeinen Treuepflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis(§ 611a BGB i. V. m.§ 241, § 618 BGB). Insoweit trifft den Arbeitnehmer eine Mitwirkungs-, Unterstützungs- und Duldungspflicht. Der Arbeitgeber ist deshalb berechtigt, den Arbeitnehmer mittels des Direktionsrechts (§ 106 GewO) anzuweisen, sich einer solchen erforderlichen ärztlichen Eignungsuntersuchung rechtzeitig zu unterziehen.

Verweigert der Arbeitnehmer die Anweisung dieser Untersuchung unberechtigt und grundlos, kann dies Grund einer Abmahnung (§ 314 Abs. 2 BGB; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.11.2015 – 5 Sa 141/15, BeckRS 2016, 65125;LAG Nürnberg, Urt. v. 19.5.2020 – 7 Sa 304/19, NZA-RR2020, S. 558) und im Falle einer fortgesetzten beharrlichen Weigerung auch einer verhaltensbedingten Kündigung sein (BAG, Urt. v. 27.9.2012 – 2 AZR 811/11, ArbRAktuell2013, S. 187; LAG München, Urt. v. 23.2.2023 – 3 Sa 419/22,BeckRS 2023, 11731; BAG, Urt. v. 25.1.2018 – 2 AZR 382/17, NZA 2018, S. 845; Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 20. Aufl. 2023, § 131 Rz. 28).

Liegt z. B. eine erforderliche G25-Untersuchung nicht vor oder bestätigt sie nicht das Ergebnis „geeignet“, kann ein Annahmeverzug des Arbeitgebers nach §§ 615, 294, 297 BGB nicht begründet werden, weil der Arbeitnehmer objektiv nicht in der Lage ist, seine Tätigkeit als z. B. Staplerfahrer oder Kranbediener ordnungsgemäß anzubieten (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.7.2020 – 2 Sa 52/20, Rz. 88, BeckRS 2020, 23278; LAG Köln, Urt. v. 4.9.2015 – 4 Sa 823/14, Rz. 73, BeckRS 2015, 72901; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.3.2010 – 3 Sa 714/09, Rz. 52, BeckRS 2010, 71455).

Die Zeit für die Durchführung der Eignungsuntersuchung durch den Arbeitsmediziner ist keine vergütungspflichtige Arbeitszeit i. S. d.§ 611a Abs. 2 BGB, da sie jedenfalls auch im eigenen Bedürfnis des Arbeitnehmers liegt, der sonst nicht entsprechend arbeiten darf (vgl. LAG Niedersachsen, Urt. v. 6.9.2024 – 14 Sa 348/23, BeckRS 2024, 24274: häusliche Coronatests Pflegekraft).

Ohne Eignungsnachweis darf ihn der Arbeitgeber nicht mehr mit entsprechenden Tätigkeiten beschäftigten bzw. besteht ein gesetzliches Beschäftigungsverbot (BAG, Urt. v. 22.2.1972 – 2 AZR 205/71, AP Nr. 1 zu § 15 BBiG; Nomos-BR/Weyand JArbSchG/Joachim Weyand, 2. Aufl. 2016, JArbSchG § 32 Rz. 8). Dies hat der Arbeitgeber zu überwachen, da er andernfalls seine Schutz-/Fürsorgepflichten verletzt (vgl. § 7 DGUV Vorschrift 1 Grundsätze Prävention), seine Organisations-/Legalitätspflichten vernachlässigt und Haftungs-/Strafbarkeitsrisiken bei Unfällen mit Sach-/Körperschäden eingeht.

Stattdessen ist der Arbeitgeber aus sachlichem Grund veranlasst und gehalten, dem Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts (§ 106 GewO; § 315 Abs. 3 GewO) eine andere, vertragsgemäße, gleichwertige, leidensgerechte Beschäftigung zuzuweisen auf einem vorhandenen, freien oder im Wege des Direktionsrechts freizumachenden Arbeitsplatz, für die es auf die fehlende Eignungsuntersuchung nicht ankommt(Stück, AuA 4/07, S. 200). Eine Sozialauswahl i. S. d.§ 1Abs. 3 KSchG hat dabei nicht zu erfolgen. Ob darin auch eine zustimmungspflichtige Versetzung i. S. d. §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG liegt, hängt von Umfang (quantitativ, qualitativ) und Dauer der Änderungen im Vorher-Nachher-Vergleich ab, wobei eine Versetzung ab mehr als 20–25 % nahe liegt (Fitting, 32. Aufl. 2024, BetrVG § 99 Rz. 129).

