Unverhältnismäßigkeit von Geschäftsführervergütung

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Im BFH-Urteil vom 12.3.2020 (V R 5/17) ging es um die Frage, ob Zahlungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH, an der dieser nicht kapitalmäßig beteiligt war, einen Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit und zwar in Form der Ausprägung des Drittbegünstigungsverbots i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO darstellen.

Der BFH geht davon aus, dass die „Unverhältnismäßigkeit“ im Sinne der zuvor genannten Vorschrift dieselbe Bedeutung hat wie die „Unangemessenheit“ im Bereich der Körperschaftsteuer und damit im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die Unverhältnismäßigkeit der Vergütung ist in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung zu bestimmen.

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Im Fall entwickelte sich die Gesamtausstattung des Geschäftsführers (eines ausgebildeten Sozialarbeiters) wie folgt: In den Jahren 2005 bis 2007 erhielt er zwischen 132.705 und 137.348 Euro jährlich. Zwischen 2008 und 2010 stiegen die Zahlungen zunächst auf 243.564 Euro, dann auf 266.899 und 283.235 Euro, wobei jeweils zwischen 49.801 und 87.92 Euro der Summe als Beitrag in die Unterstützungskasse eingezahlt wurde. Die GmbH verbuchte Umsätze beginnend ab 2005 mit 2,7 Mio. Euro und sich steigernd bis 2010 auf 15,2 Mio. Euro. Die Jahresüberschüsse beliefen sich beginnend ab 2005 auf 6.627 Euro und sich jedes Jahr erheblich steigernd bis 2010 auf 783.264 Euro. Die Anzahl der Mitarbeiter stieg in dieser Zeit von drei auf 449.

Das Finanzamt sah die Bezüge des Geschäftsführers als unangemessen hoch an und entzog der GmbH für die Streitjahre die Gemeinnützigkeit. Dies hielt in erster Instanz das FG Mecklenburg-Vorpommern für zutreffend. Der BFH schloss sich dem an und wies die Revision mit Ausnahme eines Jahres ab. Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit eines Geschäftsführergehalts im gemeinnützigen Bereich ist die sog. BBE-Studie, die neben der sog. Kienbaum-Studie zu den verbreitetsten Studien gehört. Danach ist regelmäßig der Medianwert anzuwenden, bei dem 50 % der Befragungsergebnisse darüber und 50 % darunter liegen. Um für die Angemessenheitsprüfung auf das obere Quartil abzustellen, bei dem 25 % der Befragungsergebnisse darüber, der Rest unter diesem Wert liegen, bedarf es jedenfalls besonderer Umstände. Eine nur geringfügige Überschreitung der Angemessenheitsgrenze ist noch keine verdeckte Gewinnausschüttung. Eine solche liegt erst vor bei einem krassen Missverhältnis der Gesamtvergütung (Überschreitung von mehr als 20 %).

Rainer Kuhsel

Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Köln

· Artikel im Heft ·

Unverhältnismäßigkeit von Geschäftsführervergütung
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