Vor dem LAG Hessen (Urt. v. 25.3.2022 – 10 Sa 1254/21, Revision zugelassen) stritten die Parteien über die Zahlung einer monatlichen Zulage. Der Kläger war als pädagogischer Mitarbeiter beschäftigt und verdiente ein monatliches Bruttogehalt i. H. v. 3.230 Euro. Seine Führungskraft, der Regionalleiter A., bat im Oktober 2019 aus gesundheitlichen Gründen um eine Entlastung. Vor diesem Hintergrund teilte der Arbeitgeber dem Kläger mit, dass er ab dem 1. Oktober 2019 „bis auf Widerruf für die Übernahme von Regionalleiter-Assistenzaufgaben eine monatliche Funktionszulage i. H. v. 294 Euro erhalte“. Zum 31.3.2020 schied der Regionalleiter A. aus, ab dem 1.1.2020 wurde Herr C. als Nachfolger für Herrn A. eingestellt. Während der Einarbeitungsphase von Herrn C. zahlte der Bildungsanbieter die Zulage noch weiter. Am 30.10.2020 teilte er dem Kläger mit, dass die Zulage zum 1.11.2020 enden würde. Unstreitig gibt es bei dem Beklagten keine (dauerhafte) Stelle als Regionalleiter-Assistent. Der Kläger war der Meinung, dass die Parteien den Arbeitsvertrag einvernehmlich abgeändert hätten und er zukünftig als Regionalleiter-Assistent beschäftigt werden müsse. Der Widerrufsvorbehalt sei intransparent und halte einer AGB-Kontrolle nicht stand, da er die Gründe für den Widerruf nicht aufführe. Mit dieser Argumentation drang der Kläger nicht durch.
Das Gericht ging zunächst davon aus, dass die Parteien sich nicht auf eine Vertragsänderung verständigt hatten, sondern dass das Schreiben vom Oktober 2019 eine einseitige Zusage, verbunden mit einem Widerrufsvorbehalt des Arbeitgebers, darstellt. Die vorübergehende Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit, verbunden mit einer Erhöhung des Entgelts, erfolge in der Regel kraft Ausübung des Direktionsrechts, da dies dem Flexibilisierungsinteresse des Arbeitgebers am ehesten Rechnung trägt. Der Widerrufsvorbehalt und dessen Ausübung hielten einer AGB-Kontrolle stand. Kontrollgegenstand sei die widerrufliche Übertragung höherwertiger Aufgaben gegen Zahlung einer Zulage. Die Vereinbarung eines Widerrufsrechts sei nach § 308 Nr. 4 BGB zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist. Auch sei durch den Entzug der Zulage infolge Widerrufs kein Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsvertrags festzustellen. Die Zahlung des höheren Entgelts sei an die Ausübung einer anderen Tätigkeit geknüpft gewesen, die nicht dauerhaft übertragen worden sei. Der Kläger habe sich durch die widerrufliche Zulage nur bessergestellt, da die Ausübung der höherwertigen Tätigkeit mit einem Zuwachs an Reputation und einer höheren Vergütung verbunden war. Das Gericht ließ die Revision zu, da es höchstrichterlich nicht ausreichend geklärt erscheine, wie eine AGB-Kontrolle vorzunehmen ist, wenn die vorübergehende Zuweisung einer zusätzlich vergüteten Tätigkeit unter einen voraussetzungslosen Widerrufsvorbehalt gestellt wird.
#ArbeitsRechtKurios: Amüsante Fälle aus der Rechtsprechung deutscher Gerichte - in Zusammenarbeit mit dem renommierten Karikaturisten Thomas Plaßmann (Frankfurter Rundschau, NRZ, Berliner Zeitung, Spiegel Online, AuA).
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