Sollte das nicht möglich sein, besteht kein Anspruch auf Beförderung auf eine vakante Stelle (ErfK/Oetker, 24. Aufl. 2024, KSchG § 1Rz. 383, 252). Zur Schaffung eines neuen, zusätzlichen, leidensgerechten Arbeitsplatzes, der seinen unternehmerischen Entscheidungen nicht entspricht, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet (BAG, Urt. v. 7.2.1991 – 2 AZR 205/90, NZA 1991, S. 806).

Ist eine Weiterbeschäftigung auf einem freien, geeigneten, geringwertigeren Arbeitsplatz möglich, so hat der Arbeitgeber diesen nach dem Ultima-Ratio-Prinzip anzubieten bzw. umsetzen. Dies geschieht

  • vorrangig durch Abschluss eines Änderungsvertrags mit entsprechender Versetzung und Umgruppierung nach §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG.
  • sonst durch Ausspruch einer personenbedingten ordentlichen Änderungskündigung, weil die Eignung des Arbeitnehmers entfallen ist (§§ 2; 1 Abs. 2 KSchG). Eine Änderungskündigung muss und sollte der Arbeitgeber aber grundsätzlich aussprechen, auch wenn der Arbeitnehmer vorher den Änderungsvertrag abgelehnt hat, um ihn zur Entscheidung zu zwingen (vgl. BAG, Urt. v. 21.4.2005 – 2 AZR 244/04, NZA 2005, S. 1294).

Ist zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung gar keine Weiterbeschäftigung möglich und absehbar, droht eine personenbedingte Beendigungskündigung nach entsprechender Anhörung der Mitbestimmungsgremien (§ 102 BetrVG, § 178 Abs. 2 SGB IX). Wird die Kündigung auf einen Eignungs- oder Befähigungsmangel gestützt, der zu einer Störung des Arbeitsverhältnisses führt, ist die Kündigung nur verhältnismäßig, wenn der Eignungs- oder Befähigungsmangel nach einer vorzunehmenden Prognose nicht in einem vertretbaren Zeitraum behoben werden kann (BAG, Urt. v. 20.6.2024 – 2 AZR 134/23, NJW 2024, S. 3396 = ArbRAktuell 2024, S. 521: Entzug der Fahrberechtigung für Triebfahrzeuge).

Beispiel 1: A ist vertraglich Staplerfahrer in der innerbetrieblichen Logistik und besteht die G25 nicht. Er darf deshalb nicht mehr so eingesetzt werden und verliert seinen Vergütungsanspruch, da er nicht objektiv arbeitsfähig ist. Ist seine Weiterbeschäftigung auf einer freien, gleichwertigen Stelle in der Materialausgabe/Warenannahme rechtlich und tatsächlich möglich, wäre er dorthin zu versetzen, sonst droht ggf. eine Kündigung (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.6.2024 – 7 Sa 209/23; BAG, Urt. v. 5.6.2008 – 2 AZR 984/06, AP BGB § 626 Nr. 212: Entzug Fahrerlaubnis Kraftfahrer).

Beispiel 2: B ist Mechatroniker und Monteur im Großanlagenbau. Dabei muss er auch in Höhen arbeiten (G42) und bedient auch Kräne zur Bewegung von schweren Bauteilen (G25). Wegen gesundheitlicher Probleme besteht er beide G-Untersuchungen nicht. Hier könnte der Arbeitgeber die Personaldisposition ggf. so ändern, dass B stehend am Boden montiert und Teilezuführung nur mit antriebslosen Wagen erledigt, während Kollegen die Höhenarbeit und Kranbedienung übernehmen.

