Kurz vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der EU-Whistleblowerrichtlinie in nationales Recht am 17. Dezember 2021 zeigt der „Whistleblowing Report 2021“, wie es dahingehend um die Kultur in Unternehmen steht. Für die Studie befragte die Fachhochschule Graubünden in Kooperation mit der EQS Group knapp 1.300 Vertreter von Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Schweiz.
Mehr Meldungen in deutschen Unternehmen
Etwa ein Drittel der teilnehmenden Unternehmen hatte im Jahr 2020 mindestens einen Fall illegalen oder unethischen Verhaltens, wobei der Anteil in Großunternehmen höher ist als in kleinen oder mittleren. In Deutschland ging in 60,4 % der Unternehmen mit Meldestelle mindestens eine Meldung ein. In Frankreich, Großbritannien und der Schweiz waren es deutlich weniger, nämlich ca. 45 %. Relevanz hatten in Deutschland 44,2 % der Meldungen. Etwa jede Zehnte war als missbräuchlich zu bewerten.
Wurde ein Missstand aufgedeckt, informierte über die Hälfte der Unternehmen ihre Mitarbeiter. Die wenigsten Unternehmen kommunizieren entsprechende Informationen an die Öffentlichkeit. Am höchsten liegt der Anteil mit 14,3 % in Großbritannien. Im Durchschnitt aller vier Länder geben 29,7 % Informationen an niemanden heraus. Unternehmen, in denen bereits eine Meldestelle existiert, informieren ausgiebiger über die Folgen eines aufgedeckten Missstandes.
Meldestellen vor allem in Großunternehmen
In Deutschland besteht eine solche bereits in knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen, in Großbritannien sogar in 73 %. In allen vier Ländern ist der Anteil an Meldestellen in Großunternehmen höher als in KMU. Als weitere Präventionsmaßnahmen nutzen Arbeitgeber u. a. klare Signale der Unternehmensleitung, einen Code of Conduct, einen Compliance Officer bzw. ein Compliance-Komitee sowie eine interne oder externe Prüfstelle.
Als wichtigste Begründung für die Einführung einer Meldestelle gaben Unternehmen aller vier Länder an, ihr Image als ethisches/integres Unternehmen stärken, gefolgt davon, finanzielle Schäden vermeiden zu wollen. Auch die Überzeugung vom Nutzen und von der Effektivität einer Meldestelle sowie die Ansicht, dass eine solche zu einem professionellen Compliance-System gehört, sind häufige Motivationen.
Als Gründe für die Nichteinführung nannten die befragten Unternehmen besonders häufig die fehlende gesetzliche Verpflichtung sowie die Tatsache, dass eine starke integre Kultur bereits vorhanden sei. Fast die Hälfte der Unternehmen ohne Meldestelle in Deutschland, Großbritannien und Frankreich, in der Schweiz ein Drittel, gab an, dass die Einführung kein Thema ist, während sie bei im Schnitt nur etwas über 10 % bereits geplant ist.
Hinweisgebende bleiben zum Großteil anonym
Adressaten der Meldestelle sind weit überwiegend die Mitarbeiter, aber in jeweils fast der Hälfte (in der Schweiz etwas über einem Drittel) der befragten Unternehmen auch die Kunden. Am seltensten dürfen oder sollen sich Mitarbeitende der Konkurrenz und die breite Öffentlichkeit an die Meldestelle wenden. Hinweisgebende Personen bleiben im Großteil der Fälle anonym. In Deutschland liegt der Anteil bei 73,2%, in den übrigen Ländern bei etwas über oder unter der Hälfte.
Befugnisse der Meldestellen bestehen insbesondere hinsichtlich einer Zusicherung der Vertraulichkeit auch gegenüber der Geschäftsleitung, unabhängigen Beratung für den Whistleblower, Ermittlung des Sachverhalts sowie Gewährung eines einstweiligen Kündigungsschutzes.
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