Mitbestimmung des Betriebsrats bei Personalplanung und Berufsbildung

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 Bild: bizvector/stock.adobe.com
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Der Betriebsrat eines Filialbetriebs mit 100 Mitarbeitern forderte den Arbeitgeber auf, ihn anhand von Unterlagen darüber zu unterrichten, welches Stundenbudget – monatsbezogen – für die Filiale 2024 besteht, wie und nach welchen Merkmalen, Strategien und/oder Vorgehensweisen dieses Budget festgelegt wurde und ob und inwieweit die täglich in sog. Nippons mitgeteilten Vorgaben zu Umsatzzielen Relevanz für die Personalplanung – qualitativ und quantitativ – haben, d. h. wie viele Mitarbeiter in welcher Position an welchem Tag zu welcher Tageszeit in welcher Abteilung benötigt werden. Ferner machte er geltend, für jeden einzelnen Mitarbeiter einschließlich Auszubildende wissen zu wollen, ob und wenn ja, welcher Bedarf an Berufsbildung besteht und die Methode der Ermittlung sowie den zugrunde gelegten Ist-Soll-Bedarf zu erfahren. Der Arbeitgeber wandte ein, dass er keine Personalplanung betreibe, sondern die Personalsituation jeweils situativ und kurzfristig festlege. Auch über die der Filiale zugeordneten Stundenbudgets erfolge keine Steuerung des Personals. Außerdem bespreche das Unternehmen etwaigen Personalbedarf im Rahmen der Monatsgespräche mit dem Betriebsrat. Hinsichtlich der Berufsbildung bestehe kein Nachholbedarf, da der Ist-Zustand der Qualifikation der jeweiligen Anforderung an den Arbeitsplatz entspreche.

Dennoch gab das LAG München den Anträgen des Betriebsrats statt (Beschl. v. 27.5.2024 – 4 TaBV 68/23). Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über seine Personalplanung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Der Begriff Personalplanung bezeichnet jede Planung, die sich auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf in quantitativer oder qualitativer Hinsicht und dessen Deckung in zeitlicher und örtlicher Hinsicht bezieht. Dabei meint „Planung“ den Prozess des Festlegens der Ziele und des Formulierens von Methoden, Strategien und Vorgehensweisen, um diese zu erreichen. Der Arbeitgeber ist zur proaktiven Information des Betriebsrats verpflichtet. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich ein Informationsrecht des Betriebsrats für seine Fragen zum Stundenbudget 2024 sowie zur Bedeutung der hinterlegten Umsatzziele der Filiale. Es liegt nahe, dass das Stundenbudget im Zusammenhang mit einer Personalplanung im o. g. Sinne steht, da der Arbeitgeber planen muss, mit wie vielen Zeitstunden der Arbeitsbedarf gedeckt werden kann. Auch eine kurzfristige und intuitive Planung ist von § 92 BetrVG erfasst. Der Betriebsrat ist außerdem darüber zu unterrichten, ob und wie weit die Vorgaben zu Umsatzzielen Relevanz für die Personalplanung haben.

Der Informationsanspruch des Betriebsrats zum Thema Berufsbildung ergab sich aus § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Dieser umfasst die Initiierung einer Bedarfsermittlung sowie die Beratung über das Thema Berufsbildung, wozu der Betriebsrat auch Vorschläge unterbreiten kann. Der Anspruch bezieht sich auf den (personenbezogenen) Ist-Zustand und die arbeitsplatzbezogene Soll-Analyse von Berufsbildung. Der Arbeitgeber ist zwar grundsätzlich in der Art der Ermittlung frei. Wenn er sich jedoch selbst auf eine Übereinstimmung von Ist- und Soll-Bedarf beruft, hat er seine Ermittlung offenbar danach ausgerichtet. Mit der pauschalen Behauptung, die Manager evaluierten regelmäßig die Mitarbeiter, indem sie sie beobachteten und sich besprechen, ist der Anspruch des Betriebsrats nicht erfüllt. Vielmehr muss der Arbeitgeber angeben, wie der Ist-Zustand der Qualifikation für jeden einzelnen Mitarbeiter aussieht und welche Anforderungen an die Qualifikation auf den Arbeitsplätzen bestehen.

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Mitbestimmung des Betriebsrats bei Personalplanung und Berufsbildung
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