Arbeitsschutz und -medizinische Aspekte

Der Betriebsarzt, der die arbeitsmedizinische Vorsorge durchführt, darf auch Eignungsuntersuchungen durchführen. Dabei agiert er jedoch nicht als Betriebsarzt, sondern als Vertrauensarzt. Die Eignungsuntersuchung darf in keinem Fall auf die Einsatzzeit angerechnet werden, da sie nicht auf die Prävention i. S. d. Zwecksetzung in § 1 ASiG abzielt (vom Stein/Rothe/Schlegel Gesundheitsmanagement/Pieper, 2. Aufl. 2021, § 11 Rz. 46). Zur klaren Abgrenzung von Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen gegenüber der arbeitsmedizinischen Vorsorge legt die ArbMedVV ausdrücklich fest, dass arbeitsmedizinische Vorsorge nicht den Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen nach sonstigen Rechtsvorschriften oder individual- oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen (d. h. Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen) umfasst (vgl. § 2Abs. 1Nr. 5 ArbMedVV; vom Stein/Rothe/Schlegel Gesundheitsmanagement/Pieper, 2. Aufl. 2021, § 12 Rz. 270).

Eignungs- oder Tauglichkeitsuntersuchungen sind eine gutachtliche Untersuchung im Auftrag und auf Kosten des Arbeitgebers (§ 3Abs. 3 ArbSchG) und unterliegen einer privatrechtlichen bzw. arbeitsrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei der Eignungsuntersuchung erbringt der Arbeitnehmer den erforderlichen Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung für die berufliche Anforderung. Hier liegt die Unterscheidung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, welche das Ziel der persönlichen Aufklärung und Beratung des Arbeitnehmers über Gesundheitskrisen bei der Arbeit hat. Erfahrungsgemäß liegen die Kosten für Eignungsuntersuchungen aktuell zwischen 80 und 200 Euro je nach Art und Umfang.

Mitbestimmungsrechte und Datenschutz

Betriebsvereinbarungen über ärztliche Eignungsuntersuchungen im Arbeitsverhältnis sind nur als freiwillige nach § 88 BetrVG möglich (Fitting, 32. Aufl. 2024, BetrVG § 94 Rz. 24). Auch eine Betriebsvereinbarung kann als kollektive Regelung aber nicht die erforderliche Einwilligung des Arbeitnehmers in eine ärztliche Untersuchung wirksam ersetzen – dies ist auch vor dem Hintergrund der Art. 1, 2 Abs. 1 GG, § 75 Abs. 2 BetrVG eine höchstpersönliche, individuelle Entscheidung, die nicht durch Betriebs-/Tarifvertragsparteien überwunden werden kann (vgl. Fitting, 32. Aufl. 2024, BetrVG § 87 Rz. 72: Alkoholverbot; BAG, Urt. v. 19.6.2024 – 5 AZR 192/23, NZA 2024, S. 1351: Corona-Impfung). Die Betriebsvereinbarung hat folgende Vorteile:

  • Sie ist AGB-kontrollfrei (§ 310 Abs. 4 BGB), wird aber am Maßstab des § 75 Abs. 2 BetrVG, Art. 1, 2 Abs. 1 GG gemessen.
  • Sie ist als Erlaubnistatbestand zur Verarbeitung personenbezogener Daten anerkannt (Stück, ZD 2019, S. 256; Stamer/Kuhnke in Plath, § 26 BDSG Rz. 18ff.), die aber den Vorgaben der Art. 5, 6, 9DSGVO entsprechen mussund gerichtlich voll kontrolliert wird (EuGH, Urt. v. 19.12.2024 – C-65/23, NZA 2025, S. 38).

Zuständig für den Abschluss der Betriebsvereinbarung ist grundsätzlich originär der lokale Betriebsrat und der Gesamt-/Konzernbetriebsrat nur per Delegation. Eine originäre Zuständigkeit von GBR/KBR könnte begründet sein, wenn eine unternehmens-/konzernweit einheitliche IT-Anwendung i.S.d § 87 Abs. 1Nr. 6 BetrVG zum Einsatz kommt (BAG, Beschl. v. 16.7.2024 – 1 ABR 16/23, NZA 2024, S. 1654: Headsets).

