Gem. § 1 Abs. 1 MiLoG haben jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber mindestens in Höhe des Mindestlohns.
Gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 MiLoG kann die Höhe des Mindestlohns durch Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt und geändert werden.
Mit der dritten Mindestlohnanpassungsverordnung vom 9.11.2020 hat die Bundesregierung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und den Mindestlohn ab 1.1.2021 und dann fortlaufend ab 1.7.2022 betragsmäßig brutto je Arbeitsstunde festgelegt.
Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in § 11 MiLoG.
Gem. § 20 MiLoG sind Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns zu zahlen.
Wie sich aus § 1 MiLoG eindeutig ergibt, handelt es sich beim Mindestlohn um Arbeitsentgelt, d. h. um Entgelt für geleistete Arbeit durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer je Arbeitsstunde.
Zur Zahlung des Mindestlohns ist – wer sonst? – der jeweilige Arbeitgeber verpflichtet.
Vorschlag der Europäischen Kommission
Bis hierher wäre alles einfach und klar, hätte sich nicht die Europäische Kommission mit einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (COM[2020] 682 final) vom 28.10.2020 des Problems angenommen. Rechtsgrundlage der Richtlinie ist nach Auffassung der EU-Kommission Art. 153 Abs. 1b AEUV.
In der Begründung der Europäischen Kommission für den genannten Richtlinienvorschlag ist u. a. wörtlich ausgeführt:
„Ein angemessener Mindestlohnschutz sichert ein menschenwürdiges Leben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unterstützt die Binnennachfrage, stärkt die Anreize für Erwerbstätigkeit und verringert die Armut trotz Erwerbstätigkeit sowie die Ungleichheit am unteren Ende der Lohnskala. Der Mindestlohnschutz fördert außerdem die Gleichstellung der Geschlechter, da eher Frauen als Männer Einkommen am oder um den Mindestlohn beziehen.“
Bewertung und Stellungnahme
Diese Begründung unterstellt dem Mindestlohn eine Funktion, die er gar nicht haben kann.
Der Arbeitgeber als Schuldner des Mindestlohns ist weder verantwortlich
- für ein menschenwürdiges Leben für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch
- für eine Unterstützung der Binnennachfrage noch
- für eine Stärkung der Anreize für Erwerbstätigkeit oder
- für eine Verringerung der Armut trotz Erwerbstätigkeit.
Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, für die Gleichstellung der Geschlechter bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zu sorgen.
Deshalb ist die Stellungnahme der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) vom 1.7.2021 einschlägig, in der es u. a. wörtlich heißt:
„Dieser Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission ist dezidiert abzulehnen. Er steht nicht im Einklang mit den der EU vertraglich zugewiesenen Kompetenzen und greift durch die Einführung neuer europäischer Kriterien zur Festlegung von Mindestlöhnen völlig unangemessen in die nationalen Zuständigkeiten von Regierungen und Sozialpartnern ein. Eine Stärkung der Tarifautonomie und der Sozialpartnerschaft innerhalb der EU wird dadurch nicht erreicht.“
Dieser Stellungnahme ist nichts hinzuzufügen.
Dr. jur. Günter Schmitt-Rolfes

Attachment | Size |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 128.06 KB |
· Artikel im Heft ·
Beschlussfassung der Mindestlohnkommission
Die Mindestlohnkommission setzt sich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 MiLoG aus je drei stimmberechtigten
Rechtliche Grundlagen
Unter Arbeitnehmerüberlassung versteht man die zeitlich begrenzte Überlassung eines Arbeitnehmers durch den
Auch wenn sowohl die Grundvergütung wie auch in vielen Situationen die Sonderzahlungen durch tarifliche Anspruchsgrundlagen festgelegt
Ausgangslage: Gesetzgebung gegen den Fachkräftemangel
Nach Angabe der Bundesregierung waren in Deutschland im Jahr 2022 fast zwei Millionen Stellen
Fachkräftestrategie und Migrationspaket
Die in der Fachkräftestrategie enthaltenen politischen Grundaussagen der Bundesregierung
„Die größte Gefahr für uns alle geht vom Vergessen aus. Davon, dass wir uns nicht mehr daran erinnern, was wir einander antun, wenn wir