Üble Nachrede per WhatsApp

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 Bild: oatawa/stock.adobe.com
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Der Tatbestand der üblen Nachrede (§ 186 StGB) erfasst das Behaupten oder Verbreiten von ehrenrührigen Tatsachen über einen Dritten. Im Unterschied zur Verleumdung setzt die üble Nachrede nicht voraus, dass der Täter weiß, dass die ehrenrührige Tatsachenbehauptung unwahr ist. Das Gesetz droht im Sinne eines wirksamen Ehrenschutzes auch dann mit Strafe, wenn die behauptete Tatsache nicht erweislich wahr ist. Die Verbreitung einer üblen Nachrede über Vorgesetzte bzw. Kollegen kann einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Diese Erfahrung machte eine zum 15.2.2018 eingestellte kaufmännische Angestellte. Sie besuchte am17.2.2018 (Samstag) in ihrer Freizeit ein Café. Dort entwickelte sich ein Gespräch an der Bar mit flüchtigen Bekannten. Zwei der Gesprächsteilnehmer äußerten, dass ein Mitarbeiter des Unternehmens, in dem die Angestellte ihre Arbeit aufgenommen hatte, angeblich ein verurteilter Vergewaltiger sein soll. Dabei handelte es sich um den Vater des Geschäftsführers. Diese Behauptung entsprach nicht den Tatsachen, was die Klägerin erst später erfuhr. Im Anschluss an diese Unterhaltung informierte die Klägerin noch am selben Tag ihre neue Arbeitskollegin, Frau S., mittels des Messengerdienstes WhatsApp über den Inhalt des Gesprächs. In dem mehrzeiligen Chat bezichtigte sie den Vater des Geschäftsführers nicht nur der Verurteilung wegen Vergewaltigung, sondern auch eines Betrugs in der Versicherungsbranche, der aber nie angezeigt worden sein soll. Außerdem erklärte sie, dass sie in diesem Unternehmen nicht arbeiten werde und wirkte auf die Kollegin ein, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden. Frau S. informierte am darauffolgenden Montag den Geschäftsführer, der das Arbeitsverhältnis der Kollegin fristlos, hilfsweise ordentlich innerhalb der Probezeit kündigte. Während die erste Instanz die fristlose Kündigung für unwirksam hielt, gab das LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 14.3.2019 – 17 Sa 52/18, rk.) dem Unternehmen Recht.

Bei der unwahren Tatsache, die von der Klägerin verbreitet worden war, handelte es sich um eine äußerst gravierende Beschuldigung, die ehrverletzend ist und mit einer erheblichen Rufschädigung des Betroffenen verbunden ist. Sie kann auch Außenwirkung haben, wenn sich z. B. das objektiv falsche Gerücht nicht nur intern weiter verbreitet und so u. U. Kundenbeziehungen auf dem Spiel stehen. Der Tatbestand des Verbreitens liegt auch vor, wenn die Weitergabe der Nachricht vertraulich in einer Zweierkommunikation erfolgt. Weder das Recht zur freien Meinungsäußerung noch die Wahrnehmung berechtigter Interessen rechtfertigten das Verhalten der Mitarbeiterin. Im Hinblick auf die sehr kurze Dauer des Beschäftigungsverhältnisses von gerade einmal zwei Tagen gab es keinen besonderen Bestandsschutz für das Arbeitsverhältnis, so dass auch die Interessenabwägung zulasten der Klägerin ausfiel. Dazu trug auch die Quelle bei, aus der sie das Gerücht erhalten hatte (Gespräch an einer Bar) und dass sich die unzutreffende diffamierende Behauptung auf den Vater des Geschäftsführers bezog.

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Dr. Claudia Rid

Dr. Claudia Rid
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, München

· Artikel im Heft ·

Üble Nachrede per WhatsApp
Seite 546 bis 547
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