Betriebsvereinbarung Medizinische Eignungsuntersuchungen

Zwischen der

X-GmbH

und dem

Betriebsrat der X-GmbH

Präambel

Die in dieser Betriebsvereinbarung vereinbarten Eignungsuntersuchungen dienen vorrangig den Schutzinteressen von Beschäftigten, Arbeitskollegen, sonstigen Dritten sowie des Arbeitgebers in gefährdeten Bereichen. Nicht offensichtliche Einschränkungen eines Beschäftigten kann der Arbeitgeber nur nach Mitteilung des betroffenen Beschäftigten oder eines Arztes erkennen, um daran seine Schutz-/Fürsorgepflichten auszurichten.

Eignungsuntersuchungen verbessern den Gesundheitsschutz im Rahmen der Fürsorgepflicht der X-GmbH bei Tätigkeiten, bei denen nicht aufgrund vermeidbarer, besonderer gesundheitlicher Risiken andere Maßnahmen indiziert sind. Sie sind deshalb auf der Grundlage rechtlicher Vorgaben oder der Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.

Die Betriebsparteien vereinbaren nach § 88 BetrVG; § 26 Abs. 3, 4 BDSG; Art. 6Abs. 1 lit. b, c, f, Art. 9Abs. 2 lit.h DSGVO folgendes:

§ 1 Geltungsbereich

Diese Regelung gilt:

(1) persönlich für Arbeitnehmer der X-GmbH sowie Leiharbeitnehmer bei der X-GmbH. Zur sprachlichen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit sind bei der Bezeichnung von Personen und Personengruppen stets Personen jeden Geschlechts gemeint.

(2) räumlich für alle Betriebe bzw. Standorte der X-GmbH bundesweit bzw. im Falle von Auslandseinsätzen für die im Inland erfolgende Eignungsuntersuchung

(3) persönlich für alle Beschäftigten, die eine Tätigkeit nach § 2 ausüben. Zur Festlegung des Personenkreises können die Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG herangezogen werden.

§ 2 Betroffene Tätigkeiten und Untersuchungsinhalte

(1) Für folgende Bereiche und Tätigkeiten sind Eignungsuntersuchungen nach der jeweils aktuellen Vorgabeder Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) vorgesehen:

(2) Die Inhalte und Beurteilungskriterien für die Untersuchungen orientieren sich an den jeweils aktuellen Vorgaben der DGUV:

a) BGI/GUV-I 504-25 Information „Handlungsanleitung für arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G25“

b) DGUV Information 205-006 „Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre“ (G 28)

c) Zentralvorschrift Wehrmedizinische Begutachtung A1-831/0-4000.

(3) Für Beschäftigte, die im Rahmen der unter § 2 Abs. (1) c genannten Tätigkeit tätig werden, ist die Teilnahme am HEAT (Hostile Environment Awareness Training) verpflichtend. Aufgrund der gesundheitlichen Anforderungen zur Teilnahme am HEAT wurde in Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt eine Eignungsuntersuchung definiert. Die Inhalte und Beurteilungskriterien für die HEAT-Untersuchung ergeben sich aus der Zentralvorschrift Wehrmedizinische Begutachtung A1-831/0-4000 und werden in Anlage 1 dargestellt.

(4) Im Einzelfall können zusätzliche Untersuchungsbestandteile nötig sein, um dem Arbeits- oder Betriebsmedizinereine Beurteilung der Eignung des Untersuchten zu ermöglichen. In diesen Fällen wird der Arbeits- oder Betriebsmediziner den Untersuchten entsprechend vor Durchführung der zusätzlichen Untersuchungen informieren.

§ 3 Verfahrensvorschrift

(1) X-GmbH ist dafür verantwortlich, Eignungsuntersuchungen zu veranlassen und hat dafür Sorge zu tragen, dass sie gemäß den Vorschriften durchgeführt werden.

(2) X-GmbH stellt sicher, dass der Arbeits- oder Betriebsmediziner sich vor Durchführung der Untersuchung alle erforderlichen Auskünfte über die Arbeitsplätze, den Anlass der Untersuchung sowie die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung verschaffen kann.

§ 4 Zeitliche Untersuchungsabstände

(1) Die Erstuntersuchung hat vor Aufnahme der Tätigkeit zu erfolgen. Bei einem bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnis wird die Eignungsuntersuchung im laufenden Arbeitsverhältnis drei Monate vor Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt, soweit es für die ausgeübte Tätigkeit erforderlich und verhältnismäßig ist.

