Vor dem LAG Nürnberg (Beschl. v. 13.6.2017 – 7 TaBV 80/16) stritten der Gesamtbetriebsrat und das Unternehmen über die Freistellung von Sachverständigenkosten und Rechtsanwaltshonorar in einer Größenordnung von über 20.000 Euro. Die anwaltlichen Berater des Gesamtbetriebsrats waren dabei sowohl im Vorfeld von streitigen Auseinandersetzungen bei der Ausarbeitung von Betriebsvereinbarungen, u. a. über Prämienlohn beteiligt, als auch bei der Einleitung des Beschlussverfahrens, mit dem der Gesamtbetriebsrat die Freistellung des Arbeitgebers von den Kosten seiner anwaltlichen Berater begehrte.
In den Urteilsgründen arbeitet das LAG Nürnberg heraus, auf welche Anspruchsgrundlagen die Arbeitnehmervertretung ihr Begehren auf Freistellung der Beraterkosten stützen kann. Zu differenzieren ist danach zwischen der Heranziehung von Sachverständigen durch den Betriebsrat und der Kosten eines Rechtsanwalts in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. § 80 Abs. 3 BetrVG eröffnet dem Betriebsrat die Möglichkeit, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Voraussetzung ist allerdings eine vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über den Gegenstand der gutachterlichen Tätigkeit, über die Persondes Sachverständigen und über dessen Vergütung.
Im Streitfall hatten die anwaltlichen Berater des Gesamtbetriebsrats den Arbeitgeber zwar um Bestätigung der Kostenübernahme gebeten. Dieser reagierte aber nicht. Damit war die erforderliche Vereinbarung nicht zustande gekommen. Die Erforderlichkeit einer Vereinbarung über die Kostenübernahme gilt auch, wenn der Betriebsrat bei Betriebsänderungen einen Berater heranziehen möchte (§ 111 Satz 2 BetrVG).
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Für die Erstattung der Anwaltskosten kommt allerdings auch § 40 BetrVG als Rechtsgrundlage in Betracht. Danach trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Gremiums entstehenden Kosten. Dazu gehören auch Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Heranziehung der Betriebsrat zur Durchsetzung seiner Mitbestimmungsrechte für erforderlich halten durfte. Dies gilt auch dann, wenn die Einschaltung des Rechtsanwalts darauf gerichtet ist, eine streitige Auseinandersetzung zu vermeiden. Die Kostentragungspflicht nach § 40 BetrVG setzt keine vorherige Einigung mit dem Arbeitgeber voraus.
Die Abgrenzung zwischen Sachverständigentätigkeit und anwaltlicher Tätigkeit nimmt das Gericht im Anschluss an die Rechtsprechung des BAG (Beschl. v. 14.12.2016 – 7 ABR 8/15) danach vor, ob der Externe die fehlende Sachkunde des Betriebsrats ersetzen soll oder als Vertreter des Betriebsrats auftreten und Verhandlungen mit dem Arbeitgeber führen soll. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu bewerten. Die Prüfung und Überarbeitung des Arbeitgeberentwurfs über eine Prämienregelung stand im entschiedenen Fall in untrennbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Abschluss der Betriebsvereinbarung. Insofern kam eine Kostenerstattung nach § 40 Abs. 1 BetrVG in Betracht. Allerdings verneinte das Gericht die Erforderlichkeit der Einschaltung des Anwalts des Gesamtbetriebsrats. Denn für den Abschluss einer Vereinbarung „Prämienregelung“ ist nicht der Gesamtbetriebsrat zuständig. Aus dem Vorbringen der Beteiligten ergab sich, dass auf örtlicher Ebene Betriebsvereinbarungen zu dieser Thematik bestanden. Die Einschaltung eines Anwalts durch den Gesamtbetriebsrat war demnach nicht erforderlich. Selbst wenn eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats gegeben wäre, hielten die Richter die Abrechnung der Tätigkeit auf der Basis eines Stundensatzes von 250 Euro für nicht erforderlich. Sie weicht von der Gebührenrechnung nach dem RVG ab. Darüber gab es keine entsprechende schriftliche Vergütungsvereinbarung im Sinne von § 3a RVG.
Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde zum BAG zugelassen.
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