Ukrainische Flüchtlinge in Deutschland beschäftigen: Das müssen Arbeitgeber jetzt beachten
Seit dem Krieg in der Ukraine sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums zuletzt über 200.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Sie alle suchen Schutz und Sicherheit. Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist dabei enorm. Auch viele Unternehmen wollen den Flüchtenden helfen und ihnen Arbeitsangebote unterbreiten. Hierzu gilt eine ganze Reihe besonderer Regelungen.
1. Ausgangslage
Sowohl die Europäische Union (EU) als auch Deutschland haben besondere Regelungen geschaffen, um möglichst schnellen und unbürokratischen Schutz für ukrainische Geflüchtete gewähren zu können. Innerhalb weniger Tage nach Beginn des Krieges einigte sich die EU auf die Richtlinie zum sog. Massenzustrom (RL 2001/55/EG), die nach den Balkan-Kriegen entstand und nun erstmalig genutzt wird.
Damit erhalten Geflüchtete aus der Ukraine einen vorübergehenden Schutz von einem Jahr bis zu drei Jahren. Mit diesem Status einher geht die Aufenthaltserlaubnis durch die örtlich zuständige untere Ausländerbehörde. Eine Aufnahme in einer Erstaufnahmeeinrichtung – wie in der Flüchtlingskrise 2015 – oder langwierige Asylanträge sind somit nicht erforderlich.
Unter den vorübergehenden Schutz fallen folgende Gruppierungen:
- Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24.2.2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten,
- Staatenlose sowie Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24.2.2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben,
- Familienangehörige der ersten beiden genannten Personengruppen (d. h. Ehegatten, unverheiratete Lebenspartner, minderjährige ledige Kinder und enge Verwandte unter weiteren Voraussetzungen), auch wenn sie nicht ukrainische Staatsangehörige sind und
- Staatenlose sowie Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die nachweisen können, dass sie sich vor dem 24.2.2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben, und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren.
Im Hinblick auf die derzeitige Corona-Situation reicht darüber hinaus vor der Einreise eine allgemeine Testpflicht aus. Da die Ukraine seit dem 27.2.2022 nicht mehr als Hochrisikogebiet eingestuft wird, sind damit Quarantäne oder vorherige Anmeldung hinfällig. Corona-Schutzimpfungen sollen den ukrainischen Flüchtlingen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
2. Benötigen die ukrainischen Geflüchteten eine Arbeitserlaubnis?
Die ukrainischen Flüchtlinge erhalten nach den oben genannten Regelungen nicht nur ein Aufenthaltsrecht zum vorübergehenden Schutz, sondern auch einen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Wichtig zu wissen ist, dass die Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich nicht als Arbeitserlaubnis gilt. Hierzu bedarf es einer gesonderten Erlaubnis zur unselbstständigen Beschäftigung, die ebenfalls von der Ausländerbehörde erteilt wird. Somit sollten sich ukrainische Flüchtlinge, die Arbeit in Deutschland aufnehmen möchten, zeitnah mit der örtlichen Ausländerbehörde in Verbindung setzen und sich dort registrieren lassen. Für eine selbstständige Tätigkeit muss eine solche Erlaubnis nicht eingeholt werden.
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Die in Kraft gesetzte und bereits genannte Massenzustrom-Richtlinie gestattet den Mitgliedsstaaten zwar den Zugang zur Beschäftigung unter den Vorbehalt einer Vorrangprüfung zu stellen, der Beschäftigungszugang in Deutschland erfordert allerdings nach der Beschäftigungsverordnung (§ 31) keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit, sodass der Erteilung keine Gründe für eine Versagung entgegenstehen dürften.
Das Bundesinnenministerium hat bereits zugestimmt, dass die Arbeitserlaubnis zusammen mit dem Aufenthaltstitel unbürokratisch durch die Ausländerbehörden ausgestellt werden soll. Die Agentur für Arbeit will die Flüchtlinge, die in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden möchten, darüber hinaus mit verschiedenen Maßnahmen, u. a. durch Übernahme von Bewerbungskosten, Coachings oder weiteren Lehrgängen, unterstützen.
Es besteht für Arbeitgeber also unter den genannten Voraussetzungen durchaus die Möglichkeit, ukrainischen Flüchtlingen einen Arbeitsplatz anzubieten.
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Nina Senninger

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