(2) Soweit nicht abweichend geregelt, ist die Nachuntersuchung für betroffene Beschäftigte bis zum vollendeten 40. Lebensjahr in einem Intervall von 36 Monaten, ausgehend von der Erstuntersuchung, regelmäßig durchzuführen. Betroffene Beschäftigte ab dem vollendeten 40. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr sind nach zwölf bis 24 Monaten erneut zu untersuchen. Ab dem vollendeten 60. Lebensjahr wird die Nachuntersuchung nach zwölf Monaten fällig. Die Nachuntersuchung muss innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten vor dem Ende des jeweiligen Intervalls durchgeführt werden.

Die Nachuntersuchung für betroffene Beschäftigte im Tätigkeitsbereich „Arbeiten in sauerstoffreduzierter Atmosphäre“ wird spätestens nach zwölf Monaten nach der Erstuntersuchung fällig.

(3) Treten Zweifel an der Eignung auf, ist unverzüglich eine vorzeitige Nachuntersuchung zu veranlassen. Vorzeitige Nachuntersuchungen können bspw. stattfinden:

a) nach längerer Arbeitsunfähigkeit (z. B. mehrwöchiger Erkrankung) oder körperlicher Beeinträchtigung, die Anlass zu Bedenken gegen die weitere Ausübung der Tätigkeit geben könnten.

b) nach Ermessen des Arbeits- oder Betriebsmediziners in Einzelfällen (z. B. bei befristeten gesundheitlichen Bedenken).

c) auf Wunsch des Beschäftigten, der eine Gefährdung aus gesundheitlichen Gründen bei weiterer Ausübung seiner Tätigkeit vermutet und ausschließen möchte.

d) wenn Hinweise auftreten, die aus anderen Gründen Anlass zu Bedenken gegen die weitere Ausübung der Tätigkeit geben.

§ 5 Verbindlichkeit der Untersuchungen

(1) Die Untersuchungen sind Voraussetzung für die Beschäftigung mit den entsprechenden Tätigkeiten. Die Beschäftigten sind von den entsprechenden Tätigkeiten freizustellen bzw. dürfen ihnen diese nicht übertragen werden, wenn:

a) keine aktuellen betriebsärztlichen Beurteilungen vorliegen.

b) das Ergebnis der letzten Eignungsuntersuchung „befristet“ oder „dauernd nicht geeignet“ ergeben hat.

c) die Eignung nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben ist.

(2) Verweigert ein Beschäftigter die Eignungsuntersuchung oder nimmt er einen Termin unentschuldigt nicht wahr, wird er unter Fristsetzung erneut zur Teilnahme aufgefordert. Findet keine erforderliche Eignungsuntersuchung statt, so gilt der betroffene Beschäftigte bis zur Vorlage des gegenteiligen Ergebnisses als nicht geeignet und darf die Tätigkeiten, für die die Eignungsuntersuchung Voraussetzung ist, nicht zugewiesen bekommen und ausüben. Gleiches gilt für Nachuntersuchungen.

(3) Die X-GmbH behält sich unter Abwägung der gegenseitigen Interessen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entsprechende arbeitsrechtliche Maßnahmen vor bei:

a) unentschuldigtem Versäumnis der Erstuntersuchung

b) wiederholt unentschuldigtem Versäumnis

c) Verweigerung der Untersuchungen gemäß § 4.

Soweit die Untersuchungen bei Tätigkeiten anfallen, für die sich der Beschäftigte freiwillig zur Verfügung gestellt hat, sind arbeitsrechtliche Maßnahmen in diesem Zusammenhang unzulässig. In diesen Fällen erfolgt eine Rückkehr auf den bisherigen Arbeitsplatz. Sollte dieser nicht mehr vorhanden sein, erfolgt eine Rückkehr/Umsetzung auf einen vorhandenen gleichwertigen Arbeitsplatz.

