Sozial- und Erziehungsdienst: Entgeltgruppe S 8b?

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Mit dem Tarifabschluss im TVöD für die Beschäftigen im Sozial- und Erziehungsdienst vom Mai 2022 kam es zu einer Erweiterung der Eingruppierungsregelungen für die Erzieherinnen und Erzieher. In die Protokollerklärung Nr. 6 wurde ein neues Regelbeispiel aufgenommen; das grundsätzlich enthaltene Tätigkeitsmerkmal „besonders schwierige fachliche Tätigkeit“ soll erfüllt sein, wenn Kinder mit erhöhtem Förderbedarf in Gruppen mit einem Anteil von mindestens 15 % betreut werden.

Geklagt hatte ein Erzieher, der in einer Gruppe im Rahmen eines offenen Konzepts 53 Kinder betreut, 14 davon sind sog. Förderkinder. Dabei besteht keine feste Zuordnung der Kinder zu bestimmten Erziehungskräften und auch keine Einteilung in kleinere Gruppen. Der Kläger vertrat daher die Ansicht, dass er Vergütung nach der Entgeltgruppe S 8b erhalten müsse – die 15 % seien für jeden der Erzieher in dieser offenen Gruppe erfüllt.

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Das ArbG Bonn (Urt. v. 23.11.2023 – 1 Ca 852/23, n. rk.) gab dem Kläger recht. Es sei irrelevant, ob ein Erzieher zusammen mit einer oder mehreren Beschäftigten eine Gruppe von 20 Kindern mit drei förderungsbedürftigen Kindern betreut oder ob ein Erzieher zusammen mit weiteren Beschäftigten eine Gruppe von 40 Kindern mit sechs förderungsbedürftigen Kindern betreue. Auch sei die Betreuungsintensität tariflich irrelevant. Der Tarifvertrag verlange nicht, dass der Erzieher sich während der gesamten Betreuungszeit mit diesen Kindern beschäftigt – es genüge die Gruppenzugehörigkeit.

Dieses Urteil bringt erste Klarheit in das Verständnis einer noch neuen Tarifregelung. Gibt es innerhalb eines offenen Konzepts keine festen Gruppen, sondern wechselt die Zusammensetzung täglich und ist sie auch während des laufenden Arbeitstages dynamisch und gibt es darüber hinaus auch Tätigkeiten innerhalb der Gesamtgruppe (Betreuung im Außenbereich, tägliche Programmpunkte mit der gesamten Gruppe), so findet die qualifizierende tarifliche Betreuungsleistung – so oder so – statt. Auf eine feste Zuweisung förderungsbedürftiger Kinder kommt es hingegen nicht an.

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