Unzulässige Begünstigung von Personalratsmitgliedern

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 Bild: kot500/stock.adobe.com
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Der Kläger war seit 1981 bei einem öffentlich-rechtlichen Betrieb der Abfallwirtschaft als Kraftfahrzeugschlosser und Berufskraftfahrer beschäftigt. Er wurde im Jahr 1990 in den Personalrat gewählt und ab November 1999 ununterbrochen von seiner Tätigkeit als Kraftfahrer zur Wahrnehmung von Personalratsaufgaben freigestellt. In den Jahren 1997 bis 1999 erwarb er eine Zusatzqualifikation zum Personalfachkaufmann und absolvierte erfolgreich einen Managementlehrgang an einer Universität. Er beantragte beim Vorstand S, seinen beruflichen Werdegang nachzuzeichnen, der als Kraftfahrer in der Entgeltgruppe 6 begann. Herr S teilte dem Kläger mit, er komme für die Stelle des Leiters Verwaltung/Personal in Betracht, die mit Entgeltgruppe 14 bewertet sei. Bei der Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs wurde der Kläger mit Mitarbeitern mit technischem Hochschulabschluss bzw. Hochschulabschluss in Biologie verglichen. Mit Zustimmung des Personalrats wurde der Kläger höhergruppiert. Im Jahr 2005 bat der Kläger den Vorstand um Personalaufwandentschädigungsleistungen und eine regelmäßige zusätzliche Stundengutschrift auf dem Langzeitarbeitskonto von 20 Monatsstunden. Herr S sagte ihm zu, dass die Vorsitzenden und Stellvertreter der Personalratsgremien rückwirkend ab Juni 2005 zehn Monatsstunden auf dem Langzeitkonto gutgeschrieben bekommen. Bis zum Jahr 2016 sammelte sich ein Guthaben von fast 1.000 Stunden an. Bereits im Jahr 2006 hatte eine Sachbearbeiterin der Personalabteilung Bedenken gegen die Vorgehensweise angemeldet unter Hinweis auf das Ehrenamtsprinzip für Personalräte, das es ausschließe, dass diese Leistungen erhalten, auf die kein Anspruch besteht. Nach einem Vorstandswechsel wurde dem Kläger im Jahr 2017 mitgeteilt, dass seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 14 gegen das gesetzliche Begünstigungsverbot verstoße und er rückwirkend ab 1.1.2017 in der Entgeltgruppe 6 weiterbeschäftigt werde. Außerdem zog der neue Vorstand die fast 1.000 Zusatzstunden auf dem Langzeitkonto des Klägers ab.

Die Klage gegen die Änderung der Eingruppierung und den Abzug der Zeitgutschrift war in beiden Instanzen erfolglos.

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Das Ehrenamtsprinzip besagt, dass Arbeitnehmervertreter nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen, sondern so zu behandeln sind, wie vergleichbare Kollegen ohne Personalrats-/Betriebsratsamt. Dies erfordert regelmäßig die fiktive Nachzeichnung der beruflichen Entwicklung, die ein vergleichbarer Mitarbeiter ohne Mitgliedschaft in der Arbeitnehmervertretung genommen hätte. Die Zuordnung zur Entgeltgruppe 14 war unter keinen Umständen gerechtfertigt. Insbesondere war ein Vergleich mit Mitarbeitern, die einen Hochschulabschluss haben, unzulässig. Für die Änderung der Eingruppierung war keine Änderungskündigung erforderlich. Vielmehr war die Vergütungsabrede, die gegen das Begünstigungsverbot verstößt, gem. § 134 BGB nichtig und musste daher nicht durch Ausspruch einer Änderungskündigung beseitigt werden. Ebenso wenig war die zusätzliche Zeitgutschrift gerechtfertigt. Die Vereinbarung einer pauschalen Stundengutschrift führt zu einer unzulässigen Begünstigung von freigestellten Amtsträgern. Die Klage war damit in vollem Umfang erfolglos (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 23.10.2019 – 17 Sa 2297/18).

Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die beim BAG unter dem Az. 7 AZN 12/20 anhängig ist. Das Thema der angemessenen Betriebs- bzw. Personalratsvergütung beschäftigt die Unternehmen und Personalabteilungen zunehmend, da die Arbeitnehmervertreter unbestreitbar sehr verantwortungsvolle Aufgaben wahrnehmen und in ihrem Amt häufig eine große berufliche Entwicklung durchlaufen, die sich vergütungstechnisch durch das Ehrenamtsprinzip nicht adäquat abbilden lässt. Über der Betriebsratsvergütung hängt stets auch das Damoklesschwert, dass die Begünstigung von Amtsträgern durch den Arbeitgeber strafbar ist.

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Unzulässige Begünstigung von Personalratsmitgliedern
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