§ 6 Ergebnismitteilung an Beschäftigten und Arbeitgeber

(1) Alle im Rahmen dieser Untersuchung erhobenen Befunde unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht und dürfen nicht an die X-GmbH bzw. an andere Dritte weitergeleitet werden. Dies gilt nicht, sofern der Beschäftigte den untersuchenden Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht schriftlich entbunden hat.

(2) Das Ergebnis der Untersuchung wird dem Beschäftigten durch den untersuchenden Arzt mitgeteilt. Zusätzlich erhält neben dem Arbeitnehmer auch der Arbeitgeber eine Bescheinigung.

(3) Die Bescheinigung enthält eine der folgenden Beurteilungen:

a) geeignet.

b) unter bestimmten Voraussetzungen geeignet (z. B. erfolgt hier der Hinweis auf die Notwendigkeit einer geeigneten Sehhilfe).

c) befristet nicht geeignet bis TT.MM.JJJJ.

d) dauerhaft nicht geeignet.

(4) Ausgenommen hiervon ist das Ergebnis der Untersuchung zur Teilnahme am HEAT. Diese Bescheinigung enthält nur die folgenden Beurteilungen:

a) geeignet.

b) nicht geeignet.

§ 7 Vorgehen bei gesundheitlichen Bedenken

(1) Ergibt die Eignungsuntersuchung, dass der betroffene Beschäftigte nur unter bestimmten Voraussetzungen geeignet oder befristet oder unbefristet nicht geeignet ist, hat dieser dies der disziplinarischen Führungskraft umgehend mitzuteilen. Die Führungskraft muss unverzüglich, nachdem sie Kenntnis von einer Einschränkung oder fehlenden Eignung erlangt hat, hierauf reagieren, um vorrangig den Schutzinteressen des betroffenen Beschäftigten, von Arbeitskollegen, sonstigen Dritten sowie des Arbeitgebers gerecht zu werden. Die Führungskraft muss den Beschäftigten von den entsprechenden Tätigkeiten umgehend freistellen bzw. darf ihm diese nicht mehr übertragen. Anschließend ist eine weitere Beschäftigung nach den folgenden Grundsätzen zu prüfen:

a) Ist die Eignung an bestimmte Voraussetzung gebunden, so erfolgt eine Beschäftigung für die vorgesehene Tätigkeit nach Schaffung dieser. Die X-GmbH hat den Beschäftigten bei der Erfüllung der Voraussetzungen soweit wie möglich zu unterstützen. Eine Beschäftigung mit anderen Tätigkeiten darf nur erfolgen, wenn der X-GmbH ein Zuwarten bis zur Erfüllung der Voraussetzung(en) nicht zumutbar ist, z. B. bei einem zeitkritischen Einsatz.

b) Zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses muss stets die Zuweisung oder das Angebot anderer Arbeitsaufgaben geprüft werden; ist dies möglich, sind diese entsprechend zuzuweisen (im Wege des Direktionsrechts) bzw. anzubieten (im Wege des Änderungsvertrags, ggf. einer Änderungskündigung).

c) Soweit die Untersuchungen bei Tätigkeiten anfallen, für die sich der Beschäftigte freiwillig zur Verfügung gestellt hat, erfolgt eine Rückkehr auf den bisherigen Arbeitsplatz. Sollte dieser aus betriebsbedingten Gründen entfallen sein, erhält der Beschäftigte einen vergleichbaren Arbeitsplatz für den er geeignet ist, zugewiesen. Die X-GmbH wird zumutbare Maßnahmen ergreifen, um eine Weiterbeschäftigung sicherzustellen, z. B. Umschulungen, Fort- und Weiterbildungen.

d) Bestehen die gesundheitlichen Bedenken befristet, kann die X-GmbH die obenstehenden Maßnahmen nur ergreifen, wenn ihr ein Zuwarten bzgl. der Wiederherstellung der Eignung nach Abwägung der beidseitigen Interessen nicht zumutbar ist, z. B. Eignung wird voraussichtlich nicht rechtzeitig für einen zeitgebundenen Einsatz wiederhergestellt sein.

(2) Die Rechte des örtlichen Betriebsrats und/oder der Schwerbehindertenvertretung bleiben hiervon unberührt (z. B.§§ 99; 102 BetrVG, § 178 Abs. 2 SGB IX).

§ 8 Kosten

X-GmbH übernimmt alle im direkten Zusammenhang mit den Eignungsuntersuchungen entstehenden erforderlichen Kosten (z. B. Reisekosten, Übernachtungskosten, Arztkosten). Weitere Kostenübernahmepflichten können sich aus den allgemeinen Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz ergeben.

§ 9 Datenschutzregelungen

(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt gemäß der Anlage XX zur GBV IT Rahmen „elektronische Personalakte“ (Register 1 Arbeits- und Grundverhältnis) und dem bestehenden Datenschutzkonzept.

(2) Eine Verwendung der personenbezogenen Daten zur persönlichen Verhaltens- und Leistungskontrolle außerhalb der hier beschriebenen tätigkeitsbezogenen Eignungsuntersuchungen i. S. d.§ 87 Abs. 1Nr. 6 BetrVG ist ausgeschlossen und unzulässig.

§ 10 Salvatorische Klausel

(1) Sollten einzelne Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung unwirksam sein oder werden oder im Widerspruch zu gesetzlichen oder gleich-/höherrangigen kollektivrechtlichen Regelung stehen, bleiben die übrigen Regelungen hiervon unberührt.

(2) Die unwirksame oder im Widerspruch stehende Regelung ist durch eine Regelung zu ersetzen, die dem mutmaßlichen Willen der Betriebsparteien am nächsten kommt.

(3) Sollte eine in dieser Betriebsvereinbarung enthaltene Regelung nicht eindeutig auszulegen sein, muss sie so ausgelegt werden, dass ein maximaler Arbeits-/Gesundheitsschutz der Beschäftigten bzw. geschützter Dritter gewährleistet ist.

§ 11 Inkrafttreten/Kündigungsfrist

(1) Diese Betriebsvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft und kann mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Jahresende schriftlich gekündigt werden.

(2) Diese Betriebsvereinbarung wirkt bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung nach.

(3) Die Anlagen zu dieser Betriebsvereinbarung können im Einvernehmen der Betriebsparteien jederzeit aktualisiert, ergänzt oder ausgetauscht werden.

Ort, Datum, Unterschriften bzw. digitale Zeichnung

Anlagen:

Anlage 1 – Eignungsuntersuchung HEAT-Lehrgang

Anlage 1 – Eignungsuntersuchung HEAT-Lehrgang:

Folgende Bestandteile beinhaltet die Eignungsuntersuchung HEAT:

  • Ganzkörperstatus mit Körpergröße und Gewicht, Blutdruck im Sitzen rechter und linker Arm (Blutdruck: Normalwerte: </= 140/90), Herzfrequenz, Auskultation Herz und Lunge, Abdomen palpatorisch, periphere Pulse und Reflexe
  • Laborparameter: großes Blutbild, TSH basal, CRP, Cholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin, Blutzucker, HbA1c, Gamma-GT, GPT, ALAT, ASAT, Kreatinin, optional Harnsäure (bei entsprechender Anamnese)
  • Urinteststreifen (Combur-10)
  • Ruhe-EKG und Belastungs-EKG
  • Spirometrie
  • Sehtest (umfasst Fern- und Nahvisus, Kontrastsehen, Stereosehen, Farbsehen)
  • Hörtest

Folgende Kriterien sollte der Beschäftigte erfüllen, um für die Teilnahme geeignet zu sein:

  • Normalgesundes Sehvermögen (umfasst Fern- und Nahvisus, Kontrastsehen, Stereosehen, Farbsehen)
  • Normale Lungenfunktion
  • Normales orientierendes Hörvermögen
  • Belastungs-EKG (2 Watt pro kg Körpergewicht reichen aus)

Das Ergebnis der Untersuchung (geeignet/nicht geeignet) ist dem Arbeitgeber mitzuteilen. Die X-GmbH erhält keine weiteren Informationen über das Untersuchungsergebnis.

Volker Stück

Volker Stück
Rechtsanwalt, Lead Expert Labour Law & Mitbestimmung, BWI GmbH, Bonn

Christina Salo

Christina Salo
HR Senior Expert, BWI GmbH, Bonn
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· Artikel im Heft ·

Medizinische Eignungsuntersuchung
Seite 25 bis 31
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